Bundesverfassungsgericht

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Das erste Jahrzehnt

Die Jahresstatistik 2009 ist auch ein Rückblick auf das erste Jahrzehnt des dritten Jahrtausends. Insgesamt sind in den zehn Jahren 55.192 und damit im Schnitt rund 5.520 Verfahren pro Jahr anhängig gemacht worden. In den letzten vier Jahren sind jedoch jeweils mehr als 6.000 Eingänge zu verzeichnen. 2009 lagen die Eingangszahlen erstmalig über 6.500. Diesen Eingangszahlen stehen 52.436 Erledigungen durch Senats- oder Kammerentscheidungen sowie 2.722 Erledigungen auf sonstige Weise und damit insgesamt 55.158 Verfahrensbeendigungen gegenüber. Die Bilanz zwischen Eingängen und „Ausgängen“ war daher in diesen zehn Jahren rundum ausgeglichen. Jedoch ist für die Jahre 2008 und 2009 - obgleich die Erledigungszahlen weiter auf sehr hohem Niveau waren - festzustellen, dass ein leichter Rückstand gegenüber den Eingängen zu verzeichnen ist (Grafik S. 13). Dies ist ausschließlich dem weiteren Anstieg der Verfahrenseingänge zuzurechnen.

Ebenfalls recht ausgeglichen waren 2009 die Eingangszahlen in beiden Senaten. Dies hat seine Ursache in der Änderung der Zuständigkeiten zwischen Erstem und Zweitem Senat zum Ende des Geschäftsjahres 2008. Hierdurch wurden dem Zweiten Senat insgesamt acht Rechtsmaterien zusätzlich zugewiesen, in denen er nun in Fällen von Normenkontrollverfahren und Verfassungsbeschwerden zuständig ist. Ganz konkret wurden dem Ersten Senat in 2009 3.321 und dem Zweiten Senat 3.187 Verfahren zugeteilt.

Insbesondere aus Anlass von Entscheidungen, die die Feststellung der Verfassungswidrigkeit oder die Erklärung der Nichtigkeit eines Gesetzes zum Gegenstand haben, wird in der Öffentlichkeit und auch in den Medien immer wieder die Frage nach der Güte der Gesetzgebung in Deutschland gestellt. Auch hier gibt die Statistik (S. 28) mit ihrem Überblick über nunmehr fast 60 Jahre Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine klare und deutliche Auskunft: Seit 1951 wurden durch das Bundesverfassungsgericht insgesamt 619 Gesetze/Verordnungen ganz oder teilweise oder Einzelnormen ganz oder teilweise für nichtig oder für unvereinbar mit der Verfassung erklärt. Erfasst wurden sowohl Gesetze/Verordnungen als auch Einzelnormen des Bundes und der Länder. Angesichts der großen Anzahl von Gesetzen und Verordnungen auf Bundes- und auf Landesebene bewegt sich die Zahl der vom Bundesverfassungsgericht verworfenen Vorschriften mithin jenseits des Promillebereiches.

Ein Rückblick auf das Jahr 2009 kann nicht anders als damit enden, dass an den 23. Mai 1949 und an die 60-jährige Wiederkehr der Verabschiedung des Grundgesetzes und damit an das konstitutionelle Fundament der Existenz und der Tätigkeit des Bundesverfassungsgerichts erinnert wird. Zahlreiche Umfragen befassen sich mit der Frage, in welche Institution, gemeint sind damit in der Regel Verfassungsorgane, Behörden, Gerichte etc., die Bürger und Bürgerinnen Vertrauen haben. Gerade auch diese Jahresstatistik, die darin zu verzeichnenden Eingänge, aber auch die geringe Zahl von Stattgaben bei den Verfassungsbeschwerden lassen signifikant erkennen, dass für die Bürger und Bürgerinnen, aber auch für Gerichte, die Parlamente und die Regierungen in Bund und Ländern das Grundgesetz allgegenwärtig ist. Das Grundgesetz ist nicht nur das Fundament der Bundesrepublik Deutschland, es wird auch in Deutschland mit Leben gefüllt.

Karlsruhe, im Februar 2010

Prof. Dr. Dres. h.c. Hans-Jürgen Papier

Präsident des Bundesverfassungsgerichts