BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvL 20/87 -
- 1 BvL 20/88 -
IM NAMEN DES VOLKES
In den Verfahren
1. |
zur verfassungsrechtlichen Prüfung des § 11 Abs. 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 26. August 1971 (BGBl. I S. 1409) in der Fassung des Siebenten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (Siebentes BAföGÄndG) vom 13. Juli 1981 (BGBl. I S. 625) |
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- Aussetzungs- und Vorlagebeschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 25. September 1986 (M 15 K 83.3750) - |
- 1 BvL 20/87 -,
2. |
zur verfassungsrechtlichen Prüfung des § 11 Abs. 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 26. August 1971 (BGBl. I S. 1409) in der Fassung des Siebenten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (Siebentes BAföGÄndG) vom 13. Juli 1981 (BGBl. I S. 625), soweit darin die Anrechnung von Einkommen des Ehegatten auch für Fälle vorgeschrieben wird, in denen der Auszubildende von diesem seit mehr als drei Jahren und in verschiedenen Wohnungen getrennt lebt, das Scheidungsbegehren rechtshängig gemacht worden ist und dem Auszubildenden ein Anspruch auf Unterhalt gegen den Ehegatten offensichtlich nicht zusteht |
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- Aussetzungs- und Vorlagebeschluß des Verwaltungsgerichts Hannover vom 3. Mai 1988 (3 VG A 386/87) - |
- 1 BvL 20/88 -
hat das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat - unter Mitwirkung
des Vizepräsidenten Henschel,
der Richter Seidl,
Grimm,
Söllner,
Kühling
und der Richterinnen Seibert,
Jaeger,
Haas
am 10. Januar 1995 beschlossen:
- § 11 Absatz 2 erster Halbsatz des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG) vom 26. August 1971 (Bundesgesetzblatt I Seite 1409) in der Fassung des Siebenten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 13. Juli 1981 (Bundesgesetzblatt I Seite 625) ist mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit auf den Bedarf des Auszubildenden Einkommen und Vermögen des dauernd von ihm getrennt lebenden Ehegatten anzurechnen sind.
- Bis zu einer gesetzlichen Neuregelung sind die dem Auszubildenden zufließenden Unterhaltsleistungen seines Ehegatten als eigenes Einkommen anzurechnen. Im übrigen darf bis dahin die Gewährung der Ausbildungsförderung von der Abtretung etwaiger Unterhaltsansprüche gegen den Ehegatten abhängig gemacht werden.
G r ü n d e :
A.
Die Vorlagen betreffen die Frage, ob es verfassungsrechtlich zulässig ist, bei der Ermittlung des Bedarfs eines Auszubildenden, nach dem sich die Höhe der Ausbildungsförderung bestimmt, auch Einkommen und Vermögen des von dem Auszubildenden dauernd getrennt lebenden Ehegatten - unabhängig vom Bestehen eines Unterhaltsanspruchs - pauschal anzurechnen.
I.
1. Das Gesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG) vom 26. August 1971 (BGBl. I S. 1409) sah von Anfang an vor, daß auf den Bedarf des Auszubildenden, nach dem sich die Höhe der ihm zu gewährenden Ausbildungsförderung bestimmt, Einkommen und Vermögen des Ehegatten anzurechnen sind. Hiervon ausgenommen waren zunächst jedoch dauernd getrennt lebende Ehegatten. Die bis zum 31. Juli 1981 maßgebliche Vorschrift hatte zuletzt - in der Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (6. BAföGÄndG) vom 16. Juli 1979 (BGBl. I S. 1037) - folgenden Wortlaut:
§ 11 BAföG
(1) Ausbildungsförderung wird für den Lebensunterhalt und die Ausbildung geleistet (Bedarf).
(2) Auf den Bedarf sind nach Maßgabe der folgenden Vorschriften Einkommen und Vermögen des Auszubildenden, seines Ehegatten und seiner Eltern in dieser Reihenfolge anzurechnen; die Anrechnung erfolgt zunächst auf den als Zuschuß und zuletzt auf den nach § 17 Abs. 3 Nr. 4 als Darlehen zu leistenden Teil des Bedarfs.
(2 a) Einkommen und Vermögen des Ehegatten bleiben außer Betracht, wenn er von dem Auszubildenden dauernd getrennt lebt. Einkommen und Vermögen der Eltern bleiben außer Betracht, wenn ihr Aufenthaltsort nicht bekannt ist oder sie rechtlich oder tatsächlich gehindert sind, im Geltungsbereich dieses Gesetzes Unterhalt zu leisten.
(3) ...
Die Nichtanrechenbarkeit von Einkommen und Vermögen des vom Auszubildenden dauernd getrennt lebenden Ehegatten beruhte nach der Gesetzesbegründung der Bundesregierung zu § 11 Abs. 2 a Satz 1 BAföG (BTDrucks. VI/1975, S. 26) auf folgender Erwägung:
Der Bestimmung, daß Einkommen und Vermögen des Ehegatten auf den Bedarf anzurechnen sind, liegt vornehmlich die Überlegung zugrunde, daß der eine Ehegatte an der Ausbildung des anderen interessiert ist, da diese in aller Regel zu einem gesellschaftlichen Aufstieg und einem höheren wirtschaftlichen Ertrag der Erwerbstätigkeit führt. Ein solches Interesse kann jedoch nicht mehr unterstellt werden, wenn die Ehegatten dauernd getrennt leben, die Ehe also tatsächlich getrennt ist.
2. Durch das Siebente Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes - im folgenden: 7. BAföGÄndG - vom 13. Juli 1981 (BGBl. I S. 625) ist § 11 Abs. 2 a Satz 1 BAföG mit Wirkung für alle späteren Bewilligungszeiträume aufgehoben worden (Art. 1 Nr. 6 i.V.m. Art. 7 Abs. 3 7. BAföGÄndG). Nach dieser für die Ausgangsverfahren maßgeblichen gesetzlichen Regelung sind auch das Einkommen und das Vermögen des dauernd getrennt lebenden Ehegatten eines Auszubildenden in die Bedarfsermittlung einzubeziehen.
In der amtlichen Begründung heißt es zu dieser Gesetzesänderung (BTDrucks. 9/410, S. 13):
Nach der seit dem 1. Juli 1977 geltenden Vorschrift des § 1567 Abs. 1 Satz 2 BGB leben Ehegatten auch dann getrennt, wenn sie innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben. In letzter Zeit häufen sich die Fälle, in denen Auszubildende unter Berufung auf diese Regelung ehegattenunabhängige Förderung begehren. Der Förderungsverwaltung ist es in diesen Fällen nicht möglich, den Tatbestand des bisherigen § 11 Abs. 2 a Satz 1 anhand objektiver Kriterien festzustellen. Der Entscheidung können unter diesen Umständen nur die Angaben der - am Ausgang des Verfahrens interessierten - Ehegatten zugrunde gelegt werden. Um Mißbrauchsmöglichkeiten zu vermeiden, ist es erforderlich, daß Einkommen und Vermögen des (ehemaligen) Ehegatten erst nach der Scheidung außer Betracht bleiben.
Mit Beschluß vom 6. November 1985 (BVerfGE 71, 146) ist die hier zur Prüfung gestellte Vorschrift insoweit für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG erklärt worden, als danach Einkommen und Vermögen des dauernd getrennt lebenden Ehegatten eines Auszubildenden über gerichtlich titulierte Unterhaltsforderungen hinaus bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen waren. Der Gesetzgeber sah sich aufgrund dieser Entscheidung veranlaßt, durch das Zehnte Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (10. BAföGÄndG) vom 16. Juni 1986 (BGBl. I S. 897) mit Wirkung vom 1. Juli 1986 in § 11 Abs. 2 a BAföG folgenden Satz 1 einzufügen:
Ist über den Unterhaltsanspruch zwischen dauernd getrennt lebenden Ehegatten gerichtlich entschieden oder ein vollstreckbarer Schuldtitel errichtet worden, so ist nur der darin zugunsten des Auszubildenden bestimmte Betrag als Einkommen und Vermögen des Ehegatten auf den Bedarf anzurechnen.
II.
In den Ausgangsverfahren, die zu den Vorlagen geführt haben, ist streitig, ob bei der Gewährung von Ausbildungsförderung an den klagenden Auszubildenden Einkommen des von ihm dauernd getrennt lebenden Ehegatten überhaupt bedarfsmindernd berücksichtigt werden darf.
1. Vorlage des Bayerischen Verwaltungsgerichts München - 1 BvL 20/87 -
a) Der 1948 geborene Kläger des Ausgangsverfahrens, ein ausgebildeter Reproduktionsfotograf, gab im Herbst 1982 seine Berufstätigkeit auf und begann ein Studium an der Technischen Universität München. Das im Ausgangsverfahren beklagte Studentenwerk bewilligte ihm Ausbildungsförderung für die Zeit von November 1982 bis September 1983, wobei das Einkommen der Ehefrau des Klägers bedarfsmindernd berücksichtigt wurde. Seit März 1982 lebte der Kläger von seiner Ehefrau getrennt, bis zum Scheidungsantrag im März 1983 allerdings in einer gemeinsamen Wohnung. Nach der Stellung des Scheidungsantrags im März 1983 lebten die Eheleute dann in getrennten Wohnungen. Erst nach Scheidung der Ehe im September 1983 gewährte das Studentenwerk ungekürzte Ausbildungsförderung.
Nachdem der Kläger mit seinem Begehren, das Einkommen seiner Ehefrau auch für die Zeit vor der Scheidung nicht auf seinen Bedarf anzurechnen, beim Studentenwerk erfolglos geblieben war, erhob er beim Verwaltungsgericht Klage mit dem Ziel, für den Bewilligungszeitraum November 1982 bis August 1983 Ausbildungsförderung ohne Anrechnung von Einkommen seiner Ehefrau zu erhalten.
b) Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt,
ob § 11 Abs. 2 BAföG vom 26. August 1971 (BGBl. I S. 1409) in der Fassung des 7. BAföGÄndG vom 13. Juli 1981 (BGBl. I S. 625) über den vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluß vom 6. November 1985 - 1 BvL 47/83 - entschiedenen Fall der titulierten Unterhaltsforderung hinaus insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als das Einkommen des vom Auszubildenden getrennt lebenden Ehegatten als dessen Einkommen angerechnet wird.
Die Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 11 Abs. 2 BAföG in der Fassung des 7. BAföGÄndG sei für die zu treffende Entscheidung erheblich. Im Falle der Ungültigkeit der Norm hätte das Einkommen des getrennt lebenden Ehegatten bei der Bedarfsermittlung für den Bewilligungszeitraum nicht berücksichtigt werden dürfen. Die Bestimmungen über die Anrechnung des Ehegatteneinkommens könnten wegen ihres eindeutigen Wortlauts und des eindeutigen gesetzgeberischen Willens auch nicht verfassungskonform ausgelegt werden. Weder sei die Härteklausel des § 25 Abs. 6 BAföG noch die Vorschrift des § 36 BAföG über die Vorausleistung von Ausbildungsförderung anwendbar.
Die zur Prüfung gestellte Vorschrift sei in ihrer Auswirkung auf getrennt lebende Ehegatten mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar.
aa) Die Regelung, daß Einkommen des dauernd getrennt lebenden Ehegatten auf den Bedarf des Auszubildenden unabhängig davon angerechnet werden müsse, unabhängig davon, ob für den Auszubildenden der angerechnete Betrag auch realisierbar sei, benachteilige diese Gruppe der Auszubildenden willkürlich gegenüber denjenigen Gruppen von Auszubildenden, deren Ausbildung ohne Einkommensanrechnung von unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten oder Eltern (§ 11 Abs. 3 BAföG) gefördert werde oder die im Wege der Vorausleistung gefördert würden, weil die Unterhaltspflichtigen trotz Einkommensanrechnung den angerechneten Betrag nicht leisteten (§ 36 BAföG). Die Möglichkeit der Vorausleistung diene dem gesetzgeberischen Ziel, die Gefährdung der Ausbildung zu vermeiden, wenn der Anrechnungsbetrag von den Eltern tatsächlich nicht geleistet werde. Einer entsprechenden Regelung habe es zunächst für das anrechenbare Ehegatteneinkommen nicht bedurft, da schon seit Inkrafttreten des Ausbildungsförderungsgesetzes die besonders problematische Fallgestaltung der getrennt lebenden Ehegatten von der Anrechnung ausgenommen gewesen sei.
Der Gesetzgeber sei zu Recht davon ausgegangen, daß der dauernd getrennt lebende Ehepartner kein Interesse an der Ausbildung des anderen Ehepartners habe. Die Differenzierung sei auch deswegen sachgerecht, weil getrennt lebende Ehepartner keine gemeinsame Haushaltsführung unterhielten und nicht gemeinsam wirtschafteten, selbst wenn sie noch in der ehelichen Wohnung lebten.
bb) Diese Regelung sei erst durch das 7. BAföGÄndG insoweit durchbrochen worden, als nunmehr auch das Einkommen getrennt lebender Ehegatten generell angerechnet werde, ohne daß der Gesetzgeber eine Härteregelung vorgesehen habe. Dies könne dazu führen, daß sich der Auszubildende Einkommen anrechnen lassen müsse, das zu erzielen er nicht in der Lage sei, weil er keinen Unterhaltsanspruch nach § 1361 BGB gegen den Ehegatten habe. Wenn das Einkommen des getrennt lebenden Ehegatten gemäß § 11 Abs. 2 a Satz 1 BAföG in der Fassung des Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 10. BAföGÄndG nur dann und insoweit nicht angerechnet werde, als ein Zivilurteil den Unterhaltsanspruch verneine, werde der Auszubildende gegebenenfalls gezwungen, eine von vornherein erfolglose Unterhaltsklage zu erheben.
cc) Ein sachlicher Grund für die fiktive Einkommensanrechnung ohne Härteregelung sei nicht ersichtlich. Verwaltungsmäßige Schwierigkeiten allein könnten es nicht rechtfertigen, daß die Gruppe der getrennt lebenden Auszubildenden im Gegensatz zu allen anderen Auszubildenden, denen Einkommen von Drittverpflichteten angerechnet werde, letztlich ihre Ausbildung wegen des ungedeckten Ausbildungsbedarfs (Differenz zwischen tatsächlich gezahltem Ehegattenunterhalt und angerechnetem Einkommen) abbrechen müsse. Dem Gesetzgeber hätten über die Einführung von Mitwirkungs- und Erklärungspflichten vielfältige Instrumentarien zur Verfügung gestanden, Mißbrauchsmöglichkeiten insbesondere bei getrennt lebenden Ehegatten innerhalb derselben Wohnung zu begegnen. Es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, getrennt lebende wie zusammen lebende Ehegatten und nicht wie Geschiedene zu behandeln, zumal der realisierte Unterhaltsanspruch als Einkommen des Auszubildenden angerechnet werde. Hinzu komme, daß die Ehe nach dem Zerrüttungsprinzip nur dann geschieden werde, wenn die Ehegatten ein Jahr getrennt gelebt hätten (§ 1566 Abs. 1 BGB). Während der Zeit des Getrenntlebens werde der Auszubildende von seinem Ehegatten regelmäßig nicht mehr unterstützt und erhalte trotzdem keine Ausbildungsförderung, obwohl scheidungswillige Ehegatten regelmäßig keine andere Wahl hätten, als mindestens ein Jahr getrennt zu leben.
2. Vorlage des Verwaltungsgerichts Hannover - 1 BvL 20/87 -
a) Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, seit 1976 als Maschinenbautechnikerin tätig, besuchte ab August 1981 ein Abendgymnasium, das sie im Sommer 1984 mit der Hochschulreife verließ. Ab Oktober 1981 lebte sie von ihrem Ehemann dauernd getrennt. Nachdem sie zu Beginn des Jahres 1984 die Scheidung beantragt hatte, nahm sie zum Wintersemester 1984/85 ein Studium im Studiengang Lehramt an Gymnasien an der Universität Hannover auf. Die Ehe wurde am 28. Oktober 1985 geschieden. Die Universität Hannover hatte der Klägerin Ausbildungsförderung für die Zeit von Oktober 1984 bis September 1985 bewilligt unter dem Vorbehalt der Rückforderung, weil sich das Einkommen des Ehemanns im Bewilligungszeitraum nicht abschließend feststellen ließ. Bei der endgültigen Festsetzung der Förderung wurde sodann ein Rückforderungsbetrag in Höhe von 948 DM festgesetzt. Der Widerspruch gegen die Anrechnung des Ehegatteneinkommens blieb erfolglos. Daraufhin erhob die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht Klage mit dem Antrag, ihr Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum 1984/85 ohne Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens ihres Ehegatten zu gewähren.
b) Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt,
ob § 11 Abs. 2 BAföG mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, soweit darin die Anrechnung von Einkommen des Ehegatten auch für Fälle vorgeschrieben wird, in denen der Auszubildende von diesem seit mehr als drei Jahren und in verschiedenen Wohnungen getrennt lebt, das Scheidungsbegehren bereits rechtshängig gemacht worden ist und dem Auszubildenden ein Anspruch auf Unterhalt gegen den Ehegatten offensichtlich nicht zusteht.
Soweit § 11 Abs. 2 BAföG in der Fassung des 8. BAföGÄndG von der Anrechnung des Einkommens des Ehegatten auf den Anspruch auf Ausbildungsförderung auch für solche getrennt lebenden Ehegatten keine Ausnahme vorsehe, in denen der Auszubildende von diesem seit mehr als drei Jahren und in verschiedenen Wohnungen getrennt lebe, das Scheidungsbegehren bereits rechtshängig gemacht worden sei und dem Auszubildenden ein Anspruch auf Unterhalt gegen den Ehegatten offensichtlich nicht zustehe, verstoße die Regelung gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Die Klägerin werde durch § 11 Abs. 2 BAföG in der anzuwendenden Fassung denjenigen Auszubildenden gleichgestellt, die tatsächlich in ehelicher Lebensgemeinschaft lebten, obwohl unschwer festzustellen sei, daß die Klägerin in tatsächlicher Hinsicht lediglich mit alleinstehenden Auszubildenden vergleichbar sei. Für die Zuordnung der Klägerin zu den verheirateten Auszubildenden fehle es daher an einem rechtfertigenden Grund.
Unter getrennt lebenden Ehegatten bestehe ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt nur unter besonderen Voraussetzungen, die vorliegend nicht gegeben seien. Es stehe außer Frage, daß die Klägerin gemäß § 1361 Abs. 2 BGB von ihrem Ehemann darauf hätte verwiesen werden können, ihren Lebensunterhalt selbst sicherzustellen. Zudem habe die Klägerin während der Dauer des Getrenntlebens mit ihrem Ehemann keine gemeinsame Wohnung innegehabt. Diese Form des Getrenntlebens sei vom Amt für Ausbildungsförderung ohne größeren Ermittlungsaufwand überprüfbar, so daß der Regelungsanlaß für die Aufhebung des § 11 Abs. 2 a Satz 1 BAföG a.F. im Fall der Klägerin nicht gegeben sei. Hinzu komme, daß das Scheidungsbegehren von der Klägerin schon Mitte 1984 rechtshängig gemacht worden sei und die Ehegatten bereits zu Beginn des Bewilligungszeitraums über eine Dauer von drei Jahren in verschiedenen Wohnungen getrennt gelebt hätten, über einen Zeitraum hinweg also, nach dessen Ablauf gemäß § 1566 Abs. 2 BGB das Scheitern der Ehe unwiderleglich vermutet werde. Im Falle der Klägerin sei die Zerrüttung ihrer Ehe durch die Umstände des Getrenntlebens in räumlicher und zeitlicher Hinsicht in gleicher Weise nach außen hin dokumentiert worden wie im Fall der Einreichung einer Unterhaltsklage.
Die Benachteiligung des getrennt lebenden Ehegatten könne auch nicht dadurch behoben werden, daß dieser glaubhaft mache, er habe den angerechneten Ehegattenunterhalt tatsächlich nicht erhalten. § 36 BAföG, der eine Vorausleistung von Ausbildungsförderung für den Fall vorsehe, daß der Auszubildende glaubhaft mache, daß er von seinen Eltern den anzurechnenden Unterhaltsbetrag nicht erhalte, sei nämlich auf den Unterhaltsbetrag des Ehegatten nicht anwendbar.
III.
1. Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft vertritt namens der Bundesregierung die Auffassung, die zur Prüfung gestellte Norm sei mit dem Grundgesetz vereinbar.
a) Der Gesetzgeber sei nicht gehalten gewesen, über die Änderung durch das 10. BAföGÄndG hinaus den Nachrang der öffentlichrechtlichen Ausbildungsförderung in einer Weise zu verwirklichen, daß diese an Bestehen und Umfang des Anspruchs auf Ausbildungsunterhalt gegen den Ehegatten anknüpfe. Dies sei insbesondere dadurch gerechtfertigt, daß Gründe der Verwaltungspraktikabilität eine pauschalierende Regelung zwingend erforderlich gemacht hätten. Während die Erwirkung eines gerichtlichen Unterhaltstitels ein entscheidendes, ohne großen Verwaltungsaufwand nachprüfbares Indiz dafür darstelle, daß ein Status vorliege, der dem des Geschiedenen nahezu entspreche, sei dies bei den von den vorlegenden Gerichten herangezogenen Merkmalen nicht der Fall. Angesichts der für die Förderungsverwaltung nicht in allen Einzelheiten überschaubaren Regelung des Ehegattenunterhalts habe für den Gesetzgeber keine Möglichkeit bestanden, über die nunmehr in § 11 Abs. 2 a Satz 1 BAföG geregelten Fälle hinaus Ausnahmetatbestände zuzulassen, weil solche weiteren Ausnahmetatbestände weitgehend von der subjektiven Einstellung des Antragstellers abhängig wären und anhand objektiver Kriterien nicht mehr überprüft werden könnten. Mit der Aufhebung des § 11 Abs. 2 a Satz 1 BAföG a.F. hätten vornehmlich von den Ländern berichtete Mißbrauchsfälle beseitigt werden sollen.
b) Die grundsätzliche Anrechnung von Einkommen des getrennt lebenden Ehegatten - außer in den Fällen des § 11 Abs. 2 a Satz 1 BAföG - ohne Rücksicht darauf, ob der Auszubildende einen durchsetzbaren Unterhaltsanspruch in Höhe des Anrechnungsbetrages hat, entspreche im übrigen den Grundzügen des besonderen gesetzlichen Systems, mit dem das Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Nachrang der öffentlichrechtlichen Förderung Rechnung trage.
Das Bundesausbildungsförderungsgesetz orientiere sich zwar an der zivilrechtlichen Unterhaltsregelung, knüpfe aber nicht an die konkrete Unterhaltsverpflichtung an. Soweit das Einkommen des Auszubildenden, seines Ehegatten und seiner Eltern anzurechnen sei, geschehe dies in einem pauschalierenden Verfahren nach einem eigenen Einkommensbegriff dieses Gesetzes. Im Gegensatz dazu könne der Umfang der bürgerlichrechtlichen Unterhaltspflicht nur unter Brücksichtigung aller Lebensumstände auf der berechtigten und auf der verpflichteten Seite im Einzelfall festgestellt werden. Der Gesetzgeber habe deshalb den Nachrang der öffentlichrechtlichen Förderung in der Weise verwirklicht, daß der dem Ehegatten zugemutete Beitrag zu den Ausbildungskosten unter Zugrundelegung von Freibeträgen in einer Höhe pauschaliert werde, die dem Umfang der Unterhaltspflicht im Regelfalle entspreche.
c) In Fällen, in denen aufgrund objektiver Umstände anzunehmen sei, daß ein Unterhaltsanspruch des Auszubildenden gegen seinen getrennt lebenden Ehegatten nicht bestehe, sei nicht auszuschließen, daß dieser dem Auszubildenden unabhängig von einer Rechtspflicht Unterhalt gewähre. Erst die Höhe des in einer gerichtlichen Entscheidung oder einem vollstreckbaren Schuldtitel ausgewiesenen Unterhaltsanspruchs und deren Berücksichtigung bei der Leistungsgewährung biete Gewähr, daß das Subsidiaritätsprinzip auch bei Getrenntlebenden gewahrt werde.
d) Es verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz, daß im Verhältnis der Ehegatten untereinander ein Vorausleistungsanspruch des Auszubildenden in Höhe des vom Ehegatten geschuldeten Unterhalts gegen die Förderungsverwaltung nicht bestehe. Dieses Vorausleistungsverfahren nach § 36 BAföG sei von der Überlegung getragen, daß Auszubildenden die Durchsetzung ihres Anspruchs auf Ausbildungsunterhalt nach § 1610 Abs. 2 BGB gegen ihre Eltern nicht aufgebürdet werden solle. Diese Überlegung sei im Verhältnis zwischen Ehegatten nicht anzustellen.
Entsprechendes gelte für die elternunabhängige Förderung nach § 11 Abs. 3 BAföG. Diese Förderung setze voraus, daß nach Lebensalter, Ausbildungsstand und früherer Erwerbstätigkeit des Auszubildenden davon ausgegangen werden könne, daß ein Ausbildungsunterhaltsanspruch gegen die Eltern nach § 1610 Abs. 2 BGB nicht mehr bestehe. Dies könne jedoch nicht auf das Verhältnis zwischen getrennt lebenden Ehegatten übertragen werden, weil der dort bestehende Unterhaltsanspruch nicht auf Gewährung von Ausbildungsunterhalt gerichtet sei.
2. Der für das Recht der Ausbildungsförderung zuständige 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat mitgeteilt, er neige zu der Auffassung, daß § 11 Abs. 2 BAföG über den in BVerfGE 71, 146 entschiedenen Fall der gerichtlich titulierten Unterhaltsforderung hinaus insoweit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar sei, als das Einkommen des vom Auszubildenden getrennt lebenden Ehegatten als dessen Einkommen angerechnet werde.
B.
§ 11 Abs. 2 BAföG ist - auch über den in BVerfGE 71, 146 entschiedenen Fall des Vorliegens eines gerichtlich titulierten Unterhaltsanspruchs hinaus - mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) unvereinbar, soweit Einkommen und Vermögen des dauernd getrennt lebenden Ehegatten eines Auszubildenden bei der Bedarfsermittlung - unabhängig vom Bestehen eines Unterhaltsanspruchs - angerechnet werden.
I.
1. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Da der Grundsatz, daß alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, in erster Linie eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung von Personen verhindern soll, unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung (vgl. BVerfGE 55, 72 <88>; 88, 87 <96>; st. Rspr.).
Der unterschiedlichen Weite des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums entspricht eine abgestufte Kontrolldichte bei der verfassungsgerichtlichen Prüfung. Kommt als Maßstab allein das Willkürverbot in Betracht, so kann ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nur festgestellt werden, wenn die Unsachlichkeit der Differenzierung evident ist (vgl. BVerfGE 55, 72 <90>). Dagegen prüft das Bundesverfassungsgericht bei Regelungen, die Personengruppen verschieden behandeln oder sich auf die Wahrnehmung von Grundrechten nachteilig auswirken, im einzelnen nach, ob für die vorgesehene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 82, 126 <146>; 88, 87 <97>).
2. Bei der Prüfung des § 11 Abs. 2 BAföG ist der zuletzt genannte strengere Maßstab anzulegen, denn aufgrund dieser Vorschrift wird die Gruppe der verheirateten, aber dauernd getrennt lebenden Auszubildenden anders behandelt als die der geschiedenen (vgl. BVerfGE 71, 146 <155>). Während bei geschiedenen Ehegatten dem Auszubildenden nur der Unterhalt, den er tatsächlich erhält, als eigenes Einkommen angerechnet wird, werden dauernd getrennt lebende Ehegatten wie zusammen lebende behandelt, obwohl sie unterhaltsrechtlich den Geschiedenen näherstehen. Die Anrechnung des Einkommens und des Vermögens des Ehegatten ist zwar durch die Einfügung des § 11 Abs. 2 a Satz 1 BAföG n.F. durch das 10. BAföGÄndG für die Gruppe der dauernd getrennt lebenden Auszubildenden, über deren Unterhaltsanspruch gerichtlich entschieden oder ein vollstreckbarer Schuldtitel errichtet worden ist, auf die titulierte Unterhaltsforderung beschränkt worden. Für die Gruppe der dauernd getrennt lebenden, verheirateten Auszubildenden, die über einen solchen Titel nicht verfügen, ist es jedoch bei der geschilderten Ungleichbehandlung geblieben. Dadurch werden insbesondere solche Auszubildende nachteilig betroffen, die gegen den Ehegatten keinen Unterhaltsanspruch haben und daher nicht mit Aussicht auf Erfolg klagen können.
3. Für diese Ungleichbehandlung fehlt es an einem rechtfertigenden Grund.
a) Grundsätzlich ist es nicht zu beanstanden, daß bei der Ermittlung des Bedarfs, welcher der Bemessung von Sozialleistungen zugrundegelegt wird, Einkommen und Vermögen des Ehegatten - unter Zubilligung ausreichender Freibeträge - bedarfsmindernd berücksichtigt werden (vgl. BVerfGE 9, 20 <30>; 71, 146 <155 f.>; 75, 382 <394 f.>; 87, 234 <256>). Dies ist deswegen sachgerecht, weil Eheleute gemäß §§ 1360, 1360 a, 1360 b BGB einer gesteigerten bürgerlichrechtlichen Unterhaltspflicht unterliegen und gewöhnlich in einer Haushaltsgemeinschaft "aus einem Topf" wirtschaften. Für den Bereich der Ausbildungsförderung kommt hinzu, daß der eine Ehegatte regelmäßig an der Ausbildung des anderen interessiert ist, da diese vielfach zu einem gesellschaftlichen Aufstieg und einem höheren wirtschaftlichen Ertrag der Erwerbstätigkeit führt (vgl. BTDrucks. VI/1975 S. 26).
b) Die genannten Gesichtspunkte, welche die Anrechnung von Einkommen und Vermögen des Ehegatten im allgemeinen rechtfertigen, entfallen bei einer Ehescheidung. Demgemäß bleiben Einkommen und Vermögen des ehemaligen Ehegatten eines Auszubildenden bei der Bedarfsermittlung außer Betracht; nur die dem Auszubildenden tatsächlich zufließenden Leistungen werden bedarfsmindernd angerechnet.
Dauernd getrennt lebende Ehegatten befinden sich in einer weitgehend gleichen Lage. Bei ihnen wird der Unterhalt ebenfalls nicht mehr durch wechselseitige Beiträge zum gemeinsamen Haushalt erbracht. Auch kann ein Interesse des einen Ehegatten an der Ausbildung des anderen nicht mehr regelmäßig vorausgesetzt werden. Demgemäß beschränkt sich die Anrechnung von Einkommen und Vermögen im Bereich der Sozialhilfe und bei der Gewährung von Arbeitslosenhilfe auf nicht getrennt lebende Ehegatten (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2, §§ 28, 79 Abs. 1 BSHG; § 138 Abs. 1 Nr. 2 AFG). Auch im Lohn- und Einkommensteuerrecht werden dauernd getrennt lebende Ehegatten wie Ledige und Geschiedene in Steuerklasse I, zusammenlebende Ehegatten dagegen in Steuerklasse III oder IV eingestuft.
Ferner sind die gegenseitigen Unterhaltspflichten von Eheleuten im Falle des Getrenntlebens - worauf in den Vorlagen zutreffend hingewiesen wird - besonders ausgestaltet (vgl. § 1361 BGB). In den hier in Betracht kommenden Fällen wird häufig ein Anspruch des Auszubildenden gegen den von ihm dauernd getrennt lebenden Ehegatten auf Unterhalt nicht bestehen. Insoweit muß sich der Auszubildende aufgrund der zur Prüfung gestellten Regelung etwas als Einkommen zurechnen lassen, was er gar nicht beanspruchen kann. Der durch das 10. BAföGÄndG eingefügte § 11 Abs. 2 a Satz 1 BAföG führt zwar dazu, daß Einkommen des getrennt lebenden Ehegatten nunmehr insoweit nicht angerechnet wird, als ein Zivilurteil den Unterhaltsanspruch verneint. Dadurch wird der aufgezeigte Nachteil aber gerade in den Fällen nicht beseitigt, in denen überhaupt kein Unterhaltsanspruch besteht. Wenn der Auszubildende in solchen Fällen die pauschale Einkommensanrechnung nach § 11 Abs. 2 BAföG vermeiden wollte, müßte er eine von vornherein aussichtslose Unterhaltsklage erheben.
Die zur Prüfung gestellte Regelung läßt sich auch nicht damit rechtfertigen, daß Mißbrauchsfällen hätte begegnet werden müssen. Dem Gesetzgeber hätten zu diesem Zweck weniger einschneidende Maßnahmen zur Verfügung gestanden. Beispielsweise hätte die Regelung des § 36 BAföG, die eine Vorausleistung der Ausbildungsförderung vorsieht, wenn der Auszubildende glaubhaft macht, er habe den angerechneten Elternunterhalt nicht erhalten, auf den Unterhalt getrennt lebender Ehegatten ausgedehnt werden können. Infolge des Anspruchsübergangs nach § 37 BAföG wären die Ausbildungsämter in die Lage versetzt worden, einem Mißbrauch wirksam zu begegnen. Bei Ausdehnung der den Elternunterhalt betreffenden Regelung der §§ 36, 37 BAföG auf den Unterhalt getrennt lebender Ehegatten wäre - wovon auch die Vorlagen übereinstimmend ausgehen - gegen die Verfassungsmäßigkeit der zur Prüfung gestellten Regelung nichts einzuwenden.
Im übrigen ist nicht ersichtlich, daß die Gefahr, Leistungsempfänger und ihre Ehegatten täuschten wahrheitswidrig vor, von ihren Ehegatten getrennt zu leben, im Bereich der Ausbildungsförderung größer oder schwerer bekämpfbar wäre als in den Bereichen der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe, wo auf eine Einkommensanrechnung unter dauernd getrennt lebenden Ehegatten von vornherein verzichtet wird. Dies gilt umso mehr, als das Getrenntleben im Steuerrecht zu Nachteilen führt und die Behörde die Möglichkeit hat, sich die Lohnsteuerkarte des anderen Ehegatten vorlegen zu lassen.
II.
Da dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, die Verfassungswidrigkeit des § 11 Abs. 2 BAföG, soweit davon dauernd getrennt lebende Ehegatten betroffen sind, zu beseitigen, ist die Regelung nicht für nichtig, sondern lediglich für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG zu erklären (vgl. BVerfGE 87, 234 <262> m.w.N.). § 11 Abs. 2 a Satz 1 BAföG, der die Einkommensanrechnung unter dauernd getrennt lebenden Ehegatten auf titulierte Unterhaltsforderungen beschränkt, wird damit gegenstandslos.
Bis zu einer gesetzlichen Neuregelung darf § 11 Abs. 2 BAföG auf dauernd getrennt lebende Ehegatten weder in anhängigen Verfahren noch in Neufällen angewandt werden. Die besondere Lage, in der sich die Betroffenen befinden, macht es erforderlich, von dem Grundsatz abzuweichen, daß bei einer Unvereinbarerklärung anhängige Verfahren auszusetzen sind (vgl. BVerfGE 87, 234 <262 f.>). Bei dauernd getrennt lebenden Ehegatten ist vielmehr auch in anhängigen Verfahren bis zu einer Neuregelung von einer bedarfsmindernden Einkommensanrechnung im Recht der Ausbildungsförderung abzusehen. Die dem Auszubildenden tatsächlich von seinem dauernd getrennt lebenden Ehepartner zufließenden Unterhaltsleistungen sind allerdings als eigenes Einkommen des Auszubildenden zu berücksichtigen. Im übrigen darf die Gewährung der Ausbildungsförderung bis zu einer gesetzlichen Neuregelung von der Abtretung etwaiger Unterhaltsansprüche gegen den Ehegatten abhängig gemacht werden.
Vizepräsident Henschel ist wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert. Seidl |
Seidl | Grimm | |||||||||
Söllner | Kühling | Seibert | |||||||||
Jaeger | Haas |