Bundesverfassungsgericht

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Rechtsschutz bei Gehörverletzungen

Pressemitteilung Nr. 7/2002 vom 25. Januar 2002

Beschluss vom 16. Januar 2002
1 BvR 10/99

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat am 16. Januar 2002 folgenden Beschluss gefasst:

Das Plenum des Bundesverfassungsgerichts wird gemäß § 16 Absatz 1 BVerfGG, § 48 Absatz 1 GOBVerfG angerufen. Der Erste Senat will von der Rechtsauffassung des Zweiten Senats abweichen, nach der das Fehlen einer fachgerichtlichen Abhilfemöglichkeit bei entscheidungserheblichen Verstößen gegen das Verfahrensgrundrecht des Artikels 103 Absatz 1 des Grundgesetzes nicht das Grundgesetz verletzt (vgl. BVerfGE 11, 263 ; 42, 243 ; 49, 329 ).

Hintergrund dieses Beschlusses ist eine Verfassungsbeschwerde, mit der die Beschwerdeführer eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör rügen. Gegen das angegriffene Urteil des Oberlandesgerichts war nach den maßgeblichen Vorschriften der Zivilprozessordnung kein Rechtsmittel möglich. Zwar hat die Rechtsprechung für bestimmte Fallkonstellationen außerordentliche Rechtsschutzmöglichkeiten entwickelt. Deren Voraussetzungen lagen allerdings nach Auffassung des Bundesgerichtshofs in dem hier in Rede stehenden Verfahren nicht vor. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann ein Beschwerdeführer in derartigen Fällen nur Verfassungsbeschwerde erheben. Der Erste Senat hält dies unter dem Aspekt der Justizgewährung nicht für ausreichend. Er ist der Auffassung, dass das Gesetz dem Bürger bei Gehörsverletzungen Rechtsschutz bereits durch die Fachgerichte selbst eröffnen muss.

Karlsruhe, den 25. Januar 2002