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Vorläufiger Rechtsschutz zugunsten "Junger Nationaldemokraten"

Pressemitteilung Nr. 55/2000 vom 21. April 2000

Beschluss vom 21. April 2000
1 BvQ 10/00

Die 1. Kammer des Ersten Senats des BVerfG hat im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes dem Antrag der Jungen Nationaldemokraten -Landesverband Niedersachsen- stattgegeben, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen das behördliche Verbot einer für den 22. April 2000 geplanten Demonstration in einer Stadt in Niedersachsen wieder herzustellen.

Das bedeutet, dass das behördliche Verbot zunächst einmal nicht vollzogen werden kann.

Zur Begründung führt die Kammer u. a. aus:

Der Antrag der Jungen Nationaldemokraten ist weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Wohl aber ist es zweifelhaft und ggf. im Hauptsacheverfahren zu klären, ob die Gefahrenprognose, auf die die Entscheidungen der Behörde und der Verwaltungsgerichte gestützt sind, den Anforderungen an Art. 8 (Versammlungsfreiheit) genügt.

Die Behörde rechnet mit gewalttätigen Aktionen der Demonstrationsteilnehmer. Insoweit stützt sie sich nicht auf konkrete polizeiliche Erkenntnisse, sondern auf Vorfälle in der Vergangenheit sowie allgemein auf Erkenntnisse des Verfassungsschutzes und solche aus Presseberichten. Anhaltspunkte dafür, dass den befürchteten Gewalttaten nicht durch entsprechende Auflagen oder einen Einsatz von Ordnungskräften entgegengewirkt werden könnte, hat die Behörde nicht darzulegen vermocht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich nach Angaben der Antragsteller, denen die Behörde nicht substantiiert entgegengetreten ist, um eine vergleichsweise kleine Versammlung handelt.

Auch die befürchtete Gefährdung der öffentlichen Ordnung hat sie nicht durch konkrete Tatsachen belegt, sondern sich generell auf die einschüchternde Wirkung der Versammlung berufen.

Unter diesen Umständen ergibt die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gebotene Folgenabwägung, dass diejenigen Gefahren, die bei einem Verbot der Versammlung für die Antragsteller insgesamt einträten, gegenüber denjenigen überwiegen, welche bei Durchführung der Versammlung als möglich erscheinen, aber durch geeignete Gegenmittel begrenzt oder ausgeschaltet werden können.

Beschluss vom 21. April 2000 - Az. 1 BvQ 10/00 Karlsruhe, den 21. April 2000