Bundesverfassungsgericht

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Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen strafgerichtliche Verurteilung wegen verbotener Erwerbstätigkeit

Pressemitteilung Nr. 47/2000 vom 14. April 2000

Beschluss vom 22. März 2000
2 BvR 426/00

Die Beschwerdeführerin (Bf) ist bulgarische Staatsangehörige. Sie wurde 1999 zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie trotz Verbots der Erwerbstätigkeit nach den gerichtlichen Feststellungen der Prostitution nachgegangen ist.

Ihre hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde (Vb) hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen.

I.

Die Bf hatte eine bis zum 23. Januar 2000 befristete Aufenthaltserlaubnis. Diese war mit der Auflage verbunden, dass ihr die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit oder einer vergleichbaren unselbständigen Erwerbstätigkeit nicht gestattet ist (§ 14 Abs. 2 Satz 2 AuslG). Nach den gerichtlichen Feststellungen hatte sie gegen diese Auflage verstoßen, weil sie der Prostitution nachgegangen ist. Sie wurde deshalb vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Revision zum Oberlandesgericht blieb erfolglos.

Hiergegen erhob die Bf Vb und rügte u.a. einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG ("Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde."). Die Strafnorm des Ausländergesetzes sei im Hinblick auf den Begriff der "Erwerbstätigkeit" zu unbestimmt.

II.

Die Vb lässt einen Verfassungsverstoß nicht erkennen. Die Auffassung der Fachgerichte, die Bf habe mit ihrer Betätigung als Prostituierte gegen das strafbewehrte Verbot, eine "Erwerbstätigkeit" auszuüben, verstoßen, hält sich im Rahmen der zulässigen richterlichen Auslegung. Die gebotene Bestimmtheit des Straftatbestands schließt nicht die Verwendung von Begriffen aus, die einer Deutung bedürfen. Es reicht aus, wenn das Risiko einer Bestrafung für den Normadressaten erkennbar ist.

Nach diesem Maßstab genügt die einschlägige Norm des Ausländergesetzes den Bestimmtheitsanforderungen. Das Risiko einer strafgerichtlichen Verfolgung auf der Grundlage eines objektiven Maßstabes, nämlich aus "Sicht des Bürgers", kann schon wegen der Vereinbarkeit der fachgerichtlichen Auslegung mit dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht zweifelhaft sein. Dass dieses Risiko auch von der Bf selbst erkannt worden ist, steht nach den gerichtlichen Feststellungen außer Frage.

Karlsruhe, den 14. April 2000