Bundesverfassungsgericht
- 2 BvR 185/98 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
der türkischen Staatsangehörigen
1. D...,
2. D...,
3. D...,
4. D...,
5. D...,
Beschwerdeführer Ziffer 5. gesetzlich vertreten durch die
Beschwerdeführer Ziffer 1. und 2.,
Lützowstraße 19, Hagen -
gegen | den Beschluß des
Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 12. Januar 1998 - 9 L 27/98.A - und Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung |
hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die
Richter Sommer,
Jentsch,
Hassemer
gemäß § 93a in Verbindung mit § 93b
BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993
(BGBl I S. 1473)
am 26. Februar 1998 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur
Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen
Anordnung.
Gründe:
Es kann offen bleiben, ob die fachgerichtliche Würdigung der vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen über den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin zu 2. in jeder Hinsicht den verfassungsrechtlichen Maßstäben entspricht. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde jedenfalls ist nicht gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG angezeigt; insbesondere entsteht den Beschwerdeführern durch die Nichtannahme kein besonders schwerer Nachteil.
Soweit das Verwaltungsgericht die behauptete (vorläufige) Reiseunfähigkeit bzw. Suizidalität der Beschwerdeführerin zu 2. nicht - jedenfalls nicht ausdrücklich - gewürdigt hat, ist folgendes zu berücksichtigen:
Die hinsichtlich der Beschwerdeführerin zu 2. befürchteten Gefahren für Leben und Gesundheit ergeben sich insoweit nicht aus den im Herkunftsland herrschenden Bedingungen. Sie sind deshalb asylrechtlich und auch als "zielstaatsbezogene" Abschiebungshindernisse (§ 53 AuslG), über die das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zu entscheiden hat (§ 31 Abs. 3 AsylVfG), irrelevant. Bei der behaupteten Reiseunfähigkeit und der möglicherweise daraus oder aus den besonderen Belastungen einer Abschiebung resultierenden Selbstmordgefahr handelt es sich vielmehr um eine Abschiebung regelmäßig nur vorübergehend hindernde Umstände, die im Zusammenhang mit den dem Abschiebestaat (Bundesrepublik Deutschland) zuzurechnenden tatsächlichen Beeinträchtigungen stehen, wie sie typischerweise mit dem Vollzug einer Abschiebung verbunden sind. Es ist Sache der mit dem Vollzug der Abschiebung betrauten Behörde, derartigen Gefahren, die der Abzuschiebende bis zur tatsächlichen Durchführung der Abschiebung muß geltend machen können, angemessen - etwa durch Erteilung einer Duldung (§ 55 AuslG) - zu begegnen (vgl. hierzu auch Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 1997 - BVerwG 9 C 13.96 und 54.96 - Pressemitteilung Nr. 42/1997).
Mithin kann die Beschwerdeführerin zu 2. möglicherweise aus ihrem Gesundheitszustand folgende tatsächliche Abschiebungshindernisse - ungeachtet der das Eilrechtsschutzbegehren der Beschwerdeführer ablehnenden Entscheidungen des Verwaltungsgerichts - noch geltend machen. Die mit dem Vollzug der Abschiebung betraute Stelle ist auch von Amts wegen zur Beachtung solcher (tatsächlicher) Abschiebungshindernisse in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung verpflichtet und hat gegebenenfalls durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung ("Duldung") oder durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen. Dabei wird auch zu prüfen sein, ob eine "vorläufige" bzw. "momentane" Reiseunfähigkeit der Beschwerdeführerin zu 2., wie sie in den ärztlichen Attesten vom 14. und 17. November 1997 bescheinigt worden ist, im Zeitpunkt des Vollzugs der Abschiebung noch andauert.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Sommer | Jentsch | Hassemer |