Bundesverfassungsgericht

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Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen längere Grundschule in Sachsen-Anhalt

Pressemitteilung Nr. 50/2002 vom 2. Mai 2002

Beschluss vom 16. April 2002
1 BvR 279/02

Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat eine Verfassungsbeschwerde (Vb) gegen die Einführung der Grundschule mit festen Öffnungszeiten in Sachsen-Anhalt nicht zur Entscheidung angenommen. Die Beschwerdeführer (Bf) waren zuvor bereits beim Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt gescheitert.

Das BVerfG stellt zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen fest, dass das Gesetz zur Einführung der Grundschule mit festen Öffnungszeiten nicht gegen das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG verstößt. Im Bereich der Schule steht dem elterlichen Erziehungsrecht gleichgeordnet der Erziehungsauftrag des Staates gegenüber. Die gemeinsame Aufgabe von Eltern und Schule ist in einem sinnvoll aufeinanderbezogenen Zusammenwirken zu erfüllen. Der Staat muss dabei in der Schule die Verantwortung der Eltern für den Gesamtplan der Erziehung ihrer Kinder achten und für die Vielfalt der Anschauungen in Erziehungsfragen so weit offen sein, wie es sich mit einem geordneten staatlichen Schulsystem verträgt.

Der staatliche Spielraum ist durch die Einführung des vorliegenden integrativen Modells der Grundschule mit festen Öffnungszeiten als pädagogisches Konzept nicht überschritten. Der Umstand, dass Grundschulkinder danach pro Schultag 75 Minuten länger in der Schule anwesend sein müssen, führt nicht dazu, dass den Eltern nicht mehr genügend Zeit verbleibt, um im Sinne ihrer Vorstellungen und Ziele erzieherisch auf die Kinder einzuwirken. Es ist verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Grundschule mit festen Öffnungszeiten für alle Kinder verpflichtend eingeführt hat, anstatt sie nur als Angebot auszugestalten. Damit hat der Staat auf der Grundlage grundschulpädagogischer Erkenntnisse die bildungspolitische Entscheidung getroffen, für alle Schüler in Sachsen-Anhalt ein als kindgerecht und daher sinnvoll angesehenes Modell der Schulgestaltung umzusetzen.

Karlsruhe, den 2. Mai 2002