Bundesverfassungsgericht

Sie sind hier:

Zum Brechmittel-Einsatz

Pressemitteilung Nr. 116/2001 vom 13. Dezember 2001

In verschiedenen Presseberichten der letzten Tage wird der Eindruck erweckt, das Bundesverfassungsgericht habe über die Frage, ob die zwangsweise Verabreichung sogenannter Brechmittel mit der Verfassung vereinbar ist, bereits entschieden.

Dieser Eindruck ist nicht richtig. Es liegt bisher lediglich eine Kammerentscheidung vom 15. September 1999 vor. In dieser ist die Verfassungsbeschwerde aus verfassungsprozessualen Gründen nicht zur Entscheidung angenommen worden.

Die damalige Verfassungsbeschwerde war wegen des Grundsatzes der Subsidiarität unzulässig. In der Pressemitteilung des BVerfG vom 29. September 1999 heißt es dazu unter anderem:

"Dieser Grundsatz ....soll auch sicherstellen, dass das BVerfG weitreichende Entscheidungen nicht auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage trifft.

.. Dieser Vorrang ist auch im vorliegenden Verfahren beachtlich. Im Hinblick auf das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit sind verfassungsrechtlich relevante, insbesondere medizinische Fragen zu klären. Diese Klärung herbeizuführen, ist nicht Sache des BVerfG. Eine solche Klärung wäre jedoch durch die Fachgerichte möglich gewesen....., um eine mögliche Verkennung der Bedeutung und Tragweite des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit zu verhindern."

Soweit die Kammer seinerzeit ausgeführt hat, ein Brechmitteleinsatz begegne in Hinblick auf die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und die Selbstbelastungsfreiheit (Art. 2 Abs.1 in Verbindung mit Art 1 Abs. 1 GG) keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, sagt dies nichts darüber aus, inwieweit eine zwangsweise Verabreichung mit Blick auf den Schutz der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) und auf die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs zulässig ist.

Der Beschluss vom 15. September 1999 und die Pressemitteilung vom 29. September 1999 können auf der Homepage des Bundesverfassungsgerichts (www.bundesverfassungsgericht.de) eingesehen werden.

Karlsruhe, den 13. Dezember 2001