Bundesverfassungsgericht

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Effektiver Rechtsschutz für Strafgefangene

Pressemitteilung Nr. 42/2002 vom 3. April 2002

Beschluss vom 27. Februar 2002, Beschluss vom 13. März 2002
2 BvR 553/01
2 BvR 261/01

Die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat in zwei Beschlüssen die Beachtung des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz für Strafgefangene durch die Fachgerichte angemahnt.

In den Ausgangsverfahren hatten sich die Beschwerdeführer (Bf) jeweils dagegen gewehrt, über unterschiedlich lange Zeiträume zu zweit in einer als Einzelhaftraum vorgesehenen Zelle untergebracht zu werden. Diese Zellen hatten jeweils eine Grundfläche von rund 8 qm und waren mit einem Etagenbett, Stühlen, Esstisch, Schrank, Waschbecken und Klosett ausgestattet.

In dem einen Fall war der Bf während eines Gefangenentransportes für fünf Tage mit einem weiteren Gefangenen zusammen derart untergebracht. Beide durften diesen Raum täglich nur für eine Stunde verlassen. Das Landgericht wies den nachträglichen Antrag des Bf auf Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Unterbringung als unbegründet zurück, das OLG verwarf seine Rechtsbeschwerde als unzulässig. Dabei ging es davon aus, dass die beanstandete Unterbringungssituation des Bf unter anderem gegen seine Menschenwürde verstoßen habe.

In dem anderen Fall war der Bf wegen Überbelegung einer Haftanstalt rund drei Monate lang derart untergebracht. Auch hier wies das Landgericht den Antrag auf nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der Unterbringung zurück. Die Justizvollzugsanstalt habe verbindlich erklärt, dass der Bf künftig nicht erneut mit einem anderen Gefangenen im Einzelhaftraum untergebracht werde. Das OLG verwarf die Rechtsbeschwerde als unzulässig mangels Feststellungsinteresse.

Die 3. Kammer des Zweiten Senats hat beide Gerichtsentscheidungen aufgehoben, weil sie die Rechtsansprüche der Bf auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzten. Zur Begründung führt die Kammer im Wesentlichen aus, dass die Unterbringung des Strafgefangenen seine Menschenwürde verletzen kann. Dem Recht auf Achtung der Menschenwürde kommt in der Verfassung ein Höchstwert zu. Schon dies lässt in aller Regel nach Erledigung eines Eingriffs ein Interesse des Betroffenen an - auch nachträglicher - Feststellung der Rechtswidrigkeit als schutzwürdig erscheinen. Dabei kann es nicht darauf ankommen, ob eine derartige Verletzung nur vorübergehend geschehen ist, denn Achtung und Schutz der Menschenwürde ist aller staatlichen Gewalt auferlegt.

Karlsruhe, den 3. April 2002