BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 2918/09 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
1. | des Herrn B..., |
2. | des Herrn B..., |
3. | des Herrn D..., |
4. | des Herrn H..., |
5. | des Herrn J..., |
6. | des Herrn R..., |
7. | des Herrn S..., |
8. | des Herrn S..., |
9. | des Herrn S..., |
10. | des Herrn V... |
Johannes-Brahms-Platz 9, 20355 Hamburg -
gegen | das Gesetz über das Berufsrecht und die Versorgung im Schornsteinfegerhandwerk (SchfHwG) vom 26. November 2008 (BGBl I S. 2242) |
hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richterin Hohmann-Dennhardt
und die Richter Gaier,
Kirchhof
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 4. Februar 2010 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die Befristung ihrer Bestellungen zu bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegern durch § 48 Satz 2 des Gesetzes über das Berufsrecht und die Versorgung im Schornsteinfegerhandwerk (Schornsteinfeger-Handwerksgesetz - SchfHwG).
1. Durch das Gesetz zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens vom 26. November 2008 (BGBl I S. 2242) wird das Berufsrecht der Schornsteinfeger grundlegend geändert und das bisherige Kehr- und Überprüfungsmonopol der Bezirksschornsteinfegermeister erheblich reduziert. Anlass für die Reform war ein Vertragsverletzungsverfahren, das die Europäische Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet und in dem sie insbesondere Verstöße gegen die Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit durch die Ausgestaltung dieses Kehr- und Überprüfungsmonopols beanstandet hatte. Artikel 1 des Gesetzes enthält das neu geschaffene Schornsteinfeger-Handwerksgesetz, das an die Stelle des bisherigen Gesetzes über das Schornsteinfegerwesen (Schornsteinfegergesetz - SchfG) treten soll. Während eines Übergangszeitraums bis Ende 2012 gelten Vorschriften des neuen Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes und solche des durch Artikel 2 des Reformgesetzes geänderten Schornsteinfegergesetzes nebeneinander. Mit Ablauf des Jahres 2012 tritt das Schornsteinfegergesetz außer Kraft und das Schornsteinfeger-Handwerksgesetz vollständig in Kraft.
Nach § 8 SchfG erlischt eine Bestellung zum Bezirksschornsteinfegermeister nur durch Rücknahme oder Widerruf, Aufhebung der Bestellung, Versetzung in den Ruhestand, Erreichen der Altersgrenze oder Tod. Die Altersgrenze beträgt 65 Jahre (§ 9 SchfG). Eine Versetzung in den Ruhestand ist für den Fall vorgesehen, dass ein Bezirksschornsteinfegermeister aus gesundheitlichen Gründen unfähig wird, die Arbeiten der Gesellen und Lehrlinge zu überwachen (§ 10 Abs. 1 SchfG). Ein Widerruf kommt unter anderem dann in Betracht, wenn die Einteilung der Kehrbezirke geändert wird (§ 11 Abs. 3 SchfG). Nach § 10 SchfHwG wird die Bestellung zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger, der ab 2013 an die Stelle des bisherigen Bezirksschornsteinfegermeisters tritt, künftig auf sieben Jahre befristet (§ 10 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG). Der Bestellung geht eine Ausschreibung voraus (§ 9 Abs. 1 SchfHwG); die Auswahl zwischen den Bewerbern hat nach deren Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu erfolgen (§ 9 Abs. 4 SchfHwG). Wiederbestellungen sind nach erneuter Ausschreibung zulässig (§ 10 Abs. 1 Satz 4 SchfHwG). Der Umfang der Tätigkeiten, die den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegern vorbehalten sind (vgl. §§ 13 ff. SchfHwG), ist gegenüber dem bisherigen Kehr- und Überprüfungsmonopol der Bezirksschornsteinfegermeister reduziert. Ein Teil der bisher vorbehaltenen Tätigkeiten wird für den Wettbewerb freigegeben, an dem sich die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger beteiligen können (vgl. § 2 Abs. 1 SchfHwG sowie die Übergangsregelung in § 2 Abs. 2 SchfHwG).
Als Übergangsregelung sieht § 48 SchfHwG vor:
Bestellungen zum Bezirksschornsteinfegermeister wandeln sich unbeschadet der §§ 8 bis 11 des Schornsteinfegergesetzes mit Ablauf des 31. Dezember 2012 in Bestellungen zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger für ihren bisherigen Bezirk um. Ist die Bestellung vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erfolgt, ist sie bis zum 31. Dezember 2014 befristet. Erfolgt die Bestellung im Zeitraum vom Inkrafttreten dieses Gesetzes bis zum 31. Dezember 2009, ist sie auf sieben Jahre befristet.
2. Die Beschwerdeführer sind Bezirksschornsteinfegermeister. Sie sind zwischen 41 und 53 Jahre alt. Ihre Meisterprüfung haben sie zwischen 1983 und 1992 abgelegt. Zu Bezirksschornsteinfegermeistern wurden sie zwischen 1988 und 2002 bestellt. Bei allen war die Berufswahl nach eigenem Bekunden bestimmt vom Wunsch nach Krisen- und Planungssicherheit.
3. Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG durch § 48 Satz 2 SchfHwG.
a) Der Entzug der Bestellung zum Bezirksschornsteinfegermeister stelle einen nicht gerechtfertigten Eingriff in ihre Berufswahlfreiheit dar. Der Beruf des Bezirksschornsteinfegermeisters nach altem Recht werde gekennzeichnet durch die Erfüllung öffentlicher Aufgaben und die Ausübung hoheitlicher Gewalt sowie durch die Aufgabenerfüllung in einem mit der Bestellung zugewiesenen Kehrbezirk, durch den ein bestimmtes gebührenfinanziertes Einkommen gesichert worden sei. Wegen der Besonderheiten des Berufsbildes sei es gerechtfertigt, unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes auf den beamtenrechtlichen Grundsatz der Ämterstabilität zurückzugreifen. Schon die Abschaffung des Berufsbildes des bisherigen Bezirksschornsteinfegermeisters zugunsten des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers stelle sich für die Beschwerdeführer als Eingriff in die Freiheit der Berufswahl dar. Künftig hänge die Zuweisung eines Kehrbezirks vom Zuschlag in einem Ausschreibungsverfahren ab. Diese objektive Berufszugangsregelung diene nicht der Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut. Es sei nicht erkennbar, dass der Staat oder seine europarechtskonforme Einbindung in die Europäische Union gefährdet würden, wenn die bisherigen Bezirksschornsteinfegermeister ihre bisherigen Kehrbezirke auch ohne vorherige Ausschreibung weiter verwalten würden. Auch hätte es ein milderes Mittel dargestellt, den bereits bestellten Bezirksschornsteinfegermeistern bis zum Erreichen der Altersgrenze ihre Kehrbezirke zu belassen und die auf diese Weise frei werdenden Kehrbezirke sukzessive nachzubesetzen. Schließlich sei der Eingriff auch unangemessen. Mit der Neuordnung zum 1. Januar 2015 werde den Betroffenen die Entscheidung über die Fortsetzung ihres Berufs aus der Hand genommen. Zu berücksichtigen sei zudem, dass einige der Beschwerdeführer ein Alter erreicht hätten, in dem der Verlust der Berufs- und Erwerbstätigkeit besonders schwer wiege.
b) § 48 SchfHwG sei auch deshalb verfassungswidrig, weil die Vorschrift unzulässig bestandskräftige Bestellungen widerrufe, ohne dass ein Widerrufsgrund vorläge. Dadurch werde der in Art. 19 Abs. 4 GG garantierte effektive Rechtsschutz in unzulässiger Weise verkürzt. Wenn man davon ausgehe, dass es für eine Aufhebung der Bestellungen durch Gesetz keines Widerrufsgrundes bedürfe, seien die für Legalenteignungen geltenden Maßstäbe anzuwenden. Die sich aus Art. 14 Abs. 3 GG ergebenden Voraussetzungen lägen aber nicht vor.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde wirft keine Fragen von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung auf. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte der Beschwerdeführer angezeigt. Die Verfassungsbeschwerde ist teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet.
1. Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG rügen, ist die Verfassungsbeschwerde mangels hinreichend substantiierter Begründung unzulässig (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Die Beschwerdeführer gehen in keiner Weise auf den Gewährleistungsgehalt dieser Vorschrift ein.
2. Für eine Verletzung der Berufsfreiheit der Beschwerdeführer ist nichts ersichtlich. Die angegriffene Regelung greift zwar in den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG ein. Dieser Eingriff ist jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
a) Die Kammer hat allerdings Zweifel, ob das Schornsteinfeger-Handwerksgesetz auf der Grundlage des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 GG als Bundesgesetz ergehen konnte. Denn der Schornsteinfeger übt ein Gewerbe aus, das in der Regel lokale oder regionale Arbeitsbereiche bildet, so dass - anders als bei Berufen, welche landesüberschreitende Aufgaben in bundesweiten Infrastrukturen wahrnehmen - nicht die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit erforderlich ist und somit Regelungen von jedem Land getroffen werden können. Auch die Notwendigkeit einer Umsetzung europäischen Rechts allein verlangt keine Regelung durch den Bund; die Länder können jeweils eigenständig einer Verpflichtung zur Herstellung eines gleichen Mindestniveaus in den Regelungen nachkommen. Die Verfassungsbeschwerde gibt indessen trotz dieser Bedenken keinen Anlass zur Prüfung der Zuständigkeitsfrage, weil die Beschwerdeführer ihre Verfassungsbeschwerde insoweit nicht begründet haben. Es hätte zwar neben der Behauptung eines Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG keiner ausdrücklichen Rüge hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 GG bedurft, weil sie unter dem Aspekt der formellen Verfassungsmäßigkeit eines staatlichen Eingriffsakts ohnedies vom Gericht geprüft werden kann; die Beschwerdeführer haben aber keinerlei Tatsachen zur Begründung der Verfassungsbeschwerde nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG vorgetragen, die eine abschließende Beurteilung erlauben, ob eine Regelung durch den Bund erforderlich im Sinne des Art. 72 Abs. 2 GG gewesen ist.
b) Ein Eingriff in die Berufsfreiheit der Beschwerdeführer liegt darin, dass diese aufgrund der in § 48 Satz 2 SchfHwG ausgesprochenen Befristung ihrer Bestellungen ab dem 1. Januar 2015 die Tätigkeiten, die dann den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegern vorbehalten sind, nicht mehr ausüben dürfen, falls sie nicht nach erfolgreicher Teilnahme an einer Ausschreibung wieder bestellt werden. Dagegen liegt kein Eingriff in die Berufsfreiheit vor, soweit Tätigkeiten, die bisher den Bezirksschornsteinfegermeistern vorbehalten waren, in den Wettbewerb entlassen werden, der auch den Beschwerdeführern offen steht. Denn dagegen, dass den Beschwerdeführern durch die Neuregelung in ihrem bisherigen Berufsfeld Konkurrenz erwächst, gewährt Art. 12 Abs. 1 GG, der auf eine möglichst unreglementierte berufliche Betätigung abzielt, keinen Schutz, ebenso wenig, wie es nach der freiheitlichen Ordnung des Grundgesetzes ein subjektives verfassungskräftiges Recht auf Erhaltung des Geschäftsumfangs und die Sicherung weiterer Erwerbsmöglichkeiten gibt (vgl. BVerfGE 34, 252 <256>).
c) Der Eingriff stellt für die Beschwerdeführer eine objektive Berufszugangsregelung dar. Solche sind in der Regel nur zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut zulässig (vgl. BVerfGE 7, 377 <408>; stRspr). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
aa) Auch die Beschwerdeführer ziehen nicht in Zweifel, dass das Fortbestehen eines - wenngleich in seinem Umfang reduzierten - Katalogs von Tätigkeiten, die einem für den jeweiligen Bezirk bestellten Bezirksschornsteinfeger vorbehalten sind, aus Gründen der Betriebs- und Brandsicherheit, des Umwelt- und Klimaschutzes sowie der Energieeinsparung gerechtfertigt ist (vgl. BTDrucks 16/9237, S. 22). Damit ist aber nicht zugleich der Eingriff in die Grundrechte der Beschwerdeführer legitimiert. Deren spezifische Beeinträchtigung, nämlich der künftige Wegfall ihrer ursprünglich unbefristeten Bestellung und das damit einhergehende Erfordernis, sich in Konkurrenz mit anderen Schornsteinfegern um eine neue Bestellung zu bewerben, dient nicht den genannten Zwecken, sondern der europarechtlich motivierten Marktöffnung zum Zwecke des Wettbewerbs. Die Befristung der Bestellungen gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 und § 48 Satz 2 und 3 SchfHwG führt dazu, dass eine größere Zahl von Schornsteinfegern eine Chance auf Zugang zu der begehrten Tätigkeit hat als dies nach dem bisherigen Recht der Fall war. Damit dient die Befristung der Verwirklichung der Berufsfreiheit der bislang nicht berücksichtigten Prätendenten. Diese vergrößerte Berufsausübungsfreiheit für alle Personen, die künftig eine Chance auf Zugang zu der begehrten Tätigkeit erhalten, stellt einen Gemeinwohlbelang dar, der einen Eingriff in die Berufsfreiheit der bisherigen Monopolinhaber rechtfertigen kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. August 2002 - 1 BvR 1444/02 -, NJW 2002, S. 3460 <3461>). Da Wettbewerb notwendige Folge der Berufsfreiheit ist (vgl. BVerfGE 87, 363 <388>) und Konkurrenzschutz deshalb selbst als Nebenwirkung einer Berufsregelung so weit wie möglich vermieden werden muss (vgl. BVerfGE 11, 168 <188 f.>), kann das Ziel der Marktöffnung auch objektive Berufszugangsregelungen rechtfertigen, die ihrerseits objektive Berufszugangshindernisse für eine Vielzahl anderer Prätendenten abmildern.
bb) Der Verlust der Bestellung zum Bezirksschornsteinfeger nach Maßgabe der Übergangsregelung des § 48 Satz 2 SchfHwG zugunsten derjenigen, die die zulassungsbeschränkte Tätigkeit bislang in erlaubter Weise ausgeübt haben, genügt vor diesem Hintergrund nicht nur dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, sondern auch dem Gebot des Vertrauensschutzes (vgl. dazu BVerfGE 68, 272 <284>; 75, 246 <279>; 98, 265 <309>).
Die nähere Ausgestaltung einer Übergangsregelung ist dem Gesetzgeber überlassen (vgl. BVerfGE 21, 173 <183>; 68, 272 <287>; 98, 265 <309 f.>). Für die Überleitung bestehender Rechtslagen, Berechtigungen und Rechtsverhältnisse bleibt dem Gesetzgeber ein breiter Gestaltungsspielraum. Zwischen der sofortigen übergangslosen Inkraftsetzung des neuen Rechts und dem ungeschmälerten Fortbestand begründeter subjektiver Rechtspositionen sind vielfache Abstufungen denkbar. Der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht unterliegt nur, ob der Gesetzgeber bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe unter Berücksichtigung aller Umstände die Grenze der Zumutbarkeit überschritten hat (vgl. BVerfGE 43, 242 <288 f.>). Erforderlich ist eine Abwägung der Einzelinteressen der Betroffenen mit der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens (vgl. BVerfGE 64, 72 <84>).
Angesichts dieses Maßstabs begegnet die Übergangsregelung in § 48 Satz 2 SchfHwG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zugunsten der Beschwerdeführer ist zu berücksichtigen, dass sie überwiegend schon seit langer Zeit, im Einzelfall schon mehr als 20 Jahre, der Tätigkeit als Bezirksschornsteinfegermeister nachgehen. Zum Zeitpunkt ihrer Berufswahl hatten sie jedenfalls ganz überwiegend keinen Anlass, damit zu rechnen, dass sie ihre Tätigkeit nicht bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze würden ausüben können. Zwar hätte ihre Bestellung gemäß § 11 Abs. 3 SchfG auch dann widerrufen werden können, wenn sich die Kehrbezirkseinteilung geändert hätte. Allerdings hätten sie in einem solchen Fall begründet darauf hoffen können, bald darauf für einen anderen Bezirk neu bestellt zu werden (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 2 SchfG a.F.; Musielak/Schira/Manke, Schornsteinfegergesetz, 6. Aufl. 2003, § 11 Rn. 17). Der von ihnen gewählte Beruf war dadurch gekennzeichnet, dass er dauerhaft ein erhebliches Maß an wirtschaftlicher Sicherheit bot.
Gleichwohl war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, die in der Vergangenheit erfolgten Bestellungen hinsichtlich ihrer Dauer unangetastet zu lassen. Eine solche Verpflichtung würde seine Gestaltungsmöglichkeiten über Gebühr einschränken. Denn dann könnte er sein hinreichend legitimes Ziel, die von der Kommission als europarechtswidrig gerügten Beschränkungen des Zugangs zum Beruf des Bezirksschornsteinfegermeisters zu lockern und möglichst vielen Prätendenten die Chance einer Bestellung zu eröffnen, nur mit erheblicher Verzögerung und erst in Jahrzehnten vollständig erreichen.
Die vom Gesetzgeber gewählte Übergangszeit von mehr als sechs Jahren trägt den Interessen der Beschwerdeführer in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise Rechnung. Aufgrund des bereits im Jahr 2001 eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahrens und der dadurch ausgelösten Diskussion um die Europarechtskonformität des deutschen Kehr- und Überprüfungsmonopols bestand bereits einige Jahre vor der gesetzlichen Neuregelung Anlass, nicht uneingeschränkt auf den Fortbestand des hergebrachten Systems zu vertrauen. Nach Ablauf der Übergangsfrist des § 48 Satz 2 SchfHwG können sich die bisherigen Bezirksschornsteinfegermeister zudem um eine erneute Bestellung bewerben. Da die Auswahl zwischen den Bewerbern nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu erfolgen hat (§ 9 Abs. 4 SchfHwG), werden „Altbewerber“ in vielen Fällen realistische Aussichten haben, bei der Ausschreibung von Bezirken berücksichtigt zu werden (vgl. dazu Schira/Schwarz, Schornsteinfeger-Handwerksgesetz/Schornsteinfegergesetz, 2009, § 9 SchfHwG Rn. 31 f.). Aber auch wenn sie nicht wieder bestellt würden, stünde ihnen unabhängig davon auch nach dem 31. Dezember 2014 die Möglichkeit offen, einen nennenswerten Teil der Tätigkeiten auszuüben, die ihnen bisher ausschließlich vorbehalten waren (vgl. § 2 Abs. 1 SchfHwG). Dass sie dabei dem Wettbewerb mit anderen Anbietern ausgesetzt sein werden, ist vor Art. 12 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden, sondern entspricht gerade dem Leitbild dieses Grundrechts.
Hinzu kommt, dass § 2 Abs. 2 SchfHwG den Beschwerdeführern für eine Übergangszeit von mehr als vier Jahren den nahezu ausschließlichen Zugriff auf die Tätigkeiten sichert, die ab 2013 in den Wettbewerb entlassen werden und dann allen Schornsteinfegerbetrieben offen stehen. Außerdem sind sie seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens vom bisherigen Nebentätigkeitsverbot nach § 14 SchfG a.F. befreit, wenngleich mit gewissen Einschränkungen (vgl. § 12 Abs. 2 SchfG). Das eröffnet ihnen für die Übergangszeit ein größeres Maß an Freiheit, als ihnen bisher zustand. Zugleich ermöglicht es ihnen, sich neue Tätigkeitsfelder zu erschließen, die ihnen unabhängig von einer etwaigen Neubestellung offen stehen können.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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