L e i t s t z e
zum Urteil des Ersten Senats
vom 3. April 2001
- 1 BvR 81/98 -
- Es bestehen verfassungsrechtlich keine Bedenken, dass der Gesetzgeber die Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung grundstzlich an das Bestehen eines gesetzlichen oder privaten Krankenversicherungsschutzes geknpft hat.
- Es verstt jedoch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, dass der Gesetzgeber gleichermaen schutzbedrftige Personen ohne Krankenversicherungsschutz vom Zugang zur gesetzlichen Pflegeversicherung ausgeschlossen hat, die als Volksversicherung angelegt ist. Diesen Personen ist zumindest ein Beitrittsrecht einzurumen.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT - 1 BvR 81/98 - |
Verkndet
am 3. April 2001 Kehrwecker Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschftsstelle |
Im Namen des Volkes
In dem Verfahren
ber
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn S...,
und Koll., Konstantinstrae 4-10,
54290 Trier -
1. unmittelbar
gegen a) | das Urteil des Bundessozialgerichts vom 6. November 1997 - 12 RP 1/96 -, |
b) | das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 1. August 1996 - L 5 P 1/96 -, |
c) | das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 22. Mrz 1996 - S 2 P 4/95 -, |
d) | den Widerspruchsbescheid der AOK - Die Gesundheitskasse in Rheinland-Pfalz vom 23. Mai 1995, |
e) | den Bescheid der AOK - Die Gesundheitskasse in Rheinland-Pfalz vom 23. November 1994, |
2. mittelbar
gegen | Art. 1 1 Abs. 2, 20 Abs. 1 bis 3, 21, 23 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4, 24 des Gesetzes zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedrftigkeit (Pflege-Versicherungsgesetz - PflegeVG) vom 26. Mai 1994 (BGBl I S. 1014) |
hat das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat - unter Mitwirkung
des Vizeprsidenten Papier,
des Richters Khling,
der Richterinnen Jaeger,
Haas,
der Richter Hmig,
Steiner,
der Richterin Hohmann-Dennhardt
und des Richters Hoffmann-Riem
aufgrund der mndlichen Verhandlung vom 4. Juli 2000 durch
Urteil
fr Recht erkannt:
- Die Regelungen des Elften Buches Sozialgesetzbuch vom 26. Mai 1994 (Bundesgesetzblatt I Seite 1014, 1015) ber den Zugang zur gesetzlichen Pflegeversicherung sind mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes insoweit unvereinbar, als durch sie Personen generell vom Zugang ausgeschlossen sind, die bei In-Kraft-Treten des Elften Buches Sozialgesetzbuch keinen die Versicherungspflicht nach diesem Gesetz begrndenden Tatbestand erfllten.
- Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2001 nach Magabe der Grnde eine verfassungsgeme Regelung zu treffen.
- Das Urteil des Bundessozialgerichts vom 6. November 1997 - 12 RP 1/96 -, das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 1. August 1996 - L 5 P 1/96 -, das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 22. Mrz 1996 - S 2 P 4/95 - und die Bescheide der AOK - Die Gesundheitskasse in Rheinland-Pfalz vom 23. November 1994 und vom 23. Mai 1995 verletzen den Beschwerdefhrer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil des Bundessozialgerichts wird aufgehoben. Die Sache wird an das Bundessozialgericht zurckverwiesen.
- Die Bundesrepublik Deutschland hat dem Beschwerdefhrer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
Grnde:
A.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob Personen, die bei In-Kraft-Treten des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) keinen die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung begrndenden Tatbestand erfllten, generell von dieser Versicherung ausgeschlossen werden durften.
I.
1. Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedrftigkeit (Pflege-Versicherungsgesetz - PflegeVG) vom 26. Mai 1994 (BGBl I S. 1014) die rechtliche Grundlage fr eine Versicherung geschaffen, die rund 98 % der Bevlkerung umfasst. Es ist dem Sozialgesetzbuch als Elftes Buch (SGB XI) angefgt worden (vgl. Art. 1 PflegeVG).
a) Die nach dem SGB XI versicherten Personen sind entweder als Mitglieder oder Familienversicherte kraft Gesetzes in die als rechtsfhige Krperschaften des ffentlichen Rechts organisierten Pflegekassen einbezogen (soziale Pflegeversicherung) oder gesetzlich verpflichtet, als Versicherungsnehmer einen privaten Pflegeversicherungsvertrag fr sich und ihre Angehrigen bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen abzuschlieen (private Pflege-Pflichtversicherung). Beide Versicherungsformen stellen zusammen die gesetzliche Pflegeversicherung dar (vgl. nher Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 3. April 2001 - 1 BvR 2014/95 -, Umdruck S. 2ff.).
b) Ein freiwilliger Beitritt zur Pflegeversicherung ist nicht vorgesehen. Eine freiwillige Versicherung gibt es nur in der sozialen Pflegeversicherung und dort nur als freiwillige Weiterversicherung nach 26 SGB XI.
aa) Die Weiterversicherung betrifft zum einen Personen, die wegen der Verlegung ihres Wohnsitzes oder gewhnlichen Aufenthalts ins Ausland aus der Versicherungspflicht ausscheiden (26 Abs. 2 SGB XI). Hierbei handelt es sich um eine beitragsermigte Versicherung zur Aufrechterhaltung der Anwartschaft fr den Fall der Rckkehr in das Inland. Die Anwartschaftserhaltung dient dazu, nach der Rckkehr aus dem Ausland sofortigen Versicherungsschutz zu erhalten, ohne eine erneute Vorversicherungszeit (33 SGB XI) zurcklegen zu mssen.
bb) Daneben besteht die Mglichkeit einer freiwilligen Weiterversicherung, wenn die Pflichtmitgliedschaft oder die Familienversicherung in der sozialen Pflegeversicherung erlischt und auch keine Pflicht zum Abschluss eines privaten Pflegeversicherungsvertrages nach 23 SGB XI besteht (26 Abs. 1 SGB XI). 26 Abs. 1 Satz 1 SGB XI betrifft nur Personen, die zunchst ber einen Krankenversicherungsschutz verfgten oder einen der Tatbestnde des 21 SGB XI erfllten, jedoch zu einem spteren Zeitpunkt keinen Krankenversicherungsschutz mehr haben und auch nicht nach 21 SGB XI versicherungspflichtig sind, aber gleichwohl den Pflegeversicherungsschutz aufrechterhalten wollen. 26 Abs. 1 Satz 2 SGB XI regelt die freiwillige Weiterversicherung von Personen, die nach 25 SGB XI und nach 110 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe f und Abs. 3 Nr. 6 SGB XI familienversichert sind, wenn die Familienversicherung endet, ohne dass ein neuer Krankenversicherungsschutz begrndet wird.
c) Versicherungsfrei sind danach Personen, die ber keinen Krankenversicherungsschutz verfgen und auch keinen Tatbestand der Versicherungspflicht nach 21, 23 Abs. 3 und 4, 24 SGB XI erfllen. Weiter sind versicherungsfrei die privat Krankenversicherten, die Beamten und die beamtenhnlich versorgten Personen, die sich bereits bei In-Kraft-Treten des SGB XI auf nicht absehbare Dauer in stationrer Pflege befanden und bereits Pflegeleistungen aufgrund bestimmter Gesetze wie beispielsweise des Bundesversorgungsgesetzes erhalten, sofern sie auch keine Familienangehrigen haben, fr die in der sozialen Pflegeversicherung nach 25 SGB XI eine Familienversicherung bestnde (23 Abs. 5 SGB XI).
Eine der Versicherungsfreiheit nahezu gleiche Rechtslage stellt 56 Abs. 4 SGB XI her. Nicht versicherungsfrei, aber auf Antrag beitrags- und leistungsfrei sind nach dieser Vorschrift diejenigen bei In-Kraft-Treten des Pflege-Versicherungsgesetzes bereits dauerhaft stationr pflegebedrftigen Versicherten in der sozialen Pflegeversicherung, die wie die in 23 Abs. 5 SGB XI genannten Personen ber entsprechende Ansprche nach den dort genannten Vorschriften verfgen und keine Familienangehrigen haben, fr die eine Familienversicherung nach 25 SGB XI besteht. hnliches gilt fr 34 Abs. 1 Nr. 2 SGB XI.
2. Die rund 2 % der Bevlkerung, die weder in der sozialen noch in der privaten Pflegeversicherung versichert sind, teilen sich in zwei unterschiedlich groe Gruppen auf.
a) Eine Gruppe von rund 1,8 % der Bevlkerung verfgt ber keinen Krankenversicherungsschutz, ist jedoch bei einem Sozialleistungstrger erfasst, der die Kosten im Falle einer Krankheit bernimmt. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Sozialhilfeempfnger, die nach 37 BSHG Anspruch auf Krankenhilfe haben. Zwar sieht Art. 28 des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz; im Folgenden: GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I S. 2266) vor, dass Personen, die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz erhalten, in die Versicherungspflicht nach 5 Abs. 1 SGB V in Zukunft einbezogen werden. Bislang fehlt jedoch das nach Art. 28 Abs. 2 GSG erforderliche Ausfhrungsgesetz.
b) Nicht versicherungspflichtig sind ferner etwa 150.000 Personen (0,2 % der Bevlkerung), die keinen Versicherungsschutz gegen das Risiko Krankheit vorweisen knnen und auch bei keinem der Sozialleistungstrger erfasst sind. Wenn dieser Personenkreis pflegebedrftig wird, muss er, soweit er finanziell leistungsfhig ist, grundstzlich eigenes Einkommen und Vermgen einsetzen, bevor er Pflegeleistungen vom Sozialhilfetrger beanspruchen kann. Hilfe zur Pflege steht ihm zudem nur dann zu, wenn er nicht die erforderliche Hilfe von anderen, insbesondere von Angehrigen, erhlt (2 Abs. 1 BSHG). Das SGB XI sieht fr diese rund 150.000 Personen keine Mglichkeit vor, freiwillig Mitglied einer Pflegekasse zu werden. Auch haben sie keinen Anspruch gegen private Krankenversicherungsunternehmen auf Abschluss eines Pflegeversicherungsvertrages.
II.
1. Der im Jahre 1920 geborene Beschwerdefhrer ist aufgrund eines im Kindesalter erlittenen Unfalls geistig und krperlich behindert. Der nach dem Schwerbehindertengesetz festgestellte Grad der Behinderung betrgt 100. Bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres war er in der gesetzlichen Krankenversicherung als Familienangehriger mitversichert. Seither ist er weder gesetzlich noch privat krankenversichert. Seinen Lebensunterhalt und die bei Krankheit anfallenden Kosten bestreitet er aus den Ertrgen eines Mietshauses, das ihm von seinen Eltern hinterlassen wurde. Er ist nicht verheiratet. Fr ihn ist ein Betreuer bestellt.
Im November 1994 beantragte er, Mitglied der Pflegekasse bei der AOK zu werden. Dies wurde abgelehnt. Auch im Gerichtsverfahren blieb der Beschwerdefhrer mit seinem Begehren erfolglos. Das Bundessozialgericht hat festgestellt, dass er nach keiner der Vorschriften des SGB XI und des bergangsrechts des Pflege-Versicherungsgesetzes in die soziale Pflegeversicherung als Versicherter einbezogen ist. Dies sei verfassungsgem.
a) Zwar rechne die Frsorge fr Hilfsbedrftige zu den selbstverstndlichen Pflichten des Sozialstaates. Insbesondere gehre dazu auch, eine angemessene Betreuung zu frdern. Der Gesetzgeber komme aber seiner Pflicht, die Mindestvoraussetzungen fr ein menschenwrdiges Dasein zu sichern, bereits durch die Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz nach. Aus dem Sozialstaatsprinzip ergebe sich kein Anspruch des Brgers auf Zugang zu einer Versicherung gegen Lebensrisiken.
b) Auch der allgemeine Gleichheitssatz sei nicht verletzt. Es sei wegen der Art der abgesicherten Risiken sachgerecht, dass der Gesetzgeber die Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung an einen bestehenden Krankenversicherungs- und Krankenversorgungsschutz knpfe. Die Risiken seien sowohl hinsichtlich des Zeitpunkts der zu erwartenden hchsten Belastung als auch des Umfangs der mglichen Kosten vergleichbar. Lnger andauernde, schwere Erkrankungen und Pflegebedrftigkeit trten regelmig erst im hheren Alter auf. Sowohl die fr Krankheit als auch die fr Pflege aufzuwendenden Kosten knnten ein Vermgen aufzehren, dessen Ertrge blicherweise fr den Lebensunterhalt ausreichten. Allerdings sei das Versicherungsrisiko "Krankheit" eindeutig das wirtschaftlich bedeutsamere Risiko, was sich auch an der Hhe der Versicherungsbeitrge ablesen lasse. Sollten solche Personen zwangsweise in die Pflegeversicherung einbezogen werden, die nicht einmal fr den Fall der Krankheit gesichert seien, knnte dem Gesetzgeber entgegengehalten werden, er ordne unter Verletzung des Art. 2 Abs. 1 GG eine Versicherung gegen das insgesamt geringere Risiko der Pflegebedrftigkeit an, obwohl er einen Bedarf an einer gesetzlichen Absicherung gegen das hhere Risiko der Krankheit nicht anerkannt habe.
Gegen die Beschrnkung der Versicherungspflicht im SGB XI spreche nicht, dass der Gesetzgeber diese zumindest in einem Fall auch auf eine Personengruppe erstreckt habe, die weder krankenversichert sei noch einen anderweitigen Anspruch auf Krankenversorgung habe. Soweit nach 21 Nr. 2 SGB XI auch diejenigen in die Versicherungspflicht einbezogen seien, die eine Kriegsschadenrente nur als Entschdigungsrente erhielten und die als solche keinen Anspruch auf Krankenversorgung htten, werde dies sachlich gerechtfertigt durch die Absicht, alle Bezieher einer besonderen staatlichen Untersttzung gleichzubehandeln. Im brigen handele es sich nur um einen sehr kleinen Personenkreis. Eine Verletzung des Gleichheitsgrundrechts des Beschwerdefhrers sei weiter nicht daraus herzuleiten, dass sich nach 23 Abs. 3 SGB XI auch nicht krankenversicherte Beamte in der privaten Pflegeversicherung versichern knnten und mssten. Dabei knne offen bleiben, ob die Versicherungspflicht bei Beamten an die neben dem Beihilfeanspruch bestehende Krankenversicherung oder nur an den Beihilfeanspruch selbst anknpfe. Auch im letzteren Fall liege keine sachwidrige Ungleichbehandlung vor, weil der Beamte aufgrund des Beihilfeanspruchs auch schon bisher Anspruch auf Leistungen wegen Pflegebedrftigkeit gehabt habe. Auch die in Art. 28 Abs. 1 GSG vorgesehene Krankenversicherungspflicht fr Empfnger von Hilfe zum Lebensunterhalt sei hier schon deswegen unerheblich, weil sie noch nicht wirksam geworden sei; es fehle noch an dem nach Art. 28 Abs. 2 GSG erforderlichen Ausfhrungsgesetz. Aber selbst wenn der Gesetzgeber hilfebedrftige Personen bereits in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen htte, ergbe sich daraus nicht ohne weiteres, dass andere, nicht hilfebedrftige Personen ebenfalls in die Pflegeversicherung einzubeziehen seien. Wenn der Gesetzgeber eine Versicherungspflicht nicht fr alle begrndet habe, bei denen das Risiko der Pflegebedrftigkeit bereits eingetreten oder die Absicherung bei einem privaten Versicherungsunternehmen nicht mehr mglich ist, sei dies gerechtfertigt, weil dieser Personenkreis mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht festzustellen und deshalb die Versicherungspflicht nicht durchsetzbar gewesen sei.
c) Der Gesetzgeber habe auch nicht von Verfassungs wegen ein freiwilliges Beitrittsrecht zur sozialen Pflegeversicherung von Personen begrnden mssen, die nicht krankenversichert sind. Denn er habe damit rechnen mssen, dass nur solche Personen ihren Beitritt erklrt htten, bei denen entweder der Versicherungsfall bereits eingetreten oder absehbar gewesen wre. Von den anderen Berechtigten wre ein Beitritt nicht zu erwarten gewesen, weil sie sich bisher nicht einmal gegen das hhere Risiko der Krankheit versichert htten. Damit htte der Gesetzgeber durch ein allgemeines Beitrittsrecht die Versicherungspflichtigen, die nach anderen risikounabhngigen Merkmalen ausgewhlt worden seien, allein mit den "Risikofllen" der bisher nicht versicherten Gruppe belastet. Dies habe er vermeiden drfen. Im brigen htte der Beschwerdefhrer jedenfalls von Juli 1975 bis Juni 1976 trotz seines Alters von damals 55 Jahren der gesetzlichen Krankenversicherung beitreten knnen; er wre dann ab 1995 in den Schutz der Pflegeversicherung gelangt. Der Beschwerdefhrer msse es sich zurechnen lassen, dass es sein damaliger Vormund unterlassen habe, den Beitritt zu erklren.
2. Der Beschwerdefhrer rgt mit seiner Verfassungsbeschwerde eine Verletzung von Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 GG. Er werde gegenber einem Beamten, der neben seinem Beihilfeanspruch keinen zustzlichen Krankenversicherungsschutz habe, sachwidrig ungleich behandelt; dieser werde im Unterschied zu ihm in die Pflegeversicherung einbezogen. Aufgrund des Umstandes, dass die Pflegeversicherung als Volksversicherung ausgestaltet sei, msse allen der Zugang zur Pflegeversicherung erffnet werden. Durch nichts sei belegt, dass nur schlechte Risiken von einem Beitrittsrecht Gebrauch machen wrden. Das Verhalten frherer Vormnder drfe fr ihn nicht nachteilig sein; immerhin sei es vom Amtsgericht nicht beanstandet worden. Auch werde die noch von seinen Eltern getroffene private Vorsorge diskreditiert. Htten sie nicht vorgesorgt, wrde er der Sozialhilfe zur Last fallen.
III.
Zu der Verfassungsbeschwerde haben das Bundesministerium fr Gesundheit namens der Bundesregierung, die Spitzenverbnde der gesetzlichen Krankenversicherung, der Verband der privaten Krankenversicherung und der Deutsche Juristinnenbund Stellung genommen. Gegenstand der mndlichen Verhandlung waren deren Ausfhrungen sowie die des Beschwerdefhrers.
1. Das Bundesministerium hlt die Regelungen ber den Zugang zur Pflegeversicherung fr verfassungsgem. Aus Art. 3 Abs. 1 GG folge nicht die Pflicht des Gesetzgebers, ausnahmslos die gesamte Bevlkerung in die Pflegeversicherung einzubeziehen. Der Ausschluss eines kleinen Teils der Bevlkerung sei schon durch Grnde der Verwaltungspraktikabilitt gerechtfertigt. Bei dieser Gruppe, die meist nicht erwerbsttig sei und hufig ber keine erfassbaren Einknfte verfge, wre der Beitragseinzug nur mit unverhltnismigem Verwaltungsaufwand und erheblichen Kosten mglich gewesen, die letztlich aus den Beitrgen der Versicherten htten aufgebracht werden mssen. Auch wrden die wegen Fehlens eines Krankenversicherungsschutzes von der Pflegeversicherung ausgeschlossenen Personen gegenber den anderen versicherungspflichtigen Gruppen nicht dadurch willkrlich ungleich behandelt, dass ihnen kein Beitrittsrecht eingerumt worden sei.
a) Ein Beitrittsrecht der bisher nicht krankenversicherten Personen, die auch keinen sonstigen besonderen Pflichtversicherungstatbestand nach dem SGB XI erfllten, zur sozialen Pflegeversicherung oder zur privaten Pflege-Pflichtversicherung sei nicht angezeigt. Derartige Beitrittsrechte knnten Selektionsprozesse zu Lasten der Solidargemeinschaft der Versicherten bewirken. Nicht nur die soziale Pflegeversicherung, sondern auch die private Pflege-Pflichtversicherung sei in gewisser Weise eine Solidargemeinschaft. Anders als in der privaten Krankenversicherung zahle in der Pflege-Pflichtversicherung der Versicherte eine Prmie nicht nur in der Hhe, die ausreiche, um sein individuelles Pflegekostenrisiko sowie den vereinbarten Leistungsumfang des Versicherungsschutzes bis ins Alter hinein zu finanzieren. Die Prmien umfassten vielmehr in erheblichem Umfang auch Umlageelemente zur Finanzierung eines sozialvertrglichen Versicherungsschutzes. Rumte man den nicht Krankenversicherten ein zeitlich nicht eingeschrnktes Beitrittsrecht zur sozialen Pflegeversicherung oder zur privaten Pflege-Pflichtversicherung ein, so wre es ihnen mglich, den Zeitpunkt abzuwarten, ab dem das Risiko der Pflege grer werde, um erst dann Beitrge zur Pflegeversicherung zu bezahlen. Dadurch wrde die Solidargemeinschaft ausgenutzt.
b) Auch die Gewhrung eines einmaligen, befristeten Beitrittsrechts nach In-Kraft-Treten des SGB XI htte zu einer einseitigen Risikoselektion zu Lasten der Solidargemeinschaft der Versicherten gefhrt. Nur diejenigen htten davon Gebrauch gemacht, die sich als ltere oder Vorerkrankte davon einen Vorteil versprochen htten; andere Beitragszahler wren hingegen ferngeblieben. Im brigen sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass Personen, die es bislang nicht fr notwendig gehalten htten, sich gegen das Risiko der Krankheit abzusichern, auch nicht daran interessiert sein drften, ein Beitrittsrecht zur Pflegeversicherung zu erhalten. Das Krankheitsrisiko msse im Verhltnis zum Risiko der Pflegebedrftigkeit als das grere und aktuellere Risiko angesehen werden.
2. Der Verband der Angestellten-Krankenkassen und der Arbeiter-Ersatzkassen-Verband schlieen sich dem mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Urteil des Bundessozialgerichts an.
3. Nach Auffassung des Deutschen Juristinnenbundes lsst sich der Ausschluss von Personen aus der sozialen und der privaten Pflegeversicherung, die ohne Krankenversicherungsschutz seien, sachlich nicht rechtfertigen. Im SGB XI fehlten Regelungen, die auch nicht krankenversicherten Personen, etwa im Wege der freiwilligen Versicherung, den Zugang zur Pflegeversicherung ermglichen wrden. Im Falle der Sozialhilfebedrftigkeit mssten die Sozialhilfetrger verpflichtet werden, in jedem Fall die Beitrge zur Pflegeversicherung zu bernehmen.
Wenn der Gesetzgeber, wie im Falle der Pflegeversicherung geschehen, einen vllig neuen Zweig der Sozialversicherung schaffe, der grundstzlich alle Personengruppen im Geltungsbereich des Gesetzes durch eigene Versicherung oder Mitversicherung erfasse, msse auch ein gleicher Zugang zu dem Sozialversicherungssystem gewhrleistet sein. Es bestnden jedenfalls keine Anhaltspunkte dafr, dass nicht Krankenversicherte weniger stark vom Risiko der Pflegebedrftigkeit bedroht seien als Personen mit Krankenversicherungsschutz. Hinzu komme, dass gerade viele allein erziehende Frauen, die whrend der Erziehung von Kleinkindern sozialhilfebedrftig wrden, weil sie nicht mehr oder nur in geringem Ma einer Erwerbsttigkeit nachgehen knnten, ihren bisherigen Krankenversicherungsschutz verlren. Erlangten sie nach Wiederaufnahme der Erwerbsttigkeit wieder Krankenversicherungsschutz, mssten sie nach 33 SGB XI fnf Jahre warten, bis sie (erneut) die geforderte Vorversicherungszeit erfllten. In der Zwischenzeit bestehe kein Versicherungsschutz.
B.
Die zulssige Verfassungsbeschwerde ist begrndet. Der Beschwerdefhrer ist in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Es ist zwar im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des SGB XI fr die Gruppe von Personen, zu der der Beschwerdefhrer gehrt, keine Versicherungspflicht begrndet hat (I 3). Mit Art. 3 Abs. 1 GG ist es jedoch unvereinbar, dass er diesen Personen nicht auf andere Weise als durch Anordnung einer Versicherungspflicht den Zugang zur gesetzlichen Pflegeversicherung erffnet hat (I 4).
I.
1. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Es verletzt aber das Grundrecht, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen knnten (vgl. BVerfGE 100, 59 <90>; stRspr). Bei der Regelung von Massenerscheinungen kann dem Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilitt zwar eine besondere Bedeutung fr die Rechtfertigung dort auftretender Ungleichbehandlung zukommen. Dies setzt aber voraus, dass bei einer Gleichbehandlung erhebliche verwaltungstechnische Schwierigkeiten entstehen wrden, die nicht durch einfachere, die Betroffenen weniger belastende Regelungen behoben werden knnten (vgl. BVerfGE 100, 195 <205>). Wird fr den Bereich des Sozialrechts eine Personengruppe von einer anderen Gruppen gewhrten rechtlichen Begnstigung ausgeschlossen, so hngt es wesentlich vom Gewicht der Folgen dieses Ausschlusses ab, welche Bedeutung dem Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilitt bei der Rechtfertigung der Ungleichbehandlung zukommt.
Hier geht es um den Ausschluss von einer Pflichtversicherung, die ein existenzielles Risiko absichern soll. Auch soll diese Versicherung nach den Vorstellungen des Gesetzgebers grundstzlich die gesamte Bevlkerung einbeziehen, weil Schutzbedarf bei allen besteht. Grnde der Verwaltungspraktikabilitt knnen in einem solchen Fall die Vorenthaltung des Versicherungsschutzes nur tragen, wenn der Verwaltungsaufwand schlechthin in keinem vernnftigen Verhltnis mehr zum angestrebten Ziel der Erfassung der potenziell Versicherungspflichtigen steht.
2. Die im SGB XI enthaltenen Regelungen ber die Begrndung einer Pflichtmitgliedschaft in der sozialen Pflegeversicherung und ber den Anspruch auf Abschluss eines Pflegeversicherungsvertrages in einer privaten Pflegeversicherung benachteiligen die Gruppe, zu der der Beschwerdefhrer gehrt. Da die zu dieser Gruppe gehrenden Personen im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des SGB XI weder krankenversichert waren noch einen Sondertatbestand des Gesetzes zur Begrndung einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung erfllten, sind sie im Unterschied zu allen anderen vom Zugang zu dieser ausgeschlossen. Zwar begrndet die Stellung als Versicherter oder Versicherungsnehmer eine Beitrags- oder Prmienlast. Diese Belastung tritt jedoch gegenber dem Vorteil zurck, der sich aus dem Zugang zur gesetzlichen Pflegeversicherung und dem daraus erwachsenden Anspruch auf Leistungen jedenfalls bei lteren und insbesondere bei bereits pflegebedrftigen Personen ergibt. Diese haben auch keine realistische Mglichkeit mehr, der Benachteiligung durch den Ausschluss aus der gesetzlichen Pflegeversicherung mit Hilfe des Abschlusses eines privaten Krankenversicherungsvertrages und daran anknpfend eines privaten Pflegeversicherungsvertrages auszuweichen.
3. Es ist im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG allerdings nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des SGB XI fr die Personengruppe, zu der der Beschwerdefhrer gehrt, keine Versicherungspflicht begrndet hat.
a) Verfassungsrechtlich bestehen keine Bedenken, dass der Gesetzgeber bei der Verwirklichung seines Zieles, grundstzlich die gesamte Bevlkerung gegen das Risiko der Pflegebedrftigkeit abzusichern und in diesem Sinne eine "Volksversicherung" zu schaffen, die Versicherungspflicht in der Pflegeversicherung an das Bestehen eines gesetzlichen oder privaten Krankenversicherungsschutzes geknpft hat (vgl. nher Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 3. April 2001 - 1 BvR 2014/95 -, Umdruck S. 10ff.). Aus der Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses fr Arbeit und Sozialordnung zum heutigen 21 SGB XI (vgl. BTDrucks 12/5920, S. 28f.) ergibt sich, dass der Gesetzgeber zwar in der Verfolgung seines Anliegens einer mglichst umfassenden Versicherung dem Prinzip der Einheit von Kranken- und Pflegeversicherung keine ausschlaggebende Bedeutung zugemessen hat, wenn dieses einer Ausdehnung des Versichertenkreises im Wege stand. Dabei wollte er aber den Grundsatz konsequent fortfhren, eine Versicherungspflicht nur fr diejenigen Personen zu begrnden, deren Erfassung mit einem nach seiner Einschtzung vertretbaren Verwaltungsaufwand zuverlssig mglich war. Dies folgt aus der Begrndung zum Gesetzentwurf (BTDrucks 12/5262, S. 102) und aus den Ausfhrungen im Bericht des Ausschusses (BTDrucks 12/5952, S. 37).
b) Das Ziel einer mglichst praktikablen Umsetzung des Gesetzes, die aufwendige Feststellungsverfahren zur Ermittlung der Versicherungspflichtigen vermeidet, rechtfertigt es, dass der Gesetzgeber nicht die gesamte Wohnbevlkerung in Deutschland ausnahmslos gleichbehandelt und der Versicherungspflicht unterworfen hat. Zur Schlieung der wegen der Anknpfung an die "Krankenversicherung" noch verbleibenden Lcken war es dem Gesetzgeber durch den Gleichheitssatz nicht verwehrt, eine darber hinausgehende Versicherungspflicht nach solchen Kriterien zu bestimmen, die in hnlich einfacher Weise wie das Merkmal eines vorhandenen Krankenversicherungsschutzes zu ermitteln sind. In allen Fallgruppen der Versicherungspflicht greift das Gesetz zur Meldung und berwachung der Versicherungspflichtigen auf bereits vorhandene ffentliche und private Einrichtungen und Stellen zurck (50 Abs. 1 und 2 und 51 SGB XI). Diese waren aufgrund ihrer praktischen Erfahrung und den ihnen verfgbaren Informationen und Daten in der Lage, ohne unverhltnismigen Aufwand zu gewhrleisten, dass "ihre" Versicherungspflichtigen den jeweiligen Trgern der Pflegeversicherung beziehungsweise dem Bundesversicherungsamt bekannt gegeben wurden (vgl. 50 Abs. 2 und 51 Abs. 2 SGB XI), sofern sie nicht selbst - wie in der ganz berwiegenden Zahl der Flle - Trger der Pflegeversicherung waren. Darber hinaus konnte aufgrund ihrer Daten berprft werden, ob die bei privaten Versicherungsunternehmen gegen Krankheit Versicherten ihrer rechtlichen Verpflichtung zum Abschluss und zur Aufrechterhaltung eines Pflegeversicherungsvertrages auch nachkamen (vgl. 51 Abs. 1 und 3 SGB XI). Der Gesetzgeber war nicht durch Art. 3 Abs. 1 GG gehalten, zur Verwirklichung einer lckenlosen Versicherungspflicht darber hinaus alle bisher nicht als Leistungsempfnger durch Versicherungstrger oder Sozialbehrden erfassten Personen ermitteln zu lassen. Zu diesem Kreis der nicht erfaten Personen gehrt auch der Beschwerdefhrer. Seine Nichteinbeziehung in die Versicherungspflicht ist verfasssungsrechtlich nicht zu beanstanden.
4. Art. 3 Abs. 1 GG ist aber dadurch verletzt, dass der Gesetzgeber Personen wie dem Beschwerdefhrer nicht auf andere Weise als durch die Anordnung einer Versicherungspflicht Zugang zur gesetzlichen Pflegeversicherung verschafft hat. Dies wre etwa durch die Einrumung des Rechts mglich gewesen, innerhalb einer bestimmten Frist nach In-Kraft-Treten des SGB XI freiwillig der sozialen Pflegeversicherung oder einer privaten Pflegeversicherung - dort durch Abschluss eines Versicherungsvertrages - beizutreten. Der Gesetzgeber durfte sich nicht auf die im SGB XI vorgesehenen Zugangstatbestnde beschrnken, da es jedenfalls diesen rechtlichen Weg fr die Einbeziehung in die gesetzliche Pflegeversicherung gibt, der dem von ihm angestrebten Ziel einer Volksversicherung nher kommt, und da hinreichend gewichtige Grnde diesen Weg nicht verschlieen.
a) Der Gewhrung eines Beitrittsrechts im Rahmen der bergangsrechtlichen Bestimmungen des SGB XI stnden verwaltungspraktische Schwierigkeiten nicht entgegen. Ein solches Recht zur Begrndung einer freiwilligen Versicherung innerhalb der gesetzlichen Pflegeversicherung erfordert keine Ermittlungen ber den betroffenen Personenkreis. Es ist Sache der Betroffenen, sich zu melden und entsprechende Antrge zu stellen.
b) Andere Grnde von hinreichendem Gewicht, die der Gewhrung eines Zugangs zur gesetzlichen Pflegeversicherung entgegengesetzt werden knnten, sind nicht ersichtlich.
aa) Der Gesetzgeber kann sich zur Rechtfertigung seiner Regelung nicht darauf berufen, von dem Recht einer freiwilligen Versicherung htten vornehmlich Personen Gebrauch gemacht, die schon pflegebedrftig gewesen seien oder bei denen die Gefahr bestanden habe, dass sie alsbald pflegebedrftig wrden. Selbst wenn diese Erwartung zutreffend war - gesicherte Erfahrungen gibt es in diesem Zusammenhang nicht -, so stellt die Vermeidung einer "negativen Risikoselektion" keinen sachlichen Grund fr die Benachteiligung der Gruppe dar, zu der der Beschwerdefhrer gehrt. Eine solche Entwicklung zu vermeiden, mag Regelungen in Fllen rechtfertigen, in denen eine dem solidarischen Ausgleich verpflichtete gesetzliche Pflichtversicherung nur einen Ausschnitt der Bevlkerung erfassen soll, weil nur dieser schutzbedrftig erscheint. Wird hier dem versicherungsfreien, nach Auffassung des Gesetzgebers mithin nicht schutzbedrftigen Teil der Bevlkerung die Mglichkeit einer freiwilligen Versicherung erffnet, kann es zu einem unerwnschten Zugang im Versichertenbestand kommen, insbesondere wenn sich vor allem Personen mit "hohen" Risiken zu vergleichsweise gnstigen Bedingungen versichern lassen. Im Falle der Pflegeversicherung war jedoch nach Auffassung des Gesetzgebers die gesamte Bevlkerung wegen des Pflegerisikos schutzbedrftig. So hat der Gesetzgeber gerade auch Personen mit hohem oder schon verwirklichtem Risiko der Pflegebedrftigkeit unter den sofortigen Versicherungsschutz gestellt. Die Vermeidung einer unerwnschten Risikoselektion ist daher keine Rechtfertigung fr die Benachteiligung einzelner Gruppen.
bb) Der Ausschluss vom Schutz in der gesetzlichen Pflegeversicherung lsst sich auch nicht damit begrnden, der Personenkreis, um den es hier geht, sei nicht an der Absicherung des Pflegerisikos interessiert gewesen, weil er sich nicht gegen das gewichtigere Risiko "Krankheit" versichert habe. Fr diese Einschtzung finden sich keine Belege. Sie ist bei einem so heterogenen Personenkreis wie der hier betroffenen Gruppe auch kaum belegbar, zumal die private Krankenversicherung Risikoselektion betreibt. Gleiches gilt fr die Erwgung, der nicht krankenversicherte Personenkreis msse von der gesetzlichen Pflegeversicherung ausgeschlossen bleiben, weil andernfalls die Inanspruchnahme von Rehabilitationsleistungen im Rahmen der Krankenversicherung nicht abgesichert und damit der Grundsatz "Rehabilitation vor Pflege" (vgl. 5 SGB XI) gefhrdet wre. Auch ist die Annahme nicht empirisch begrndet, ein bestehender Krankenversicherungsschutz fhre wegen der Mglichkeit der Gewhrung von Rehabilitationsleistungen zu einer nachhaltigen Entlastung der Pflegeversicherungstrger.
cc) Der Ausschluss des Beschwerdefhrers kann auch nicht mit der Begrndung vor Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt werden, sein Begehren nach Zugang zur gesetzlichen Pflegeversicherung sei nicht schutzwrdig, weil es ihm nur darum gehe, eigenes Einkommen und Vermgen bei Eintritt der Pflegebedrftigkeit zu schonen. Diese Erwgung kann keinen Unterschied zu denjenigen Personen begrnden, die im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des SGB XI krankenversichert waren und deshalb in der gesetzlichen Pflegeversicherung pflichtversichert wurden. Auch ihr Einkommen und Vermgen ist, soweit die gesetzlichen Leistungen reichen, im Versicherungsfall vor der Heranziehung zur Finanzierung des Pflegeaufwands geschtzt.
II.
1. Dem Gesetzgeber stehen mehrere Mglichkeiten zur Verfgung, den Gleichheitsversto beim Zugang zur gesetzlichen Pflegeversicherung zu beseitigen. Daher sind die vom Beschwerdefhrer angegriffenen Vorschriften nicht fr nichtig zu erklren. Die Zugangsregelungen bleiben weiterhin anwendbar.
2. Der Gesetzgeber hat bis zum 31. Dezember 2001 durch geeignete Regelungen sicherzustellen, dass der Personenkreis, zu dem der Beschwerdefhrer gehrt, der gesetzlichen Pflegeversicherung mit Wirkung zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des SGB XI beitreten kann. Fr die Ausbung des Beitrittsrechts kann er eine Frist bestimmen. Er kann den Beitritt davon abhngig machen, dass der Betroffene Beitrge oder Prmien entrichtet. Verfassungsrechtlich ist der Gesetzgeber nicht gehalten, fr den Zeitraum vor der Bekanntgabe dieses Urteils die Zahlung von Beitrgen oder Prmien und die Gewhrung von Leistungen vorzusehen. Sofern er die Leistungsgewhrung an Vorversicherungszeiten knpft, ist sicherzustellen, dass die Betroffenen nicht schlechtergestellt werden, als htte der Gesetzgeber ihnen bereits mit dem In-Kraft-Treten des SGB XI ein Beitrittsrecht eingerumt.
3. Im vorliegenden Verfahren ist nur zu entscheiden, ob Personen generell von der gesetzlichen Pflegeversicherung ausgeschlossen werden durften, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des SGB XI keinen die Versicherungspflicht begrndenden Tatbestand erfllten. Der Gesetzgeber wird jedoch auf der Grundlage dieses Urteils zu prfen haben, ob im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG ein Beitrittsrecht zur gesetzlichen Pflegeversicherung auch solchen Personen einzurumen ist, die nach dem In-Kraft-Treten des SGB XI keinen den Zugang zur gesetzlichen
Pflegeversicherung begrndenden Tatbestand erfllen und im Pflegefall keinen Anspruch auf Hilfe gegen einen Sozialleistungstrger haben.
Papier | Der Richter Khling ist aus dem Amt geschieden und daher gehindert zu unterschreiben Papier |
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