Bundesverfassungsgericht

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Unzulässige Verfassungsbeschwerden gegen gesetzliche Regelungen zur "Scheinselbständigkeit"

Pressemitteilung Nr. 75/1999 vom 19. Juli 1999

Beschluss vom 06. Juli 1999
1 BvR 1021/99

I.

Die 2. Kammer des Ersten Senats des BVerfG hat eine Verfassungsbeschwerde gegen gesetzliche Regelungen im Zusammenhang mit der Sozialversicherungspflicht für sogenannte Scheinselbständige nicht zur Entscheidung angenommen. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Beschwerdeführer durch die gesetzliche Regelung nicht selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen ist.

1. Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt in Sachsen. Er arbeitet in Bürogemeinschaft mit einem weiteren Rechtsanwalt. Nach eigenen Angaben liegt ein wesentlicher Schwerpunkt seiner Tätigkeit auf der Bearbeitung von Mandaten des Kollegen.

Der Beschwerdeführer wendete sich mit seiner Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen § 7 Abs. 4 Sozialgesetzbuch IV und § 2 Nr. 9 Sozialgesetzbuch VI, jeweils in der Fassung des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1998 (in Kraft getreten am 1. Januar 1999). Das Gesetz soll der Bekämpfung der sogenannten Scheinselbständigkeit dienen und bezieht die arbeitnehmerähnlichen Selbständigen in die gesetzliche Rentenversicherung durch eine gesetzliche Pflichtversicherung ein.

2. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.

Der Beschwerdeführer ist durch die gesetzliche Regelung nicht selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen, da noch kein Melde- und Prüfverfahren durch die zuständige Einzugsstelle bzw. durch den Rentenversicherungsträger stattgefunden hat. Daher steht auch nicht fest, ob und inwieweit er von den gesetzlichen Neuregelungen erfaßt sein könnte. Außerdem steht der Verfassungsbeschwerde der Grundsatz der Subsidiarität entgegen. Danach kann die Verfassungsbeschwerde grundsätzlich erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Dem Beschwerdeführer ist zuzumuten, zunächst eine Entscheidung der Einzugsstelle über die Versicherungspflicht herbeizuführen und diese ggf. im Sozialgerichtswege anzufechten.

Beschluß vom 26. April 1999 - 1 BvR 430/99

II.

Mit Beschluß vom 6. Juli 1999 hat die Kammer eine weitere, die gesetzliche Neuregelung zur Sozialversicherungspflicht für "Scheinselbständige" betreffende Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Die Beschwerdeführer sind selbständige Systemberater im Bereich der Informatik. Sie hatten sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde ebenfalls unmittelbar gegen die oben angegebenen gesetzlichen Vorschriften gewandt.

Beschluß vom 6. Juli 1999 - 1 BvR 1021/99