Bundesverfassungsgericht

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Vollbeschäftigung

Die Wahl der Überschrift „Vollbeschäftigung“ für die Jahresstatistik 2010 soll keine Parallele zur Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt ausdrücken, der sich nach der Finanz- und Wirtschaftskrise sehr schnell erholt hat. Bezogen auf die Arbeit des Bundesverfassungsgerichts bedeutet sie vielmehr, dass man sich mit 6.422 Eingängen - gegenüber 6.508 in 2009 - nunmehr schon im fünften Jahr hintereinander über der Marke von 6.000 Eingängen bewegt, die erstmals im Jahre 2006 - mit einer außergewöhnlichen Steigerung von über 1.000 Eingängen gegenüber 2005 - erreicht wurde. Bemerkenswert ist dabei weiter, dass trotz der zweithöchsten Zahl an Eingängen in der Geschichte des Bundesverfassungsgerichts die Zahl der Erledigungen nochmals auf den bisherigen Höchststand mit 6.344 gesteigert werden konnte. Dies hat dazu beigetragen, dass trotz der hohen Geschäftslast im Durchschnitt der Eingangsjahre 2003 bis 2010 weiterhin ca. 2/3 (68,7 %) aller Verfassungsbeschwerden innerhalb eines Jahres erledigt werden konnten. Betrachtet man die eingegangenen Verfassungsbeschwerden genauer, so fällt z.B. auf, dass gemessen am Anteil an der Gesamtbevölkerung die Eingänge aus den Stadtstaaten überproportional hoch sind.

Die Entwicklung der Zahl der Eingänge in den beiden Senaten hat sich wie bereits im Jahr 2009 angeglichen. Durch die Übertragung weiterer Zuständigkeiten insbesondere aus dem Bereich des Zivilrechts (u.a. Zwangsversteigerung und Zwangsvollstreckung) vom Ersten auf den Zweiten Senat im Jahre 2008 konnte auch im Jahre 2010 ein weiterer Anstieg der Eingänge im Ersten Senat verhindert werden.

Trotz der beeindruckenden Zahl an Erledigungen auf hohem Eingangsniveau stellt das Bundesverfassungsgericht zur Sicherung der hohen Qualität seiner Rechtsprechung und seiner dauerhaften Funktionsfähigkeit zur Zeit wieder verstärkt Überlegungen zur Entlastung im Verfahrensablauf an, zumal sich die Zunahme der Eingänge nicht auf wenige spezielle Rechtsgebiete, wie z.B. das Sozialrecht beschränkt, sondern sich auf nahezu alle Rechtsgebiete verteilt. Im Laufe des Jahres 2011 sollte es gelingen, konkrete Vorschläge „auf den Tisch“ zu legen und - soweit möglich - auch umzusetzen.

Karlsruhe, im Februar 2011

Prof. Dr. Andreas Voßkuhle

Präsident des Bundesverfassungsgerichts