BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 176/23 -
- 1 BvR 178/23 -
In den Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerden
I. |
1. der (…)-e.V., | |
2. |
des Herrn (…), | |
3. |
des Herrn (…), | |
4. |
des Herrn (…), |
- Bevollmächtigter:
- (…) -
gegen |
§ 100a Absatz 1 Satz 2 und Absatz 3, 5 und 6, § 100b Absatz 1 und § 100d Absatz 5 Strafprozessordnung |
- 1 BvR 176/23 -,
II. |
1. des Herrn (…), | |
2. |
der Frau (…), | |
3. |
des Herrn (…), | |
4. |
des Herrn (…), | |
5. |
des Herrn (…), | |
6. |
des Herrn (…), | |
7. |
der Frau (…), | |
8. |
der Frau (…), | |
9. |
des Herrn (…), | |
10. |
des Herrn (…), | |
11. |
der Frau (…), | |
12. |
des Herrn (…), | |
13. |
der Frau (…), | |
14. |
des Herrn (…), |
- Bevollmächtigter:
- (…) -
gegen |
a) |
die Neuregelung des § 100a Absatz 1 Satz 2 Strafprozessordnung in Verbindung mit § 100a Absatz 2 Strafprozessordnung in der Fassung des Gesetzes zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17. August 2017 (Bundesgesetzblatt I Seite 3202), in Kraft getreten am 24. August 2017, soweit sie für die Katalogtaten des § 100a Absatz 2 Strafprozessordung die Ermächtigung umfasst, zur Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation mit technischen Mitteln in von dem Betroffenen genutzte informationstechnische Systeme einzugreifen, |
b) |
die Neuregelung des § 100a Absatz 1 Satz 2, Absatz 4 und 5 Strafprozessordnung in der Fassung des Gesetzes zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17. August 2017 (Bundesgesetzblatt I Seite 3202), in Kraft getreten am 24. August 2017, soweit sie die Ermächtigung umfasst, zur Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation mit technischen Mitteln in von dem Betroffenen genutzte informationstechnische Systeme einzugreifen, |
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c) |
die Neuregelung des § 100d Absatz 1 Satz 2 Strafprozessordnung in Verbindung mit § 100a Absatz 1 Satz 2 Strafprozessordnung in der Fassung des Gesetzes zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17. August 2017 (Bundesgesetzblatt I Seite 3202), in Kraft getreten am 24. August 2017, soweit durch sie der Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung bei der Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation durch Eingriff mit technischen Mitteln in von dem Betroffenen genutzte informationstechnische Systeme geregelt wird, |
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d) |
den in § 48 Bundesdatenschutzgesetz vom 30. Juni 2017 (Bundesgesetzblatt I Seite 2097) in Kraft getreten am 25. Mai 2018 geregelten Schutz personenbezogener Daten besonderer Kategorien (Kernbereich privater Lebensgestaltung), |
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e) |
die in § 49 Bundesdatenschutzgesetz vom 30. Juni 2017 (Bundesgesetzblatt I Seite 2097) in Kraft getreten am 25. Mai 2018 geregelten Voraussetzungen für die Zweckänderungen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten |
- 1 BvR 178/23 -
hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richterin Ott
und die Richter Radtke,
Wolff
am 17. April 2023 beschlossen:
- Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.
G r ü n d e:
Gegenstand der Verfassungsbeschwerden sind insbesondere die mit Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17. August 2017 (BGBl I S. 3202) neu eingeführten und am 24. August 2017 in Kraft getretenen strafprozessualen Befugnisse zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung (§ 100a Abs. 1 Satz 2 und 3 StPO) und – nur die Beschwerdeführer zu I. – zur Online-Durchsuchung (§ 100b StPO). Die Beschwerdeführenden zu II. wenden sich darüber hinaus gegen die am 25. Mai 2018 in Kraft getretenen §§ 48, 49 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) vom 30. Juni 2017 (BGBl I 2097).
Die Verfassungsbeschwerden sind nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie sind bereits unzulässig, weil die Beschwerdeführenden nicht die Möglichkeit aufgezeigt haben, in eigenen Grundrechten verletzt zu sein.
1. Soweit die Beschwerdeführenden eine Verletzung von Grundrechten in ihrer Abwehrdimension rügen, haben sie ihre Selbstbetroffenheit durch die angegriffenen Rechtsnormen nicht in einer den § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Weise aufgezeigt (vgl. dazu BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 26. April 2022 - 1 BvR 1619/17 -, Rn. 98 – BayVSG; Beschluss des Ersten Senats vom 9. Dezember 2022 - 1 BvR 1345/21-, Rn. 44 – Polizeiliche Befugnisse nach SOG MV).
2. Soweit die Beschwerdeführer zu I. darüber hinaus rügen, die in § 100a Abs. 1 Satz 2 und 3, § 100b StPO geschaffenen Befugnisse zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung und Online-Durchsuchung verletzten die staatliche Pflicht zum Schutz der Integrität und Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme, legen sie die Möglichkeit einer Schutzpflichtverletzung nicht hinreichend dar.
Im Falle der Behauptung einer gesetzgeberischen Schutzpflichtverletzung ergeben sich spezifische Darlegungslasten dahingehend, dass über den Vortrag angeblicher Unzulänglichkeiten der Rechtslage hinaus der gesetzliche Regelungszusammenhang insgesamt erfasst sein muss, wozu – je nach Fallgestaltung – zumindest gehört, dass die einschlägigen Regelungen des als unzureichend beanstandeten Normkomplexes jedenfalls in Grundzügen dargestellt werden und begründet wird, warum vom Versagen der gesetzgeberischen Konzeption ausgegangen wird (vgl. BVerfGE 158, 170 <191 f. Rn. 51> – IT-Sicherheitslücken; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 26. April 2022 - 1 BvR 1619/17 -, Rn. 111).
Diesen Darlegungsanforderungen genügt die Verfassungsbeschwerde nicht. Die Beschwerdeführer befassen sich nicht mit bestehenden Regelungen zum Schutz informationstechnischer Systeme, die hier grundrechtsschützende Wirkung entfalten könnten. Sie hätten insbesondere näher auf § 500 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 67 BDSG eingehen müssen, wonach möglicherweise auch beim Offenhalten einer Sicherheitslücke eine Datenschutz-Folgenabschätzung vorzunehmen ist (vgl. dazu BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 9. Dezember 2022 - 1 BvR 1345/21 -, Rn. 67).
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Ott | Radtke | Wolff | |||||||||