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BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 1014/21 -
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn (…), |
gegen |
den Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 2. März 2021 - 1 Reha Ws 31/20 - |
hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richterinnen Kessal-Wulf,
Wallrabenstein
und den Richter Offenloch
am 31. Juli 2023 einstimmig beschlossen:
- Der Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 2. März 2021 - 1 Reha Ws 31/20 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes.
- Der Beschluss wird aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht Dresden zurückverwiesen.
- Der Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 3. Mai 2021 - 1 Reha Ws 31/20 - ist gegenstandslos.
- Der Freistaat Sachsen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
G r ü n d e :
A.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf Rehabilitierung wegen seiner Unterbringung in einem Spezialkinderheim und einem Jugendwerkhof in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (nachfolgend: DDR) nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG).
I.
Seinen Angaben zufolge wuchs der im Jahr 1953 geborene Beschwerdeführer in der DDR in schwierigen Familienverhältnissen auf. Bis zum Tod der Mutter im Jahr 1965 wurde der Beschwerdeführer von seiner Großmutter erzogen. Daraufhin wurde für den Beschwerdeführer durch (nicht mehr auffindbare) Verfügung des Rates des Kreises F. vom 28. Juni 1965 Heimerziehung angeordnet und der Beschwerdeführer vom 31. August 1965 bis zum 31. August 1967 in dem Spezialkinderheim S. untergebracht. Dort wurde er nach eigenen Angaben körperlich misshandelt und zu schwerer Arbeit in der Landwirtschaft gezwungen.
Von September 1967 bis September 1969 hielt sich der Beschwerdeführer in einem Normalkinderheim (M.) und sodann von September 1969 bis (wohl) Mai 1970 in einem Jugendwohnheim (D. – C-Straße) auf.
Von Mai 1970 bis April 1971 war er im Jugendwerkhof Sch. untergebracht, wo dem Beschwerdeführer zufolge ähnlich schwierige Lebensbedingungen wie in dem Spezialkinderheim herrschten.
II.
Im August 2019 beantragte der Beschwerdeführer beim Landgericht Dresden (nachfolgend: Landgericht), ihn unter anderem wegen seiner Aufenthalte in dem Spezialkinderheim S. (August 1965 bis August 1967) und in dem Jugendwerkhof Sch. (Mai 1970 bis April 1971) zu rehabilitieren.
1. Mit hier nicht angegriffenem Beschluss vom 12. Oktober 2020 wies das Landgericht den Antrag des Beschwerdeführers, „ihn hinsichtlich der Einweisung durch den Rat des Kreises F. – Jugendhilfeausschuss – in verschiedene Kinderheimen im Zeitraum von August 1965 bis 1970 zu rehabilitieren“, als unbegründet zurück.
Bei den in Frage kommenden Archiven habe lediglich ein Beschluss des Jugendhilfeausschusses des Rates des Kreises F. vom 21. November 1969 ermittelt werden können. Mit diesem Beschluss sei die (nicht mehr auffindbare) Verfügung des Rates des Kreises F. vom 28. Juni 1965 ersetzt und erneut Heimerziehung für den Beschwerdeführer angeordnet worden. Weiter werde dort ausgeführt, Grund für die Einweisung im Jahr 1965 seien Erziehungsschwierigkeiten, ungenügende Lernbereitschaft und Schulbummelei gewesen.
Der Beschwerdeführer sei mit Strafurteilen des Kreisgerichts F. vom 23. Januar 1973 wegen Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch „asoziales Verhalten“ sowie wegen mehrfachen Diebstahls „zum Nachteil sozialistischen und persönlichen Eigentums“ zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden. Dem Sachverhalt des Strafurteils sei zu entnehmen, dass der damals 19-jährige Beschwerdeführer eine sehr ungünstige Entwicklung genommen habe. Bereits während der Schulzeit sei er wegen Schulbummelei und Straftaten in ein Spezialkinderheim, sodann in ein Normalkinder- und weiter in ein Jugendwohnheim, von dort aus in einen Jugendwerkhof eingewiesen worden.
Weiter führte das Landgericht aus, die Heimeinweisungen des Beschwerdeführers seien nicht aus sachfremden Zwecken, sondern angesichts seiner Erziehungsschwierigkeiten und ungenügenden Lernbereitschaft aus rein fürsorgerischen Gründen erfolgt. Zudem sei seine Mutter mit den Einweisungen einverstanden gewesen und der Beschwerdeführer zwischendurch wegen Verhaltensverbesserung von dem Spezialkinderheim in ein Normalkinderheim verlegt worden.
Auch die Regelvermutung des § 10 Abs. 3 StrRehaG bedinge keine andere Entscheidung. Diese sei durch die Gründe des Beschlusses des Jugendhilfeausschusses und die Feststellungen des Strafurteils widerlegt. Anhaltspunkte für eine politisch motivierte Einweisung lägen nicht vor.
2. Die gegen den landgerichtlichen Beschluss gerichtete Beschwerde verwarf das Oberlandesgericht Dresden mit hier ausschließlich angegriffenem Beschluss vom 2. März 2021 „aus den zutreffenden (…) Gründen der angefochtenen Entscheidung“.
Das Landgericht habe gestützt auf den Beschluss des Jugendhilfeausschusses vom 21. November 1969 und die Feststellungen aus dem Strafurteil vom 23. Januar 1973 zutreffend dargelegt, dass die Anordnung der Heimerziehung aus rein fürsorgerischen Gründen erfolgt sei und namentlich die für die Unterbringung im Spezialkinderheim beziehungsweise Jugendwerkhof geltende Vermutung des § 10 Abs. 3 StrRehaG nicht greife. Insbesondere lasse die zwischenzeitliche Verlegung des Beschwerdeführers in ein Normalkinder- beziehungsweise Jugendwohnheim erkennen, dass die damalige Jugendhilfe bestrebt gewesen sei, Verbesserungen in der Erziehungssituation Rechnung zu tragen. Daher sei davon auszugehen, dass die ausweislich der Heimkarteikarte danach erneut zu verzeichnende Arbeitsbummelei sowie das Fernbleiben des Beschwerdeführers vom Jugendwohnheim eine Intensität erreicht hätten, die die daraufhin erfolgte Unterbringung in einem Jugendwerkhof nicht als rechtsstaatswidrig erscheinen lasse.
3. Mit seiner darauffolgenden Anhörungsrüge rügte der Beschwerdeführer unter anderem, er sei nicht zu einer Stellungnahme der Staatsanwaltschaft angehört worden. Nachdem das Oberlandesgericht Dresden dem Beschwerdeführer eine Vorlageverfügung der Staatsanwaltschaft Dresden vom 25. November 2020 sowie einen Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Dresden vom 3. Dezember 2020 mit der Möglichkeit zur Stellungnahme übersandt hatte, wies es die Anhörungsrüge mit hier nicht angegriffenem Beschluss vom 3. Mai 2021 zurück.
B.
I.
Mit – noch vor Erlass der Anhörungsrügeentscheidung – eingegangenem Schriftsatz hat der anwaltlich nicht vertretene Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde erhoben. Er wendet sich gegen die Ablehnung seiner Rehabilitierung wegen der Unterbringung in dem Spezialkinderheim S. und in dem Jugendwerkhof Sch. und rügt eine Verletzung des Willkürverbots sowie des Gleichbehandlungsgebots, seines Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz, auf rechtliches Gehör und auf den gesetzlichen Richter.
1. Die Entscheidung des Landgerichts verstoße gegen das Willkürverbot. Willkür liege vor, wenn durch ein Fachgericht eine krasse Missdeutung einer Norm vorgenommen werde, durch die ein gesetzgeberisches Anliegen grundlegend verfehlt werde.
Mit Einführung der Vermutungsregel des § 10 Abs. 3 Satz 1 StrRehaG habe der Gesetzgeber den in dem Bericht „Aufarbeitung der Heimerziehung in der DDR“ aus dem Jahr 2012 und anderen wissenschaftlichen Publikationen dargestellten wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung tragen wollen. Demzufolge sei es in Spezialheimen häufig zu Zwang und Gewalt, Menschenrechtsverletzungen und entwürdigenden Strafen gekommen. Auch seien den DDR-Behörden die Zustände in den Heimen bekannt gewesen. Dass der Gesetzgeber auf diese Erkenntnisse abstelle, ergebe sich aus der Begründung zum maßgeblichen Gesetzentwurf des federführenden Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (BTDrucks 19/14427 S. 28).
Die Vermutungsregel des § 10 Abs. 3 Satz 1 StrRehaG werde seitens des Oberlandesgerichts Dresden willkürlich als entkräftet angesehen. Die Gründe „Erziehungsschwierigkeiten“ und „ungenügende Lernbereitschaft“ seien dafür nicht ausreichend. Denn die Vermutungsregel sei vor dem Hintergrund der vom Gesetzgeber anerkannten menschenrechtswidrigen Bedingungen in den Spezialheimen auszulegen. Begründungen wie „Erziehungsschwierigkeiten“ und „ungenügende Lernbereitschaft“ ließen sich in den allermeisten Fällen von Spezialheimeinweisungen in den Akten finden. So würde die Vermutungsregel nur denjenigen zugutekommen, bei denen lediglich der Heimaufenthalt an sich, nicht jedoch sonstige Heimunterlagen ermittelt werden könnten. Dadurch würde der Gesetzeszweck unterlaufen. Die Vermutung sei erst widerlegt, wenn das Gericht nachweise, dass in dem Spezialheim ausnahmsweise eine am Kindeswohl orientierte und repressionsarme Erziehung stattgefunden habe. Überdies diene die Vermutungsregel auch dazu, Nachweisschwierigkeiten auf Seiten der Betroffenen zu beseitigen. Dieser Zweck werde unterlaufen, wenn „nur noch einzelne Puzzleteile des damaligen Sachverhalts vorhanden“ seien, die das Gericht zum Nachteil des Betroffenen verwende. Zudem sei es im Sinne des § 2 Abs. 1 StrRehaG offensichtlich sachfremd, jemanden wegen schulischer Defizite in ein Spezialheim einzuweisen, wo er einer zwangsweisen und gewaltsamen Umerziehung ausgesetzt gewesen sei. Die Annahme fürsorgerischer Gründe sei mit Blick auf die Zustände in dem von ihm besuchten Spezialheim nicht vertretbar.
2. Zudem verstoße es gegen den Gleichheitssatz, dass die Fachgerichte die Regelvermutung mit Blick auf die aufgefundenen Einweisungsgründe wie „Schulbummelei“ und „Erziehungsschwierigkeiten“ als widerlegt ansähen. Betroffene, bei denen die Einweisungsgründe, also Schulbummelei und Erziehungsschwierigkeiten, aus aufgefundenen Heimunterlagen hervorgingen, deren Einweisungsanordnung aber fehle, würden mit Blick auf die aufgefundenen Einweisungsgründe nicht rehabilitiert. Erfahrungsgemäß ließen sich den Heimunterlagen jedoch immer Anhaltspunkte für derartige vermeintliche Sachgründe entnehmen. Seien bei einem Betroffenen jedoch gar keine Unterlagen vorhanden, während der Heimaufenthalt an sich feststehe, finde eine Rehabilitierung statt, obgleich die Einweisung aus denselben Gründen erfolgt sein könnte. Eine Rehabilitierung hinge mithin von dem zufälligen Umstand ab, ob die Heimunterlagen aufgefunden würden oder nicht. Standardmäßig genannte Einweisungsgründe könnten die Regelvermutung daher aus Gründen der Gleichbehandlung der Betroffenen nicht widerlegen. Andernfalls werde der Wille des Gesetzgebers, die Rehabilitierung ehemaliger Spezialheimkinder zu erleichtern, umgangen.
3. Außerdem hätten die Fachgerichte den Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt und ihm so effektiven Rechtsschutz vorenthalten. Er habe in seiner Beschwerdebegründung unter Verweis auf eine Stellungnahme des Wissenschaftlers Christian Sachse ausgeführt, dass eine Einweisung in ein Spezialheim schon kein geeignetes Mittel gewesen sei, um Erziehungsschwierigkeiten und schulische Defizite abzuwenden. Sofern die Fachgerichte diesbezüglich Zweifel gehabt haben sollten, hätten sie den Beschwerdeführer befragen und gegebenenfalls weitere Gutachten einholen müssen. Zudem hätten die Fachgerichte die Einweisungsgründe aus den Heimunterlagen unkritisch übernommen.
4. Schließlich habe ihm das Oberlandesgericht Dresden rechtliches Gehör versagt. Es habe ihm nicht die Möglichkeit gegeben, zu der Einschätzung der Staatsanwaltschaft Stellung zu nehmen. Zudem habe das Oberlandesgericht Dresden seinen Vortrag dazu, dass Spezialheime gänzlich ungeeignet gewesen seien, um Lernrückstände aufzuholen, ignoriert. Auch gingen die Fachgerichte nicht darauf ein, dass er die Erziehungsschwierigkeiten, Schulbummelei und ungenügende Lernbereitschaft in einer Stellungnahme vom 7. Januar 2020 bestritten habe. Gleiches gelte, soweit er sich in seiner Beschwerdebegründung ausführlich auf die Unverhältnismäßigkeit der Heimeinweisung aufgrund der menschenverachtenden Zustände in den Heimen berufen habe.
II.
Nach Erlass der Anhörungsrügeentscheidung durch das Oberlandesgericht Dresden hat der Beschwerdeführer seinen Vortrag ergänzt und rügt, das Oberlandesgericht Dresden habe die Sache entgegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht dem Bundesgerichtshof vorgelegt. Er habe in seiner Stellungnahme im Rahmen des Anhörungsrügeverfahrens auf den Beschluss des Thüringer Oberlandesgerichts vom 16. November 2020 - 1 Ws Reha 6/17 - verwiesen, wonach die Vermutung des § 10 Abs. 3 StrRehaG nur durch den vollen Beweis des Gegenteils entkräftet werden könne und die Feststellung atypischer, über eine Schwer- erziehbarkeit hinausgehender Umstände voraussetze.
III.
1. Das Sächsische Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung hat von einer Stellungnahme abgesehen.
Die Akten des Ausgangsverfahrens sind beigezogen worden.
2. Gemäß § 82 Abs. 4 BVerfGG in Verbindung mit § 41 GOBVerfG sind die weiteren, mit der Rehabilitierung nach dem StrRehaG befassten Oberlandesgerichte um Mitteilung und Erläuterungen dortiger Entscheidungen zur Widerlegung der Regelvermutung nach § 10 Abs. 3 Satz 1 StrRehaG ersucht worden.
Alle ersuchten Oberlandesgerichte haben unter Verweis auf vorgelegte Entscheidungen ihrer zuständigen Senate ihre im Wesentlichen übereinstimmende Auslegung des § 10 Abs. 3 Satz 1 StrRehaG mitgeteilt und die Auswirkungen dieser Regelvermutung auf ihre Entscheidungen dargelegt.
Entkräftet werde die gesetzliche Vermutung nicht schon dann, wenn sie durch den Beweis ihrer möglichen Unrichtigkeit erschüttert werde, sondern erst, wenn sie durch den vollen Beweis ihres Gegenteils widerlegt werde, das Gericht also die Überzeugung vom Gegenteil gewinne. Die Regelvermutung könne nicht schon durch die Benennung gängiger, nach der Verordnungslage und der wissenschaftlich belegten Rechtspraxis erwartbarer Anordnungsgründe in der Einweisungsentscheidung widerlegt werden. Die pauschale beziehungsweise kursorische Nennung typischer Gründe wie „Schulbummelei“, Begehen von nicht erheblichen Straftaten, sich Herumtreiben oder rüpelhaftes Betragen ohne Begründungstiefe entkräfteten die Vermutung noch nicht. Andernfalls liefe die Beweiserleichterung bei entsprechender Dokumentation im Ergebnis leer. Betroffene, deren Jugendhilfeakten mit möglicherweise die tatsächlichen Anordnungsgründe verschleiernder Aktenlage noch vorhanden seien, würden dann entgegen dem gesetzlichen Anliegen schlechter gestellt als diejenigen, deren Akten nicht mehr aufgefunden werden könnten (vgl. Oberlandesgericht Rostock, Beschluss vom 13. August 2021 - 22 Ws_Reha 11/21 - <nicht veröffentlicht; Bl. 6 des Entscheidungsabdrucks>). Erforderlich sei daher die Feststellung konkreter, über eine Schwererziehbarkeit im vorbeschriebenen Sinne hinausgehender Umstände (Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 16. November 2020 - Ws Reha 6/17 -, juris, Rn. 31 f.; Kammergericht, Beschluss vom 7. Oktober 2021 - 7 Ws 52-54/21 REHA -, juris, Rn. 15 ff.), die begründeten, dass die Unterbringung in einem Normalkinderheim nicht ausgereicht hätte (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 17. Februar 2021 - 2 Reha 6/21 -, juris, Rn. 20; Beschluss vom 25. Mai 2021 - 2 Ws (Reha) 13/20 -, juris, Rn. 24). Teilweise würden atypische Umstände, wie etwa erhebliche oder gemeingefährliche Straftaten oder fremdgefährdendes Verhalten des Betroffenen verlangt (vgl. Oberlandesgericht Naumburg, Beschluss vom 22. März 2018 - 2 Ws (Reh) 32/17 -, juris, Rn. 6; Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 16. November 2020 - Ws Reha 6/17 -, juris, Rn. 34; Oberlandesgericht Brandenburg, Beschluss vom 4. Oktober 2021 - 2 Reha 11/21 -, juris, Rn. 49).
IV.
In zwei neueren, in juris dokumentierten Entscheidungen legt auch das Oberlandesgericht Dresden § 10 Abs. 3 Satz 1 StrRehaG im Einklang mit den Rechtsauffassungen der anderen Oberlandesgerichte aus.
Mit Beschluss vom 5. August 2022 - 1 Reha Ws 29/21 - hob das Oberlandesgericht Dresden einen antragsabweisenden Beschluss des Landgerichts Leipzig auf und erklärte die angeordnete Heimerziehung und daraufhin durchgeführte Unterbringung in einem Jugendwerkhof für rechtsstaatswidrig. Es führte im Zusammenhang mit der Vermutungsregelung des § 10 Abs. 3 Satz 1 StrRehaG aus: Zwar habe sich im Fall des Betroffenen fürsorgerischer Handlungsbedarf ergeben. Es werde allerdings nicht erkennbar, dass andere Maßnahmen als die Unterbringung in einem Jugendwerkhof ernsthaft in Erwägung gezogen worden wären. Vor diesem Hintergrund erweise sich die Anordnung der Heimerziehung und unmittelbare Durchführung in einem Jugendwerkhof als sachwidrig.
Ausführlich legte das Oberlandesgericht Dresden seine Rechtsauffassung zu § 10 Abs. 3 Satz 1 StrRehaG in seinem Beschluss vom 9. Januar 2023 - 1 Reha Ws 17/22 - dar, in dem es eine ablehnende Entscheidung des Landgerichts Leipzig aufhob und die Anordnung der Heimerziehung insoweit für rechtsstaatswidrig erklärte, als sie für einen bestimmten (Teil-)Zeitraum die Einweisung beziehungsweise Unterbringung in einem Jugendwerkhof zur Folge hatte. Für einen vorausgehenden Zeitraum sah es die Vermutungsregelung als widerlegt an. Das Oberlandesgericht Dresden führte aus: Die Widerlegung der Vermutung, die lediglich bei einer Unterbringung in Spezialheimen oder damit vergleichbaren Einrichtungen Anwendung finde, setze Feststellungen voraus, die sich nicht in einer pauschal oder kursorisch begründeten Schwererziehbarkeit im Sinne der damaligen Vorschriften und gelebten Rechtspraxis der DDR erschöpften, sondern darüber hinaus gingen. Damit Fürsorgeerwägungen die Vermutung widerlegten, bedürfe es konkreter Geschehnisse, die die Unterbringung in einem Spezialkinderheim oder in einer vergleichbaren Einrichtung anstelle einer Unterbringung im Normalkinderheim rechtfertigten. Diese entnahm das Oberlandesgericht Dresden für den früheren Unterbringungszeitraum der Verfügung des Referatsleiters der Jugendhilfe und dem diese Verfügung bestätigenden Beschluss, die „massive Verhaltensschwierigkeiten“ beschrieben, sowie einem Strafurteil des Kreisgerichts wegen wenige Monate vor der Heimeinweisung begangener Taten (wegen unbefugter Benutzung eines Fahrzeuges und wegen Diebstahls zum Nachteil persönlichen Eigentums). Für den späteren Unterbringungszeitraum lasse sich jedoch den Akten keine abschließende Beurteilung entnehmen, welche konkreten Umstände zur Fortsetzung der Unterbringung im Jugendwerkhof geführt hätten. Zwar sei der Betroffene erneut strafrechtlich verurteilt worden wegen Taten, die er nach der ersten Unterbringung begangen habe. Jedoch habe er diese Strafen im Jugendhaus verbüßt, aus dem er zuletzt aufgrund einer Amnestie durch Beschluss des Staatsrates der DDR entlassen worden sei. Aus den vorliegenden Unterlagen gehe nicht hervor, ob und wie die anschließende Fortsetzung der Heimunterbringung im Einzelnen durch die zuständigen Jugendhilfeorgane begründet worden sei. Ein vorliegendes Schreiben der Jugendhilfe, das die Wiedereingliederung des Betroffenen in den Jugendwerkhof vorsah, setze sich mit der positiven Beschreibung des Verhaltens des Betroffenen durch das Jugendhaus nicht auseinander und verweise lediglich auf nicht näher dargestellte gesundheitliche Beschwerden der Mutter. Damit sei die Vermutungsregelung noch nicht als widerlegt anzusehen.
C.
Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 GG angezeigt (§ 93b Satz 1 i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), da die Rechtsverletzung besonderes Gewicht hat (vgl. BVerfGG 90, 22 <25>; 96, 245 <248>). Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig und in einem die Entscheidungskompetenz der Kammer eröffnenden Sinn offensichtlich begründet. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).
I.
Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG, indem die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Ablehnung seines Rehabilitierungsantrags betreffend die Einweisung in das Spezialkinderheim S. und den Jugendwerkhof Sch. durch das Landgericht als unbegründet verworfen wird.
1. Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung betont, dass es nicht dazu berufen ist, Entscheidungen anderer Gerichte einer allgemeinen inhaltlichen Nachprüfung zu unterziehen. Auch unter dem Gesichtspunkt des Willkürverbots kommt ein verfassungsgerichtliches Eingreifen nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht und nicht schon dann, wenn die Rechtsanwendung Fehler enthält (vgl. BVerfGE 4, 1 <7>; 62, 189 <192>). Allerdings werden auch der Rechtsprechung bei der Ausfüllung der ihr eingeräumten Ermessens- und Beurteilungsspielräume durch das Willkürverbot gewisse äußerste Grenzen gezogen. Diese sind unter anderem dann überschritten, wenn sich für die Auslegung und Anwendung einer einfachrechtlichen Norm sachlich zureichende, plausible Gründe nicht mehr finden lassen (vgl. BVerfGE 42, 64 <73>). Hinzukommen zu dem Rechtsanwendungsfehler muss also, dass die fehlerhafte Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 42, 64 <72 ff.>; 54, 117 <124 f.>; 55, 72 <89 f.>; 58, 163 <167 f.>; 59, 128 <160 f.>; 62, 189 <192>; 80, 48 <51>; 81, 132 <137>; stRspr). Dabei enthält die verfassungsgerichtliche Feststellung von Willkür keinen subjektiven Schuldvorwurf, sondern will in einem objektiven Sinne verstanden sein; nicht subjektive Willkür führt zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit, sondern objektive, das heißt die tatsächliche und eindeutige Unangemessenheit einer Maßnahme im Verhältnis zu der tatsächlichen Situation, deren sie Herr werden soll (BVerfGE 2, 266 <281>; 4, 144 <155>; 42, 64 <73>; 58, 163 <167 f.>; 62, 189 <192>; 71, 122 <135 f.>).
2. Dies zugrunde gelegt verletzt die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ablehnung der Beschwerde stützt das Oberlandesgericht Dresden darauf, dass – neben der darüber hinaus gehenden, nicht angegriffenen Heimunterbringung – die Unterbringung im Spezialkinderheim beziehungsweise im Jugendwerkhof aus rein fürsorgerischen, nicht rechtsstaatswidrigen Gründen erfolgt sei. Die Regelvermutung des § 10 Abs. 3 Satz 1 StrRehaG greife nicht. Diese Begründung ist im aufgezeigten verfassungsrechtlichen Sinne willkürlich.
a) Das Oberlandesgericht Dresden verneint die Anwendung des § 10 Abs. 3 Satz 1 StrRehaG, weil es eine rein fürsorgerische, nicht rechtsstaatswidrige Unterbringung im Spezialkinderheim und im Jugendwerkhof annimmt. Diese Überzeugung stützt es im Anschluss an das Landgericht auf den Beschluss des Rates des Kreises F. – Jugendhilfeausschuss – vom 21. November 1969 - 59/69 -, der die weitere Heimerziehung anordnete, und auf die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers im Urteil des Kreisgerichts F. vom 23. Januar 1973 - S 2/73 -. Als weitere Anhaltspunkte führt das Oberlandesgericht Dresden die zwischenzeitliche Verlegung des Beschwerdeführers in ein Normalkinderheim beziehungsweise in ein Jugendwohnheim und die in der vorliegenden Heimkarteikarte verzeichnete Arbeitsbummelei sowie das Fernbleiben des Beschwerdeführers vom Jugendwohnheim an.
Diese Anhaltspunkte sind unter keinem Gesichtspunkt taugliche Gründe zur Widerlegung der Regelvermutung des § 10 Abs. 3 Satz 1 StrRehaG.
b) Die in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommende Konzeption, die mit Blick auf den Stand der (rechts-)historischen Forschung und aufgrund der beträchtlichen Beweisschwierigkeiten der Antragsteller für die Unterbringung in Spezialkinderheime und Jugendwerkhöfe regelmäßig sachfremde Zwecke annimmt, lässt es nicht zu, die Regelvermutung bereits dann als widerlegt anzusehen, wenn Anhaltspunkte auf die typischen Regeleinweisungsgründe hinweisen.
Die Norm geht auf einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zurück (BRDrucks 233/19 bzw. BTDrucks 19/10817). Eine spezifisch für Spezialheimeinweisungen geltende Vermutungsregelung war im ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung noch nicht enthalten; vielmehr war eine allgemeine Beweiserleichterung für in Heimen untergebrachte Kinder und Jugendliche wegen „Problemen im Hinblick auf die Sachverhaltsaufklärung“ vorgesehen (BRDrucks 233/19, S. 1 bzw. BTDrucks 19/10817, S. 1, siehe dazu Art. 1 Nr. 3 Buchstabe a des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, a.a.O.). Auch im weiteren Verlauf der Beratungen des Gesetzentwurfs blieb die vorgeschlagene Beweiserleichterung zunächst unspezifisch (vgl. Stellungnahme des Bundesrates BRDrucks 233/19 (Beschluss); BR-Plenarprotokoll 979, S. 300, 327; BT-Plenarprotokoll 19/108, S. 13426 <B> ff.; Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates BTDrucks 19/12086). Im Rahmen der öffentlichen Anhörung der Sachverständigen im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages am 11. September 2019 wurden jedoch spezifisch die Spezialheime thematisiert sowie dort praktizierte „Menschenrechtsverletzungen“, „entwürdigende Strafen“, „Disziplinierung und Umerziehung“ sowie ein den Betroffenen dort grundsätzlich widerfahrenes „Systemunrecht“ (siehe das Wortprotokoll der 58. Sitzung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz Nr. 19/58 inklusive der schriftlichen Stellungnahmen der Sachverständigen; dort insbesondere die Äußerungen des Sachverständigen Dombrowski, S. 8, 36; der Sachverständigen Ebbinghaus, S. 9; des Sachverständigen Hahne, S. 10; der Sachverständigen Nooke, S. 13, 22, 32, 69 f., 73; des Sachverständigen Wasmuth, S. 15, 20, 23, 92, 102-105; des Sachverständigen Mützel, S. 23 f.; teilweise unter Hinweis auf die Expertisen in: Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Bundesländer <Hrsg.>, Aufarbeitung der Heimerziehung in der DDR – Expertisen, 2012, bzw. unter Hinweis auf den dazu ergangenen Bericht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend u.a., in: Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe <AGJ, Hrsg.>, Aufarbeitung der Heimerziehung in der DDR – Bericht, 2012 <siehe z.B. S. 9, 24, 36, 41, 59, 73, 92, 103>). Im Anschluss daran empfahl der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages die Gesetz gewordene Formulierung des § 10 Abs. 3 Satz 1 StrRehaG. Die Gesetzesbegründung griff die Einschätzung auf, dass „im Fall der Einweisung eines Kindes oder eines Jugendlichen in ein Spezialheim, in denen ein System herrschte, das sich aus strengster Disziplinierung, entwürdigenden Strafen, genauester Kontrolle des Tagesablaufs, Abschottung von der Außenwelt und ideologischer Indoktrination zusammensetzte, und in dem das Kind oder der Jugendliche zur bedingungslosen Unterwerfung unter die staatliche Autorität gezwungen werden sollte, […] vermutet <wird>, dass die Anordnung der Unterbringung der politischen Verfolgung oder sonst sachfremden Zwecken diente.“ (BTDrucks 19/14427, S. 28). Diese Vermutung sollte (erst) durch die Feststellung widerlegt werden können, „dass die Anordnung aus anderen Gründen, wie beispielsweise Fürsorgeerwägungen oder zur Vollstreckung einer Jugendstrafe, erfolgt ist“ (vgl. BTDrucks 19/14427, S. 28).
Nach den Forschungsergebnissen zur Heimerziehung in der DDR stellten pauschal umschriebene Erziehungsschwierigkeiten, ungenügende Lernbereitschaft, Schul- oder Arbeitsbummelei nach der damaligen Rechtslage und Rechtspraxis typische Begründungen für die Heimerziehung dar, die auch für die Unterbringung in Spezialkinderheimen und Jugendwerkhöfen verwendet wurden (siehe Wapler, Rechtsfragen der Heimerziehung in der DDR, in: Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Bundesländer <Hrsg.>, Aufarbeitung der Heimerziehung in der DDR – Expertisen, 2012, S. 72-74 Punkt 5.2.6, S. 97-99 Punkt 6.1.2.2).
Vor diesem Hintergrund können sachfremde Zwecke der Unterbringung nicht bereits durch pauschale Verweise auf diese typischen Regeleinweisungsgründe ausgeschlossen werden. Andernfalls hätte die gesetzliche Regelvermutung keinen Anwendungsbereich (vgl. Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 16. November 2020 - 1 Ws Reha 6/17 -, juris, Rn. 26-31; Kammergericht, Beschluss vom 7. Oktober 2021 - 7 Ws 52-54/21 REHA -, juris, Rn. 15-19; Oberlandesgericht Naumburg, Beschluss vom 18. November 2021 - 1 Ws (Reh) 14/21 -, juris, Rn. 21; Oberlandesgericht Rostock, Beschluss vom 12. Januar 2022 - 22 Ws_Reha 19/21 -, juris, Rn. 11 f.; siehe auch Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 21. Oktober 2021 - 2 Reha 18/21 -, juris, Rn. 8; Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 9. Januar 2023 - 1 Reha Ws 17/22 -, juris, Rn. 13).
c) Die Anwendung des § 10 Abs. 3 Satz 1 StrRehaG lehnt das Oberlandesgericht Dresden in der angegriffenen Entscheidung in nicht mehr nachvollziehbarer und damit willkürlicher Weise ab.
Für die Unterbringung des Beschwerdeführers im Spezialkinderheim S. liegen bereits keine Unterlagen vor. Aus dem späteren, die weitere Heimunterbringung anordnenden Beschluss vom 21. November 1969 - 59/69 - ergeben sich nur pauschal Erziehungsschwierigkeiten. Sie können nach übereinstimmender Auffassung aller Oberlandesgerichte, auch des Oberlandesgerichts Dresden in seinen aktuellen Beschlüssen (vgl. insbesondere Beschluss vom 9. Januar 2023 - 1 Reha Ws 17/22 -, juris, Rn. 13; in der Sache bereits Beschluss vom 5. August 2022 - 1 Reha Ws 29/21 -, juris, Rn. 7), die Vermutung der sachfremden Einweisungsgründe noch nicht widerlegen. Nichts anderes gilt für das spätere Strafurteil des Kreisgerichts F. vom 23. Januar 1973 - S 2/73 -. Es beschreibt schlicht den Verlauf der Heimunterbringung und verweist nur pauschal auf „Schulbummelei und Straftaten“. Welche Straftaten dies gewesen seien, wird nicht konkret benannt und bleibt, zumal der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Unterbringung im Spezialheim erst 12 Jahre alt war, auch offen.
Auch für die Unterbringung im Jugendwerkhof Sch. fehlen konkrete Anhaltspunkte, die die Vermutung der sachfremden Gründe widerlegen könnten. Der Heimunterbringungsbeschluss vom 21. November 1969 - 59/69 - enthält nur pauschale Hinweise, die eine – nicht von der Vermutungsregelung erfasste – Unterbringung in einem Normalheim rechtfertigen könnten. Der Beschwerdeführer war auf der Grundlage des Beschlusses auch zunächst – weiterhin – im Jugendwohnheim auf der C-Straße in D. untergebracht. Für die Einweisung in den Jugendwerkhof, die erst zum Juni/Juli 1970 erfolgte, lassen sich dem Beschluss gar keine konkreten Begründungsansätze entnehmen.
Die Annahme des Oberlandesgerichts Dresden, dass aus der zwischenzeitlichen Unterbringung in einem Normalkinderheim beziehungsweise in einem Jugendwohnheim der Schluss gezogen werden könne, dass die damalige Jugendhilfe bestrebt war, (auch) erkennbaren Verbesserungen der Erziehungssituation Rechnung zu tragen, und die auf die vorliegenden Heimkarteikarten gestützte spiegelbildliche Annahme, dass „Arbeitsbummelei sowie das Fernbleiben […] vom Jugendwohnheim eine Intensität erreicht“ hätten, die die daraufhin erfolgte Unterbringung in einem Jugendwerkhof nicht als rechtsstaatswidrig erscheinen lasse, lässt sich ebenfalls nicht mit der übereinstimmenden Rechtsauffassung aller Oberlandesgerichte und des Oberlandesgerichts Dresden in seinen späteren Entscheidungen in Einklang bringen. Es fehlen bereits Anhaltspunkte dafür, dass die Intensität der „Verfehlungen“ im Jugendwohnheim als untragbar eingeschätzt wurde; erst Recht fehlen Anhaltspunkte dafür, dass als Reaktion hierauf keine andere Maßnahme als die Einweisung in einen Jugendwerkhof zur Verfügung stand (vgl. insoweit Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 5. August 2022 - 1 Reha Ws 29/21 -, juris, Rn. 7).
II.
Vor dem Hintergrund der festgestellten Rechtsverletzung kann dahinstehen, ob durch die angegriffene Entscheidung weitere Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte des Beschwerdeführers verletzt werden (vgl. BVerfGE 42, 64 <78 f.>). Darauf kommt es für den Erfolg der Verfassungsbeschwerde nicht an.
III.
1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 2. März 2021 war aufzuheben. Die Sache ist an das Oberlandesgericht Dresden zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).
2. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 3. Mai 2021 über die Anhörungsrüge wird im Umfang der Aufhebung gegenstandslos.
3. Gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten, wenn sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet erweist. Der Beschwerdeführer hat mit seiner Verfassungsbeschwerde insgesamt Erfolg.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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