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Erfolglose Verfassungsbeschwerden von Fachärzten

Pressemitteilung Nr. 70/1999 vom 2. Juli 1999

Beschluss vom 17. Juni 1999, Beschluss vom 17. Juni 1999
1 BvR 1500/97
1 BvR 2507/97

Die 2. Kammer des Ersten Senats des BVerfG hat zwei jeweils von Fachärzten erhobene Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen.

I.

Eine Verfassungsbeschwerde betrifft die Trennung zwischen der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung; diese im Gesundheitsstrukturgesetz von 1992 angeordnete Trennung wirkt sich auf die Vergütung der beiden Arztgruppen aus. Relevant ist sie vor allem für Internisten bzw. Fachärzte für Innere Medizin, die sich zwischen der Teilnahme an der haus- oder fachärztlichen Versorgung entscheiden müssen.

  1. Der Beschwerdeführer - ein Facharzt für Innere Medizin - wollte erreichen, zur gleichzeitigen Teilnahme an der haus- und fachärztlichen Versorgung zugelassen zu werden. Dieser Antrag und seine anschließende Klage blieben erfolglos. Das Bundessozialgericht bestätigte die Auffassung des Sozialgerichts, wonach die Voraussetzungen für eine gleichzeitige Teilnahme an der hausärztlichen und fachärztlichen Versorgung nicht vorlägen. Diese Gliederung sei mit dem GG vereinbar.

    Gegen dieses Urteil und mittelbar gegen die entsprechenden Vorschriften des Gesundheitsstrukturgesetzes erhob der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde und rügte u.a. eine Verletzung seiner Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG).

  2. Die 2. Kammer des Ersten Senats hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Sie hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

    Durch die gesetzliche Neuordnung im Gesundheitsstrukturgesetz werden zum einen gesundheitspolitische Ziele der Qualitätsverbesserung für die Versicherten angestrebt. Solche Entscheidungen des Gesetzgebers sind hinzunehmen, solange seine Erwägungen - wie im vorliegenden Fall - weder offensichtlich fehlsam noch mit der Werteordnung des GG unvereinbar sind.

    Auch das weiter angestrebte Ziel der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung ist als Gemeinwohlaufgabe von hoher Bedeutung anzusehen.

    Die mittelbar angegriffenen gesetzlichen Regelungen genügen auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie sind zur Umsetzung der angestrebten gesundheits- und finanzpolitischen Ziele geeignet, erforderlich und - vor allem im Hinblick auf die langen Übergangsfristen (bestimmte Leistungen können in beiden Versorgungsbereichen noch bis zum 31. Dezember 2002 abgerechnet werden) - zumutbar.

II.

Die weitere Verfassungsbeschwerde betrifft den Überweisungsvorbehalt für bestimmte Fachärzte in der vertragsärztlichen Versorgung.

  1. Die drei Beschwerdeführer - Laboratoriumsmediziner - begehrten die Honorierung ihrer Leistungen auch in den Fällen, in denen sie ihre Leistungen nicht auf Überweisung eines anderen Vertragsarztes erbracht hatten. Ihr Begehren blieb erfolglos. In letzter Instanz entschied das Bundessozialgericht, daß die gesetzlichen Regelungen eine zweckmäßige und optimale medizinische Versorgung gewährleisteten; sie seien als verhältnismäßige Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit hinzunehmen.

    Hiergegen erhoben die Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde und rügten u.a. eine Verletzung ihrer Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG.

  2. Die 2. Kammer des Ersten Senats hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Sie hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

    Seit dem Facharztbeschluß des BVerfG (vom 9. Mai 1972, BVerfGE 33, 125) ist anerkannt, daß es durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls (Sicherstellung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Patienten) grundsätzlich zu rechtfertigen ist, wenn Fachärzten aufgegeben wird, sich auf das eigene Fach zu beschränken. Art. 12 Abs. 1 GG wird hierdurch regelmäßig nicht verletzt.

    Soweit die Gerichte in den angegriffenen Entscheidungen gerade aus den Besonderheiten des von den Beschwerdeführern gewählten Fachgebiets "Laboratoriumsmedizin", einem allein diagnostischen medizinischen Fachgebiet, einen Überweisungsvorbehalt abgeleitet haben, ist dies von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.