Bundesverfassungsgericht

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Hohe Verfahrenszahlen und Herausforderungen in der Corona-Pandemie


Das Jahr 2020 stand wie für viele andere Institutionen auch für das Bundesverfassungsgericht unter den besonderen Vorzeichen der Corona-Pandemie. Insgesamt über 880 Verfahren mit Bezug zur Pandemie haben das Gericht erreicht, darin eingeschlossen über 240 Eilanträge. Diese Verfahren, insbesondere die Eilverfahren, erzeugten einen erheblichen pandemiebezogenen zusätzlichen Arbeitsanfall. Er traf zusammen mit Veränderungen der gerichtlichen Arbeitsabläufe, die zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Bundesverfassungsgerichts ergriffen wurden. Hierzu zählen namentlich die Einrichtung eines Wechselschichtbetriebs für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Arbeit aus dem Homeoffice. Es ist insbesondere dem großen Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gerichts zu verdanken, dass das Bundesverfassungsgericht seine Aufgaben auch unter den besonderen Umständen der Corona-Pandemie in vollem Umfang erfüllen konnte.

Im Jahr 2020 sind 5.194 Verfassungsbeschwerden eingegangen. Die Zahl der Verfahrenseingänge insgesamt liegt mit 5.529 etwas über dem Vorjahresniveau, in dem noch ein Gesamteingang von unter 5.500 Verfahren zu verzeichnen war. Im Allgemeinen Register kam es zu einem deutlichen Anstieg der Eingaben. Mit über 10.000 Gesamteingängen ist dort ein neuer Höchststand erreicht. Der anhaltend hohe Arbeitsanfall durch die Verfassungsbeschwerden und die zusätzlichen Eilverfahren konnte durch das Engagement und den Einsatz sämtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gerichts unter herausfordernden Bedingungen bewältigt werden. Zudem ist es gelungen, den Verfahrensbestand zu verringern.

Das vergangene Jahr war geprägt von Kammerentscheidungen betreffend Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie aber auch einigen wichtigen Senatsverfahren. Aus dem Ersten Senat sind die Urteile zur BND-Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung sowie die Senatsbeschlüsse zur Bestandsdatenauskunft und zum finanziellen Ausgleich für Kernkraftwerksbetreiber wegen des Atomausstiegs hervorzuheben. Aus der Tätigkeit des Zweiten Senats sind die Urteile zum Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung und zum Anleihekaufprogramm PSPP der EZB sowie der Senatsbeschluss zum Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen besonders zu erwähnen.


Karlsruhe, im Februar 2021

Prof. Dr. Stephan Harbarth, LL.M. (Yale)