Sie sind hier:
Mündliche Verhandlung in Sachen „Bund-Länder-Haftung für EU-Anlastungen“
Pressemitteilung Nr. 46/2006 vom 2. Juni 2006
2 BvG 1/04 und 2 BvG 2/04
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt am
Dienstag, 4. Juli 2006, 10:00 Uhr,
im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts,
Schloßbezirk 3, 76131 Karlsruhe
eine Verfassungsstreitigkeit zwischen den Ländern Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg einerseits und dem Bund andererseits. Darin geht es um die Frage, ob der Bund berechtigt ist, von den Ländern die Erstattung bestimmter Beträge zu verlangen, die der Bundesrepublik Deutschland von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften im Zusammenhang mit der gemeinschaftsrechtlichen Agrarmarktförderung auferlegt wurden.
Die Verhandlungsgliederung finden Sie im Anhang an diese Pressemitteilung.
Hintergrund:
Der Europäische Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft finanziert gemeinschaftsweit die Kosten der gemeinschaftlichen Interventionen zur Regulierung der Agrarmärkte. Zu diesen Maßnahmen zählen auch die hier in Rede stehenden Flächenprämien, die an die Erzeuger landwirtschaftlicher Kulturpflanzen gezahlt werden, und Tierprämien, etwa für die Erhaltung eines Mutterkuhbestandes. Die für solche Fördermaßnahmen erforderlichen finanziellen Mittel stellt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften den Mitgliedstaaten in Form von Vorschüssen zur Verfügung, dies allerdings mit einer zeitlichen Verzögerung. Bis zur Überweisung der Gelder müssen die erforderlichen Mittel zunächst von den Mitgliedstaaten verauslagt werden.
In der Bundesrepublik Deutschland kommt der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung die Aufgabe einer entsprechenden Kreditaufnahme zu. Die aufgenommenen Kredite werden an die Bundeskasse überwiesen. Die Länder, die die gemeinschaftsrechtlich bestimmten Aufgaben zur Regulierung der Agrarmärkte wahrnehmen, werden ermächtigt, Zahlungen an die begünstigten Landwirte zu Lasten der Bundeskasse zu veranlassen.
Über die endgültige Bewilligung der vorschussweise gewährten Mittel an den jeweiligen Mitgliedstaat befindet die Kommission der Europäischen Gemeinschaften im Rahmen einer jährlichen Rechnungsabschlussentscheidung. Dabei bestimmt die Kommission auch die Ausgaben, die von der gemeinschaftlichen Finanzierung auszuschließen sind. Dies ist dann der Fall, wenn sie feststellt, dass Ausgaben nicht in Übereinstimmung mit den Gemeinschaftsvorschriften getätigt worden sind (Anlastung). Die Höhe der von der gemeinschaftlichen Finanzierung auszuschließenden Ausgaben bestimmt sich nach einem System von Pauschalkorrekturen. Je nach Schwere des Verstoßes gegen die einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften werden 2% bis 25% der betroffenen Ausgaben von der Erstattung ausgeschlossen.
Verfahren 2 BvG 1/04 (Land Mecklenburg-Vorpommern) Hintergrund dieses Verfahrens sind gemeinschaftsrechtlich finanzierte Ausgleichszahlungen in Gestalt von Flächenprämien für die Erzeuger landwirtschaftlicher Kulturpflanzen.
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften schloss die Bundesrepublik Deutschland im Juli 2000 mit einem Betrag von 34.008.658,12 DM von der gemeinschaftlichen Finanzierung der Ausgaben aus. Grund der Anlastung waren unter anderem Mängel bei der Umsetzung des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems in Mecklenburg- Vorpommern, die zu einer Pauschalkorrektur von 5% führten.
Daraufhin teilte das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten dem Land Mecklenburg-Vorpommern mit, dass von diesem Anlastungsbetrag 25.127.094,12 DM auf das Land entfielen, und forderte es zur Zahlung auf. Nachdem das Land nicht zahlte, befriedigte sich der Bund teilweise durch Aufrechnungen. Im Februar 2004 teilte der Bund dem Land mit, dass er wegen der Anlastung erneut die Aufrechnung gegenüber Ansprüchen des Landes in Höhe von 59.025,79 EUR und von 101.379,36 EUR erkläre.
Gegen diese beiden Aufrechnungserklärungen wendet sich das Land Mecklenburg-Vorpommern im vorliegenden Verfahren. Ein Anspruch des Bundes auf der Grundlage von Art. 104a Abs. 5 Satz 1 zweiter Halbsatz GG, wonach der Bund und die Länder im Verhältnis zueinander für eine ordnungsmäßige Verwaltung haften, bestehe nicht. Es fehle an dem nach Satz 2 dieser Vorschrift erforderlichen Ausführungsgesetz. Zudem sei diese Norm nicht auf die europarechtliche Ebene anwendbar, weil sie nur auf den Vollzug nationalen Rechts bezogen sei. Ferner fehle es an dem erforderlichen Verschulden. Auch ein verschuldensunabhängiger Erstattungsanspruch auf der Grundlage von Art. 104a Abs. 1 GG, wonach der Bund und die Länder gesondert die Ausgaben tragen, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, scheide aus. Letzteren sieht der Bund als gegeben an, da ihm keine Finanzierungsverantwortung obliege. Diese sei vielmehr den vollziehenden Ländern zugewiesen.
Verfahren 2 BvG 2/04 (Land Brandenburg) Hintergrund dieses Verfahrens sind gemeinschaftsrechtlich finanzierte Prämienzahlungen im Rindfleischsektor.
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften schloss die Bundesrepublik Deutschland im Juli 2001 mit einem Betrag von 6.366.969 DM von der gemeinschaftlichen Finanzierung dieser Ausgaben aus. Hintergrund der Anlastung waren festgestellte Mängel von Kontrollmaßnahmen in den Ländern Bayern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig Holstein. Die Mängel betrafen die Inkompatibilität von Datenbanken, unzureichende Bestandsregister sowie die fehlende Festlegung einer Altersgrenze für die Prämienfähigkeit einer Mutterkuh. Festgestellt wurden dabei auch eine unzureichende Koordinierung seitens der Bundesbehörden und das Fehlen eines nationalen Rinderkennzeichnungssystems. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften erstreckte deshalb die Pauschalkorrektur von 2% auch auf die anderen Länder mit Ausnahme von Mecklenburg-Vorpommern, das hier gleichwertige Kontrollen vorgenommen hatte. In Bezug auf Schleswig- Holstein wurde eine Pauschalkorrektur von 5% vorgenommen.
Nachdem die Bundesrepublik Deutschland mit einer Klage vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften erfolglos blieb, forderte das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten das Land Brandenburg auf, den anteilig auf ihn entfallenen Anlastungsbetrag von 422.233,53 EUR an die Bundeskasse zu zahlen. Gegen diese Zahlungsaufforderung des Bundes wendet sich das Land Brandenburg ebenfalls mit der Begründung, der Bund berühme sich zu Unrecht eines - verschuldensunabhängigen - Zahlungsanspruchs.
Hinweis
Interessierte Bürgerinnen und Bürger, die an der mündlichen Verhandlung teilnehmen wollen, wenden sich bitte schriftlich an
Herrn Oberamtsrat Kambeitz
Postfach 1771, 76006 Karlsruhe
Fax: 0721 9101-461
Bei der Anmeldung sind Name, Vorname, Geburtsdatum und eine Telefon- oder Faxnummer anzugeben.
Verhandlungsgliederung zur mündlichen Verhandlung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts am 4. Juli 2006
Aktenzeichen: 2 BvG 1/04 und 2 BvG 2/04
A. Einführende Stellungnahmen der Landesregierungen von Mecklenburg-
Vorpommern und Brandenburg sowie der Bundesregierung
B. Zulässigkeit
C. Art. 104a Abs. 5 GG
I. Durchführung der vom Europäischen Ausrichtungs- und
Garantiefonds finanzierten Maßnahmen
II. Anwendbarkeit bei Verletzung supranationaler Verpflichtungen
III. Art. 104a Abs. 5 Satz 2 GG (Mangel gesetzlicher
Regelung/Haftungskerntheorie)
D. Art. 104a Abs. 1 GG
I. Auseinanderfallen von Finanzierungs- und Verwaltungsverantwortung
II. Vorrang der Haftungsregelung in Art. 104a Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 GG?
E. Auswirkungen der Entscheidung
F. Abschließende Stellungnahmen
Akkreditierungshinweise für die mündliche Verhandlung am 4. Juli 2006
Akkreditierung
Alle Medienvertreter haben sich schriftlich bis zum Freitag, 30. Juni 2006, 12:00 Uhr zu akkreditieren (Fax Nr. 0721 9101-461). Die Akkreditierungen werden in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt. Nach Ablauf der Frist eingegangene oder per E-Mail gesendete Akkreditierungen können nicht berücksichtigt werden.
Auch die Pool-Mitglieder für die Fernseh- und Fotoaufnahmen (siehe unten) sind innerhalb der genannten Frist schriftlich mitzuteilen. Die Anträge werden in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt.
Allgemeines
Für Medienvertreter stehen auf der Presseempore insgesamt 43 Sitzplätze zur Verfügung. Davon sind 11 Plätze für die Mitglieder der Justizpressekonferenz reserviert. Soweit Medienvertreter auf der Presseempore keinen Platz haben, müssen sie sich nach der Feststellung der Anwesenheit der Beteiligten in den 1. Stock begeben. Der weitere Aufenthalt vor dem Sitzungssaal ist nicht gestattet.
Im Presseraum stehen weitere 50 Sitzplätze zur Verfügung - davon sind 30 Plätze mit einem 230 V-Anschluss für Laptops ausgestattet. Außerdem steht ein Analog-Modem (mit TAE-Stecker) zur Verfügung. Es findet eine Tonübertragung aus dem Sitzungssaal statt.
Handys sind wegen der störenden Geräusche auszuschalten. Laptops dürfen im Sitzungssaal ebenfalls nicht benutzt werden.
Foto- und Fernsehaufnahmen
1. Foto-, Film- und Tonaufnahmen sind zulässig, bis der Vorsitzende des Senats die Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten festgestellt hat. Danach haben Fotografen und Kamerateams die Ebene des Sitzungssaals (auch äußeren Flurraum und Pressetribüne) zu verlassen. Zum Aufenthalt steht der Presseempfangsraum (1. OG) zur Verfügung.
Für Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal werden zwei Fernsehteams (ein öffentlich-rechtlicher und ein privat-rechtlicher Sender mit jeweils maximal drei Kameras) sowie sechs Fotografen (vier Agenturfotografen und zwei freie Fotografen) zugelassen.
Die Bestimmung der "Pool-Mitglieder" bleibt den vorgenannten Fernsehsendern bzw. den Agenturen und Fotografen überlassen.
Die "Pool-Mitglieder" verpflichten sich, auf entsprechende Anforderung die Aufnahmen anderen Rundfunkanstalten und Fotografen- Konkurrenzunternehmen zur Verfügung zu stellen.
2. Bei Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal darf durch Fotografen, Kameraleute und sonstige Medienvertreter das freie Blickfeld des Senats nach allen Seiten nicht verstellt werden. Der Aufenthalt hinter der Richterbank ist nicht gestattet. Entsprechenden Anweisungen der Sitzungsamtsmeister ist Folge zu leisten.
Standorte für die Fernsehkameras (je zwei) sind der Mittelgang und (von der Richterbank aus gesehen) die rechte Seite im Sitzungssaal sowie die Pressetribüne.
3. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung sowie in der Mittagspause sind Interviews, Fernseh- und Fotoaufnahmen mit Verfahrensbeteiligten oder sonstigen Personen im Sitzungssaal lediglich für den Zeitraum von 20 Minuten zugelassen. Für weitere Aufnahmen stehen der Presseempfangsraum (1. OG) oder das Foyer (EG) zur Verfügung.
Fahrzeuge der Fernsehteams
Für SNG-, Schnitt- und Übertragungsfahrzeuge steht nur eine begrenzte Anzahl von Standplätzen zur Verfügung.
Falls ein Standplatz benötigt wird, ist dies bereits bei der Akkreditierung anzugeben. Die Standplätze werden nach Eingang des Antrags vergeben.
Für die Zuweisung der Standplätze werden folgende Angaben benötigt: Größe, Gewicht, Kennzeichen und evtl. Strombedarf.
Anfahrt und Aufbau sind am Vortag der mündlichen Verhandlung von 9:00 bis 18:00 sowie am Tag der mündlichen Verhandlung zwischen 7:00 und 9:00 Uhr möglich.
Falls Strom über das Bundesverfassungsgericht bezogen werden soll, ist dies bis spätestens 15:00 Uhr am Vortag der mündlichen Verhandlung mitzuteilen.
Aufbau von Studios
Der Aufbau von Studios ist in Absprache mit der Pressestelle ausschließlich im Presseempfangsraum (1. OG) sowie im Foyer (EG) möglich. Die Namen und Kfz-Kennzeichen der Teams sind bis spätestens 15:00 Uhr am Vortag der mündlichen Verhandlung mitzuteilen.
Diese Hinweise finden ihre Grundlage in § 17 a BVerfGG in Verbindung mit den ergänzenden Regelungen des Ersten und Zweiten Senats.