Bundesverfassungsgericht

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Zur Vergütung von Vereinsbetreuern

Pressemitteilung Nr. 107/2001 vom 27. November 2001

Beschluss vom 07. November 2001
1 BvR 325/94

1. Mit der Reform des Vormundschaftsrechts 1992 hat der Gesetzgeber einen Wechsel in der Konzeption der Betreuung Volljähriger vorgenommen. Unter anderem ist zur Sicherstellung einer persönlichen qualifizierten Betreuung und zur Entlastung der öffentlichen Träger die Institution des anerkannten Betreuungsvereins geschaffen worden. Dessen Mitarbeiter müssen für Betreuungen fachlich geeignet sein; sie können von den Gerichten zu Vereinsbetreuern bestellt werden, üben diese Aufgabe aber im Rahmen eines Arbeitsvertrages mit dem Verein aus. Die Vergütung für die Betreuung, die bei mittellosen Betreuten vom Staat zu zahlen ist, fließt an den Verein. Bis 1998 entsprach die staatliche Vergütung dem Höchstbetrag der Zeugenentschädigung (20 DM, seit 1994 25 DM pro Stunde), sie konnte bei besonderen Erfordernissen oder Schwierigkeiten im Einzelfall auf das drei- bis fünffache erhöht werden. Die Vereinsbetreuer selbst erhalten vom Verein ein arbeitsvertraglich geschuldetes Gehalt.

2. Die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat nunmehr in einem Beschluss vom 7. November 2001 festgestellt, dass bei der Vergütung auch die Erforderlichkeit der Beschäftigung qualifizierter Mitarbeiter durch den Betreuungsverein zu berücksichtigen ist. Auf die Verfassungsbeschwerde (Vb) von drei Betreuungsvereinen hat die Kammer Gerichtsentscheidungen aufgehoben, mit denen für die Betreuung durch Diplom-Pädagogen bzw. Sozialarbeiter eine Vergütung von 25 - 45 DM festgesetzt worden war. Die Kammer führt zur Begründung im Wesentlichen aus:

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits festgestellt, dass die gesetzliche Regelung über die Vergütung von Betreuern als solche den Anforderungen an ein Gesetz, durch das Art. 12 GG berührt wird, genügt. Insbesondere lässt sie hinreichend Raum für die Berücksichtigung von Besonderheiten im Einzelfall. Hier haben die Gerichte in Auslegung und Anwendung des Gesetzes aber die Besonderheit verkannt, die darin liegt, dass die Betreuungsvereine besonders qualifiziertes Fachpersonal anstellen. Genau dies entspricht der Konzeption des Gesetzgebers, muss dann aber auch bei der Festsetzung der Vergütung beachtet werden. Durch das neue Betreuungsgesetz sollten nicht nur die öffentlichen Träger entlastet, sondern auch die Gerichte in die Lage versetzt werden, auf ein ausreichendes Potenzial qualifizierter Mitarbeiter von Betreuungsvereinen zugreifen zu können. Die Anerkennung eines Betreuungsvereins setzt voraus, dass er hinreichend qualifizierte Mitarbeiter anstellt. Bei dieser Konstruktion darf die gerichtliche Festsetzung der Vergütung nicht in Widerspruch stehen zu den gesetzlichen Vorgaben, die die Höhe der Kosten für den Betreuungsverein maßgeblich beeinflussen. Bei der Festsetzung der Vergütung muss daher in Rechnung gestellt werden, dass Diplom-Pädagogen oder diplomierte Sozialarbeiter, die die vom Gesetz gewollte qualifizierte Betreuung leisten können, von den Betreuungsvereinen nach BAT IV b zu vergüten sind, wie das Bundesarbeitsgericht entschieden hat. Eine diesem Umstand angemessene Vergütung wäre im oberen Bereich des Vergütungsrahmens anzusiedeln.

Karlsruhe, den 27. November 2001