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BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 688/24 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
1. |
der Partei (…), | |
2. |
des Herrn (…), |
gegen |
a) § 27 Absatz 4 Satz 2 Bundeswahlgesetz, |
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b) § 26 Absatz 1 Satz 3 Bundeswahlgesetz, |
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c) § 4 Bundeswahlgesetz, |
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d) § 1, § 6 Bundeswahlgesetz, |
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e) die wesentlichen Änderungen des Bundeswahlgesetzes vom 13. Juni 2023, |
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f) § 48 Absatz 2 Bundeswahlgesetz |
hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Richter Maidowski,
die Richterin Wallrabenstein
und den Richter Frank
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung
vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 30. Juli 2024 einstimmig beschlossen:
- Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
G r ü n d e :
I.
Die Verfassungsbeschwerde vom 17. Mai 2024 richtet sich gegen Bestimmungen des Bundeswahlgesetzes, die durch das Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes und des Fünfundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 8. Juni 2023 (BGBl I Nr. 147, berichtigt durch Nr. 198) geändert wurde.
Die Beschwerdeführende zu 1. ist eine Partei, der Beschwerdeführende zu 2. ihr Bundesvorsitzender.
Die Verfassungsbeschwerde legt insbesondere dar, durch die angegriffenen Änderungen des Bundeswahlgesetzes biete die bisher vom Beschwerdeführenden zu 2. wahrgenommene Möglichkeit, als Wahlkreisbewerber der Beschwerdeführenden zu 1. bei der Bundestagswahl zu kandidieren, nicht mehr die bisher bestehenden Vorteile gegenüber einer Kandidatur als unabhängiger Wahlkreisbewerber nach § 20 Abs. 3 BWahlG.
II.
Annahmegründe im Sinne des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführenden angezeigt, weil sie unzulässig ist.
1. Die Beschwerdeführende zu 1. kann als Partei das als verletzt behauptete Recht auf Chancengleichheit gemäß Art. 21 Abs. 1 GG nur mittels der Organklage gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, § 63 ff. BVerfGG durchsetzen (vgl. nur BVerfGE 4, 27 <30 f.>; 131, 316 <333 f.>; stRspr). Insoweit ist die erhobene Verfassungsbeschwerde unstatthaft.
Ob eine Umdeutung der Verfassungsbeschwerde in eine Organklage möglich wäre, kann dahinstehen. Denn sie wäre verfristet. Die Frist von sechs Monaten seit Bekanntwerden der beanstandeten Maßnahme oder Unterlassung (§ 64 Abs. 3 BVerfGG) ist in jedem Fall abgelaufen, auch wenn hierfür der spätest mögliche Zeitpunkt, die Verkündung des Gesetzes am 13. Juni 2023, maßgeblich sein sollte.
2. Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig.
a) Soweit sie das Verfahren zur Zweitstimmendeckung und die Sperrklausel angreift, ist das Rechtsschutzbedürfnis entfallen.
Die mit der Verfassungsbeschwerde angestrebte verfassungsrechtliche Überprüfung des Zweitstimmendeckungsverfahrens und der Neuregelung der Sperrklausel aufgrund des Bundeswahlgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes und des Fünfundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 8. Juni 2023 (BGBl I Nr. 147, berichtigt durch Nr. 198, im Folgenden: BWahlG) hat das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 30. Juli 2024 - 2 BvF 1/23 u.a. - vorgenommen. § 1 Abs. 3, § 6 Abs. 1 und Abs. 4 Sätze 1 und 2 BWahlG sind mit dem Grundgesetz vereinbar. § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BWahlG ist nach Maßgabe der Urteilsgründe nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, ist jedoch mit in dem Urteil genannten Maßgaben weiter anzuwenden. Die Entscheidung hat Gesetzeskraft (§ 31 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).
Für eine auf denselben Gegenstand zielende verfassungsgerichtliche Entscheidung über die im Wesentlichen inhaltsgleichen Grundrechtsrügen besteht daher kein Rechtsschutzbedürfnis mehr (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. August 2017 - 1 BvR 571/16 -, Rn. 17; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Februar 2020 - 2 BvR 1494/16 -, Rn. 5 f.; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2021 - 1 BvR 487/20 u.a. -, Rn. 5 f.).
b) Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde auch nicht hinreichend substantiiert (zu den Anforderungen vgl. BVerfGE 140, 229 <232 Rn. 9>; 163, 165 <210 Rn. 75> m.w.N. – ESM-ÄndÜG). Sie setzt sich mit verfassungsrechtlichen Maßstäben zur Beurteilung des Wahlrechts und der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht auseinander.
3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Maidowski | Wallrabenstein | Frank | |||||||||