Bundesverfassungsgericht

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Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen die Versagung eines Anspruchs auf Rückübereignung eines vor Inkrafttreten des Grundgesetzes enteigneten Grundstücks

Pressemitteilung Nr. 31/2000 vom 16. März 2000

Beschluss vom 03. Februar 2000
1 BvR 1553/99

In dem Verfassungsbeschwerde(Vb)-Verfahren ging es um die Frage, ob die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG bei Verfehlung des Enteignungszwecks die Rückübereignung auch solcher Grundstücke gebietet, die vor Inkrafttreten des Grundgesetzes enteignet wurden.

Die 3. Kammer des Ersten Senats des BVerfG hat mit Beschluss vom 3. Februar 2000 die Vb nicht zur Entscheidung angenommen.

I.

Der Beschwerdeführer (Bf) hatte in allen Instanzen erfolglos die Rückübereignung eines Grundstücks begehrt, das im Jahre 1942 gegen eine Entschädigung für Zwecke der Wehrmacht enteignet worden war, ohne dass es dann jedoch auch zweckentsprechend genutzt worden wäre. Die Vb richtete sich gegen die einen Rückübereignungsanspruch ablehnenden behördlichen und gerichtlichen Entscheidungen. Der Bf machte geltend, die Versagung der Rückübereignung verletze seine Grundrechte, weil der Rückübereignungsanspruch erst mit der Verfehlung des Enteignungszwecks entstehe und daher nach den im Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs bestehenden grundgesetzlichen Maßstäben zu beurteilen sei.

II.

Die Kammer hat die Vb nicht zur Entscheidung angenommen.

Zur Begründung heißt es u.a.:

Die Vb hat keine grundsätzliche Bedeutung. Das BVerfG hat bereits entschieden, dass das aus Art. 14 GG folgende Rückerwerbsrecht des früheren Eigentümers nicht in den Fällen entsteht, in denen vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes eine dem Grundgesetz nicht verpflichtete Staatsgewalt auf vermögenswerte Rechte zugegriffen hat.

Entscheidend für die Herleitung des Rückerwerbsanspruchs war für das BVerfG das komplementäre Verhältnis zwischen der Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und der Enteignungsermächtigung des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG. Der Bürger muss den staatlichen Zugriff auf sein bestandsgeschütztes Eigentum nur dulden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies erfordert. Ist die Enteignung nicht auf die Verwirklichung gewichtiger Gemeinwohlbelange im Sinne des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG gerichtet, gewährt Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ihm ein Recht auf Abwehr des Enteignungsaktes. Die Gemeinwohlbindung des Zugriffs auf das nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentum reicht indes über den Zeitpunkt der Enteignung hinaus. Sie verlangt, dass der Enteignungszweck auch tatsächlich verwirklicht und das enteignete Objekt hierfür benötigt wird. Ist dies nicht der Fall, kommt die Schutzfunktion der Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG in der Weise zum Tragen, dass der enteignete Bürger ein Recht auf Rückübereignung geltend machen kann.

Aus diesem komplementären Verhältnis von Bestandsschutz und Gemeinwohlbindung der Enteignung folgt ohne weiteres, dass der verfassungsunmittelbare Rückübereignungsanspruch nur auf die Rückgabe von Eigentum gerichtet sein kann, das im Zeitpunkt des staatlichen Zugriffs dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG unterlag. Damit fallen vorkonstitutionelle Enteignungen aus dem Anwendungsbereich des auf Art. 14 GG gestützten Rückübereignungsanspruchs heraus.

Karlsruhe, den 16. März 2000