BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 1545/05 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
der Anarchistischen Pogo-Partei
Deutschlands,
vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden G. ,
Tempelhofer Ufer 7, 10963 Berlin,
Hauptstraße 30, 15907 Lübben/Spreewald -
gegen a) | den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. September 2005 - 2 B 11269/05.OVG -, |
b) | den Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 1. September 2005 - 4 L 515/05.MZ - |
hier: | Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung |
hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter
Jentsch,
Broß,
Gerhardt
gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 12. September 2005 einstimmig beschlossen:
Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung werden abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführerin ist eine Vereinigung, die vom Bundeswahlausschuss am 12. August 2005 als politische Partei anerkannt und die mit ihren Landeslisten in den Ländern Hamburg und Berlin zur Bundestagswahl 2005 zugelassen wurde. Sie wendet sich gegen die Weigerung des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF), einen Wahlwerbespot zu senden.
1. Das ZDF teilte der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 8. August 2005 zwei Sendetermine für die Ausstrahlung ihrer Wahlwerbespots zu, und zwar für den 1. September 2005 um 17:10 Uhr und für den 12. September 2005 um 21:40 Uhr. Den von der Beschwerdeführerin eingereichten Film lehnte das ZDF mit der Begründung ab, er verstoße gegen die Menschenwürde und sei darüber hinaus offensichtlich geeignet, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit schwer zu gefährden.
Dieser Begründung schloss sich das Verwaltungsgericht Mainz mit Beschluss vom 1. September 2005 an und lehnte den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 7. September 2005 zurück.
2. Mit der gegen diese Beschlüsse gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 3 Abs. 1 und 3 in Verbindung mit Art. 21 GG. Die Zurückweisung ihres Wahlwerbespots verstoße gegen den Grundsatz der Chancengleichheit der politischen Parteien.
Zugleich mit der Verfassungsbeschwerde hat sie einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit der das ZDF verpflichtet werden soll, ihre Wahlwerbesendung in ungekürzter Fassung zur Ausstrahlung zuzulassen und am 12. September 2005 um 21:40 Uhr – hilfsweise: rechtzeitig vor der Bundestagswahl – auszustrahlen.
II.
Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sind zulässig, aber unbegründet. Das Bundesverfassungsgericht kann nach § 32 Abs. 1 BVerfGG im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsaktes vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde wäre von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet (vgl. BVerfGE 7, 367 <371>; 68, 233 <235>; 71, 158 <161>; 79, 379 <383>; 91, 140 <144>; 103, 41 <42>; stRspr). Bei offenem Ausgang muss das Bundesverfassungsgericht die Folgen, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 88, 169 <172>; 88, 173 <179 f.>; 91, 140 <144>; 99, 57 <66>; stRspr).
1. Die Kürze der für eine Entscheidung zur Verfügung stehenden Zeit erlaubt keine abschließende Feststellung über die Unzulässigkeit oder offensichtliche Unbegründetheit der Verfassungsbeschwerde. Die somit erforderliche Folgenabwägung ergibt, dass die Gründe für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht überwiegen. Das ZDF hat der Beschwerdeführerin zugesichert, am 12. September 2005 zur vorgesehenen Zeit einen von ihr überarbeiteten Film zu senden. Sie hat mithin die Möglichkeit, für sich und ihr Programm zu werben. In Anbetracht dessen erwächst der Beschwerdeführerin kein ins Gewicht fallender Nachteil im Sinne des § 32 BVerfGG, wenn ihre Wahlwerbesendung nicht in der ursprünglich beabsichtigten Fassung ausgestrahlt wird.
2. Aus diesem Grund hat auch der Hilfsantrag der Beschwerdeführerin, das ZDF im Wege der einstweiligen Anordnung zur rechtzeitigen Ausstrahlung des Spots vor der Bundestagswahl zu verpflichten, keinen Erfolg.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Jentsch | Broß | Gerhardt |