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Verbot des Kurdistan-Komitees bestätigt

Pressemitteilung Nr. 97/2000 vom 19. Juli 2000

Beschluss vom 16. Juni 2000
1 BvR 1539/94

I.

Der Beschwerdeführer (Bf), das Kurdistan-Komitee e.V., war 1993 vom Bundesinnenministerium verboten worden. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat das Verbot im Jahre 1997 bestätigt, nachdem zuvor bereits ein Eilantrag des Bf erfolglos geblieben war.

II.

Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde (Vb) ist von der 2. Kammer des Ersten Senats nicht zur Entscheidung angenommen worden. Zur Begründung führt die Kammer im Wesentlichen aus:

1. Zu Recht hat das BVerwG den Bf als Ausländerverein angesehen, auch wenn sein einziges Vorstandsmitglied eine Deutsche ist. In Mitgliedschaft und Leitung überwiegen Ausländer, die Ziele des Vereins beschränken sich ausschließlich auf Probleme von Ausländern im Ausland. Das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) steht dem Bf deshalb nicht zur Seite.

2. Durch das Verbot wird der Bf auch nicht in seinem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) verletzt.

Die Kammer legt im Einzelnen dar, aus welchen öffentlichen Stellungnahmen des Bf das BVerwG entnommen hat, dass der Bf die PKK unterstützt und sich mit gewalttätigen Aktionen u.a. der PKK solidarisiert hat. Die Bewertung des BVerwG ist nicht zu beanstanden. Auch soweit der Bf sich von Einzeltaten, wie einer Geiselnahme in München, distanziert hat, steht dies einer solchen Bewertung nicht entgegen. Nach der sorgfältigen Analyse des BVerwG billigt der Bf grundsätzlich auch gewaltsame Aktionen, sofern sie nicht unter Einsatz von Waffen erfolgen und sich nicht gegen Personen richten. Hieraus auf eine Gefährdung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu schließen, steht mit Bedeutung und Tragweite von Art. 5 Abs. 1 GG im Einklang.

3. Auch in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) wird der Bf durch das angegriffene Urteil nicht verletzt. Das Vereinsverbot ist wegen der Gefahr, die der Bf durch seine Existenz für die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt, gerechtfertigt. Das BVerwG leitet diese Gefahr aus einer komplexen Würdigung ab, in die die Entstehung des Bf, sein Selbstverständnis und seine allgemeinen publizistischen und sonstigen Tätigkeiten im Zusammenhang mit der PKK einbezogen werden. Auch der Umstand ist eingeflossen, dass der Bf sich von einer Konsulatsbesetzung in München nicht distanziert habe.

Ausgangspunkt der Würdigung ist die auf umfassende Feststellungen gegründete Überzeugung, dass es sich bei der PKK um eine auch in Deutschland gewalttätig und terroristisch arbeitende Gruppe handelt.

Die Tatsachenfeststellungen und deren Würdigung durch das BVerwG begegnet verfassungsrechtlich keinen Bedenken.

Ein Verein, der - sei es auch mit legalen Mitteln - eine terroristische Organisation in der dargelegten Weise unterstützt, erhöht das von dieser Organisation ausgehende Sicherheitsrisiko. Er schafft ein Umfeld von Sympathie und Wohlwollen und verstärkt den durch Gewalteinsätze verfolgten propagandistischen Effekt. Mit der Erhöhung der politischen Wirksamkeit terroristischer Einsätze wächst zugleich der Anreiz, solche zu inszenieren. Die Auffassung des BVerwG, dass die innere Sicherheit durch gewalttätige Auseinandersetzung zwischen verfeindeten Volksgruppen sowie durch die Propagierung solcher Gewaltanwendung gefährdet werden, ist nicht zu beanstanden. Dabei ist die Frage nach der völkerrechtlichen Legitimität der Auseinandersetzung des kurdischen Bevölkerungsteils mit der türkischen Regierung unerheblich. Der deutsche Staat, der die Sicherheit aller seiner Bewohner zu gewährleisten hat, kann es nicht hinnehmen, dass auf seinem Territorium, aus welchem Grunde auch immer, Kämpfe mit unfriedlichen Mitteln ausgetragen werden.

Karlsruhe, den 19. Juli 2000 - Az. 1 BvR 1539/94, 1 BvR 373/98 -