Bundesverfassungsgericht

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Keine Grundsatzentscheidung zur Belastung von Familien durch indirekte Steuern

Pressemitteilung Nr. 101/1999 vom 23. September 1999

Beschluss vom 23. August 1999
1 BvR 2164/98

Die Medienberichterstattung zu einer angeblichen Grundsatzentscheidung des BVerfG im Zusammenhang mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer von 15% auf 16% gibt Anlaß zu folgenden Hinweisen:

  1. Es handelt sich bei dem Beschluß vom 23. August 1999 nicht um ein Urteil, sondern um den Beschluß einer Kammer (besetzt mit drei Richtern). Schon dies weist darauf hin, dass es bei der Verfassungsbeschwerde nicht um Fragen von gundsätzlicher Bedeutung ging, sonst hätte der Senat (acht Richter) entschieden.
  2. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung angenommen worden. Soweit sie Fragen der Familienbesteuerung, der Berechnung des sächlichen Kinderexistenzminimums und der einkommensteuerlichen Berücksichtigung des Betreuungs- und des Erziehungsbedarfs betraf, weist die Kammer darauf hin, dass diese Fragen bereits vom Zweiten Senat entschieden worden sind (Beschluß vom 10. November 1998; veröffentlicht im Januar 1999). Eigene Sachentscheidungen hat die Kammer wegen der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde nicht getroffen.
  3. Soweit die Kammer im Zusammenhang mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer darauf hinweist, der Steuergesetzgeber habe stets darauf zu achten, dass eine Erhöhung indirekter Steuern und Abgaben den Lebensbedarf vermehre und die existenzsichernden Abzüge diesem erhöhten Bedarf anzupassen seien, entspricht dies der ständigen Rechtsprechung des BVerfG, ist also nichts Neues.
  4. Der Beschluß enthält keine Empfehlung, einen Steuerbescheid anzufechten. Es wird lediglich darauf hingewiesen, dass für den Beschwerdeführer diese Möglichkeit bestehe. Der Hinweis erfolgt im Zusammenhang mit der Erörterung des Grundsatzes der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde. Der Grundsatz bedeutet, dass zunächst der Rechtsweg auszuschöpfen ist, die aufgeworfenen Fragen also zunächst von den Fachgerichten zu klären sind, bevor eine Verfassungsbeschwerde zum BVerfG erhoben werden kann.