Bundesverfassungsgericht

Sie sind hier:

Zum Zustandekommen eines Revisionsverwerfungsbeschlusses im Strafverfahren

Pressemitteilung Nr. 50/2000 vom 18. April 2000

Beschluss vom 27. März 2000
2 BvR 434/00

Die 3. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde (Vb) eines verurteilten Straftäters gegen die Verwerfung seiner Revision nicht zur Entscheidung angenommen. Der Beschwerdeführer (Bf) hatte beanstandet, dass die Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) nicht gesetzmäßig zustande gekommen sei. Obwohl die Kammer des Zweiten Senats die Bedenken des Bf teilt, blieb seine Vb erfolglos, weil er wegen des Grundsatzes der Subsidiarität diese Bedenken rechtzeitig im Verfahren nach § 24 StPO (Ablehnung eines Richters) hätte geltend machen müssen.

I.

Der Bf ist 1998 vom Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt worden. Seine Berufung zum Landgericht blieb erfolglos. Auf die Revision übersandte der Berichterstatter des OLG die Akten der Generalstaatsanwaltschaft mit der Mitteilung, dass der Senat "nach vorläufiger Bewertung ... eine Erledigung der Sache gemäß § 349 Abs. 2 StPO für möglich" halte. Die Generalstaatsanwaltschaft stellte einen entsprechenden Antrag; das OLG verwarf sodann die Revision im Februar 2000 als unbegründet. Der Bf rügt einen Verstoß gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG: Die Praxis des OLG-Senats, der Generalstaatsanwaltschaft vor deren Antragstellung eine vorläufige Bewertung der Sache mitzuteilen, verstoße gegen § 349 StPO.

Diese Vorschrift lautet auszugsweise:

"(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluss entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet. (3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Bf mit. Der Bf kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen."

II.

Der Vb steht der Grundsatz der Subsidiarität entgegen. Dieser soll u.a. bewirken, dass das BVerfG vor seiner Entscheidung Gelegenheit hat, die Fallanschauung und Rechtsauffassung der Fachgerichte kennenzulernen. Zwar ist die Verfahrensweise des OLG im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG und im Hinblick auf den grundrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht unbedenklich und mit § 349 StPO kaum in Einklang zu bringen. Der Bf hätte jedoch gemäß § 24 StPO die Möglichkeit gehabt, seine Bedenken noch vor der Revisionsentscheidung in einem Ablehnungsverfahren hinsichtlich der Richter des OLG-Senats geltend zu machen. Nur dann hätte er - wie es der Grundsatz der Subsidiarität erfordert - alle bestehenden prozessualen Möglichkeiten hinreichend genutzt, um bereits eine fachgerichtliche Klärung von Bedeutung und Tragweite seiner Grundrechte herbeizuführen.

Karlsruhe, den 18. April 2000