Bundesverfassungsgericht

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Strittige Rechtsverhältnisse müssen in angemessener Zeit geklärt werden

Pressemitteilung Nr. 129/1999 vom 30. November 1999

Beschluss vom 17. November 1999
1 BvR 1708/99

Der Beschwerdeführer (Bf) hatte sich über die überlange Dauer eines zivilgerichtlichen Verfahrens beschwert. Die 2. Kammer des Ersten Senats hat ihm recht gegeben. Das Recht des Bf auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) wird dadurch verletzt, daß das Oberlandesgericht es bisher unterlassen hat, über eine im Februar 1997 eingelegte weitere sofortige Beschwerde des Bf zu entscheiden.

I.

Der Bf hat im August 1984 ein zivilgerichtliches Verfahren wegen Lärmbelästigung ausgehend von der über seiner liegenden Wohnung eingeleitet. Im Verlaufe der nächsten Jahre hob das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg (OLG) zweimal Entscheidungen des Amtsgerichts (AG) und des Landgerichts (LG) auf, durch die der Antrag des Bf auf Unterlassen der Lärmbelästigung zurückgewiesen worden war. Im Januar 1997 blieb der Bf mit seinem Antrag vor dem LG abermals erfolglos. Hiergegen erhob der Bf am 12. Februar 1997 sofortige Beschwerde zum OLG, über die bisher nicht entschieden ist.

II.

Auf die Verfassungsbeschwerde des Bf hat die 2. Kammer des Ersten Senats festgestellt, daß die Verfahrensdauer vor dem OLG angesichts der gesamten Verfahrensdauer den Bf in seinen Rechten aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip verletzt.

Das Rechtsstaatsprinzip fordert im Interesse der Rechtssicherheit, daß strittige Rechtsverhältnisse in angemessener Zeit geklärt werden. Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Seit dem das Verfahren einleitenden Antrag des Bf sind mehr als 15 Jahre vergangen. Während dieser Zeit blieb der Bf Geräuschbeeinträchtigungen ausgesetzt, die er nach seiner Ansicht nicht zu dulden braucht. Das OlG ist seit nahezu drei Jahren untätig geblieben. Das ist angesichts der gesamten Verfahrensdauer objektiv unangemessen. Die hohe Arbeitsbelastung des OLG vermag hieran nichts zu ändern. Das Rechtsstaatsprinzip verlangt eine funktionsfähige Rechtspflege. Dazu gehört auch eine angemessene Personalausstattung der Gerichte.

Das OLG ist nunmehr gehalten, unverzüglich geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um dem Verfahren Fortgang zu geben und auf dessen raschen Abschluß hinzuwirken.