Bundesverfassungsgericht

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Die Jahresstatistik 2007 ist geprägt durch Kontinuität. Zuvörderst gilt dies für die Zahl der Eingänge. Diese ist im Vergleich zu der des Jahres 2006 geradezu gleich bleibend hoch und hat mit einer Gesamtzahl von 6.154 Eingängen die hohen Eingangszahlen des Jahres 2006 mit 6.115 leicht überstiegen. Etwas stärker ansteigend war im Jahr 2007 – wiederum verglichen mit dem Geschäftsjahr 2006 – die Anzahl der Erledigungen, die zudem auch erkennbar über der Anzahl der Eingänge lag. 6.324 Verfahren wurden in 2007 erledigt. Das ist eine bemerkenswerte Anzahl.

Während die Zahl der Eingänge und Erledigungen nur in quantitativer Hinsicht die Arbeit der Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts wiedergibt, enthält die Jahresstatistik auch Aspekte der Intensität der Arbeit des Bundesverfassungsgerichts. Dies gilt beispielsweise für die Übersicht der durchschnittlichen Verfahrensdauer von Verfassungsbeschwerden (Seite 20). Seit Jahren konstant stellt diese Grafik dar, dass mehr als 88 % der Verfassungsbeschwerden innerhalb von zwei Jahren nach Eingang entschieden werden. Knapp 7 % haben im Bundesverfassungsgericht eine Bearbeitungsdauer von bis zu vier Jahren und nur 4,7 % sind länger anhängig. Ganz konkret waren am 1. Januar 2008 nur 67 Verfahren noch nicht entschieden worden, die vor dem Jahr 2004 anhängig gemacht wurden.

Die Intensität der Arbeit des Bundesverfassungsgerichts wird auch durch die Anzahl der mit Gründen versehenen Nichtannahmeentscheidungen von Verfassungsbeschwerden wiedergegeben. Obgleich § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG vorsieht, dass eine Nichtannahme keiner Begründung bedarf, wurden von den 5.783 Nichtannahmen (ohne mitentschiedene Verfahren) 1.115 mit einer Tenorbegründung und 1.331 mit einer ausführlicheren Begründung versehen. Das sind knapp 43 % aller Nichtannahmeentscheidungen.

Rückschlüsse auf die Intensität der Arbeit lässt auch die Übersicht „zugestellte Verfahren gemäß § 23 Abs. 2 BVerfGG“ (Seite 15) zu. Zeitgleich mit dem markanten Anstieg von Verfahrenseingängen im Jahr 2006 sind in deutlicher Weise im Jahr 2006 und gleich bleibend hoch im Jahr 2007 erheblich mehr Verfahren als in den Jahren zuvor den Beteiligten zugestellt worden. Der Anstieg betrug ca. 70 %. Eine Zustellung wird immer dann veranlasst, wenn eine Stattgabe in Frage kommt. Jedoch ist festzustellen, dass die Stattgaben (Seite 19) nicht entsprechend, sondern nur sehr geringfügig zugenommen haben und im Jahr 2007 mit 2,45 % recht genau dem prozentualen Anteil der erfolgreichen Verfassungsbeschwerden seit 1951 im Durchschnitt entspricht. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass bei den Zustellungen auch andere Verfahren als Verfassungsbeschwerdeverfahren in der Gesamtzahl enthalten sind. Die Zustellung bedeutet aber immer eine besonders vertiefte Befassung mit dem Verfahren. Sozusagen eine Zwischenform, die aber nicht statistisch erfasst ist, stellt das Anfordern der Akten des Ausgangsverfahrens dar. Dies wird noch sehr viel häufiger und eben oft ohne nachfolgende Zustellung praktiziert.

Hinsichtlich der Zahl der Eingänge ist ferner bemerkenswert, dass seit 2001 kontinuierlich die Verfahrenseingänge, die dem Ersten Senat zuzuteilen waren, angestiegen sind. 2007 hatte der Erste Senat 580 Verfahrenseingänge mehr zu verzeichnen als der Zweite Senat. Aus diesem Grund hat das Plenum am 4. Dezember 2007 eine Veränderung des Plenumsbeschlusses über die Zuständigkeit der Senate gemäß § 14 Abs. 4 BVerfGG mit Wirkung vom 1. Januar 2008 beschlossen. Danach wird der Zweite Senat (neben weiteren Zuständigkeiten) über die bereits jetzt geregelte Zuständigkeit für Verfassungsbeschwerden aus dem Bereich der Zivilgerichtsbarkeit (mit Ausnahme des Familienrechts und des Erbrechts) von Beschwerdeführern mit den Anfangsbuchstaben L bis Z, in denen Fragen einer Verletzung der Rechte auf Art. 101 Abs. 1 oder Art. 103 Abs. 1 GG überwiegen, zusätzlich auch für Beschwerdeführer mit den Buchstaben I bis K zuständig sein.

Ganz im Sinne der Überschrift gab es im Jahre 2007 nur wenig Veränderungen, vielmehr war das Jahr durch Kontinuität geprägt; das gilt insbesondere hinsichtlich des großen Arbeitsanfalls und dessen Erledigung.

Karlsruhe, im Februar 2008

Prof. Dr. Dres. h.c. Hans-Jürgen Papier

Präsident des Bundesverfassungsgerichts