Bundesverfassungsgericht

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Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen strafrechtliche Verurteilung wegen Unterstützung der PKK

Pressemitteilung Nr. 88/2000 vom 30. Juni 2000

Beschluss vom 05. Juni 2000
2 BvR 566/00

Die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat eine Verfassungsbeschwerde (Vb) nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen eine strafrechtliche Verurteilung wegen Unterstützung der PKK richtete.

1.

Der Beschwerdeführer (Bf) war wegen Zuwiderhandelns gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot gemäß §§ 20 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. 18 Satz 2 VereinsG (Text siehe Anlage) zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Das Landgericht (LG) hatte festgestellt, dass der Bf als so genannter Stadt(teil)-Verantwortlicher die verbotene PKK durch Spendensammlungen und den Verkauf von Propagandamaterial und Zeitschriften unterstützt hatte.

Mit der Vb rügte der Bf unter anderem eine Verletzung von Art. 103 Abs. 2 GG. Danach kann eine Tat nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Der Bf vertrat die Auffassung, dass sich weder aus dem Gesetzestext noch aus der Verbotsverfügung des Bundesministers des Innern, mit der die PKK 1993 verboten worden war, hinreichend konkret entnehmen lasse, welche Handlungen als strafbare Unterstützung von den Gerichten zu bewerten seien.

2.

Die Kammer hat die Vb nicht zur Entscheidung angenommen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Als spezielles Willkürverbot für die Strafgerichtsbarkeit verpflichtet Art. 103 Abs. 2 GG den Gesetzgeber, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände objektiv zu erkennen sind. Die hiernach gebotene Bestimmtheit des Straftatbestandes schließt jedoch die Verwendung von Begriffen nicht aus, die der Deutung durch den Richter bedürfen, solange auch für den Betroffenen wenigstens das Risiko der Bestrafung erkennbar ist.

Das war im vorliegenden Fall gegeben, obwohl weder in § 18 Satz 2 VereinsG noch in der Verbotsverfügung die verbotenen Handlungen im Einzelnen aufgezählt werden. Denn die gebotene inhaltliche Konkretisierung folgt (noch) hinreichend aus dem durch die gesetzlichen Verbotsgründe (§§ 3 Abs. 1, 14 Abs. 1 VereinsG) verdeutlichten Sinn und Zweck des Betätigungsverbots. Daraus kann eine hinreichend verlässliche, rechtsstaatlicher Gewichtung entsprechende Beschreibung der mit Strafe bedrohten Verhaltensweisen durch Auslegung gewonnen werden. Nach diesem Maßstab ist von Verfassungs wegen die Auslegung nicht zu beanstanden, wonach vom Straftatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG jedes unter dem Gesichtspunkt der Verbotsgründe potentiell erhebliche Verhalten erfasst wird, welches auf die verbotene Tätigkeit des betroffenen Vereins bezogen und konkret geeignet ist, eine für diese vorteilhafte Wirkung zu erzielen. Jedenfalls bei solchen Personen, die - wie der Bf - entweder dem verbotenen Verein als Mitglied angehören oder in dessen Auftrag tätig werden, gehört dazu die Propagandatätigkeit und die Unterstützung durch Spendensammlungen.

Anlage zur Pressemitteilung Nr. 88/2000 vom 30. Juni 2000

§ 20 VereinsG

Zuwiderhandlungen gegen Verbote

(1) Wer im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes durch eine darin ausgeübte Tätigkeit

4. einem vollziehbaren Verbot nach § 14 Abs. 2 Satz 1 oder § 18 Satz 2 zuwiderhandelt,

...wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

§ 18 VereinsG

Räumlicher Geltungsbereich von Vereinsverboten

... Hat der Verein im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes keine Organisation, so richtet sich das Verbot (§ 3 Abs. 1) gegen seine Tätigkeit in diesem Bereich.