Bundesverfassungsgericht

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Erfolglose Verfassungsbeschwerde im Zusammenhang mit Flugsicherheitsgebühren

Pressemitteilung Nr. 91/1998 vom 20. August 1998

Beschluss vom 11. August 1998
1 BvR 1270/94

Die 1. Kammer des Ersten Senats des BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde einer deutschen Fluggesellschaft im Zusammenhang mit Flugsicherheitsgebühren nicht zur Entscheidung angenommen.

I.

1. Im Juni 1990 wurde auf der Grundlage des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) von 1980 durch Verordnung festgelegt, daß für die Fahrgast- und Gepäckkontrolle im Bereich des Luftverkehrs eine Gebühr von 3,50 DM bis 6,50 DM je Fahrgast zu zahlen ist. Ferner sind seitdem die Luftfahrtunternehmen verpflichtet, den Luftfahrtbehörden die Anzahl der überprüften Fluggäste mitzuteilen.

2. Die Beschwerdeführerin ist eine überregionale deutsche Fluggesellschaft. Das Saarländische Ministerium für Wirtschaft und Technik setzte für die Beschwerdeführerin für Sicherheitskontrollen in der Zeit von Juli 1990 bis Februar 1992 Gebühren von insgesamt ca. 145.000,-- DM fest. Hiergegen erhob die Beschwerdeführerin Klage, blieb jedoch einschließlich der Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht erfolglos.

3. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügte die Beschwerdeführerin u.a. einen Verstoß gegen das Willkürverbot. Sie - die Beschwerdeführerin - sei nicht Kostenschuldnerin. Außerdem verstoße die Gebühr gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten Grundsatz der Lastengleichheit und schränke ihre Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) unverhältnismäßig ein.

II.

Die Verfassungsbeschwerde war nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie hat weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung grundrechtlich geschützter Rechtspositionen angezeigt. Denn die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.

Die Kammer führt u.a. aus:

1. Die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte sind keineswegs willkürlich. Ihre Auffassung, daß bei einer Auslegung der entsprechenden Vorschriften des LuftVG die Fluggesellschaften Kostenschuldner seien, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

2. Die gesetzliche Regelung der Flugsicherheitsgebühr ist auch nicht verfassungswidrig. Sie stellt keine den Grundsatz der Lastengleichheit verletzende Sonderabgabe dar, sondern eine verfassungsrechtlich zulässige Gebühr. Bei der Sicherheitskontrolle handelt es sich um eine der Fluggesellschaft individuell zurechenbare öffentliche Leistung. Zwar wird die Kontrolle unmittelbar gegenüber den Fluggästen durchgeführt. Sie stellt sich jedoch als eine Vorbereitungshandlung für den vom jeweiligen Luftfahrtunternehmen durchgeführten Flug dar und ist auf die Sicherheit dieser Luftfahrtveranstaltung ausgerichtet. Damit betrifft die Fluggastkontrolle in spezieller und individualisierbarer Weise die Fluggesellschaft als Flugveranstalter. Ihr sind die Kosten auch nach dem Vorteilsprinzip zurechenbar. Denn durch die Sicherheitskontrolle entsteht für sie ein Sicherheitsvorteil.

Die rechtliche Kostenverantwortung der Fluggesellschaft entfällt schließlich nicht deshalb, weil die Sicherheitskontrolle als Maßnahme der Gefahrenabwehr auch im Interesse der Allgemeinheit erfolgt. Denn fast alle gebührenpflichtigen Handlungen erfolgen auch oder vorwiegend im öffentlichen Interesse. Für die gebührenrechtliche Heranziehung des einzelnen genügt es, daß er durch eine öffentliche Leistung einen besonderen tatsächlichen Vorteil erhält. Das ist hier der Fall.

3. Die Kammer führt aus, daß die Flugsicherheitsgebühr auch keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Luftfahrtunternehmer darstellt. Die Gebühr schränkt die freie gewerbliche Betätigung der Flugunternehmen nicht in unzumutbarer Weise ein. Sie ist im Vergleich zu den übrigen Flugkosten von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung und kann über den Flugpreis auf die Passagiere ganz oder teilweise abgewälzt werden. Da die Sicherheitsgebühr alle in Deutschland operierenden Fluggesellschaften gleichermaßen trifft, führt sie bei keiner Fluggesellschaft zu einem Wettbewerbsvor- oder -nachteil.

III.

Mit derselben Begründung sind durch Beschlüsse vom 11. August 1998 acht weitere Verfassungsbeschwerden ausländischer und deutscher Fluggesellschaften nicht zur Entscheidung angenommen worden. Weitere Verfahren zu Flugsicherheitsgebühren sind beim BVerfG nicht anhängig.