Bundesverfassungsgericht

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Selbstablehnung des Richters Jentsch begründet

Pressemitteilung Nr. 50/2003 vom 4. Juli 2003

Beschluss vom 18. Juni 2003
2 BvR 383/03

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit Beschluss vom 18. Juni 2003 im Verfassungsbeschwerde-Verfahren der Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU) zur staatlichen Parteienfinanzierung die Selbstablehnung des Richters Jentsch für begründet erklärt.

1. Die Beschwerdeführerin (Bf), die Christlich Demokratische Union Deutschlands, wendet sich mit ihrer am 11. März 2003 erhobenen Verfassungsbeschwerde (Vb) gegen verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, die ihre Ansprüche aus der staatlichen Parteienfinanzierung für das Jahr 1999 abgelehnt haben. Wegen Unvollständigkeit des Rechenschaftsberichts verweigert der Bundestagspräsident von der Bf. begehrte Zahlungen. Die Unvollständigkeit ergibt sich daraus, dass der Landesverband Hessen der Bf nicht deklarierte Gelder auf geheim gehaltene Auslandskonten verbracht hat. Dabei soll Herr Manfred Kanther, der damalige Generalsekretär und spätere Vorsitzende des Landesverbandes Hessen der Bf, beteiligt gewesen sein.

Richter Jentsch hat am 19. März 2003 eine dienstliche Erklärung abgegeben und bei dem Zweiten Senat beantragt, eine Entscheidung über die Frage der Besorgnis seiner Befangenheit herbeizuführen. Er wies darauf hin, dass Herr Kanther, auch mit seinem Einverständnis, seit Mai 1999 seinen Beruf als Rechtsanwalt in der von ihm begründeten Rechtsanwaltspraxis mit Sitz in Wiesbaden ausübt. Er könne nicht ausschließen, dass seine Beteiligung an diesem Verfahren zu der Befürchtung führen könne, seine Einstellung werde durch die Verbindung zu Herrn Kanther beeinflusst. Die Rechte des Richters Jentsch aus der Zulassung ruhen für die Dauer seines Amtes.

2. In den Gründen der Entscheidung heißt es: Der von Richter Jentsch angezeigte Sachverhalt begründet die Besorgnis der Befangenheit. Dabei geht es darum, bereits den bösen Schein einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit zu vermeiden. Bei Würdigung aller Umstände besteht hinreichender Anlass, wegen der Verbindung mit Herrn Kanther in einer gemeinsamen Anwaltskanzlei an der Unvoreingenommenheit des Richters Jentsch zu zweifeln. Der Ausgang des Verfahrens über die von der Bf verfolgten Ansprüche könnte möglicherweise für Herrn Kanther weitere Verfahren nach sich ziehen, in denen es um die rechtliche Beurteilung seines Verhaltens beim Umgang mit dem Parteivermögen und eine mögliche Haftung hierfür geht. Dies könnte Auswirkungen auf die von Richter Jentsch begründete Anwaltskanzlei haben.

Für den weiteren Fortgang wird auf § 19 Abs. 4 Bundesverfassungsgerichtsgesetz hingewiesen: Hat das Bundesverfassungsgericht die Ablehnung oder Selbstablehnung eines Richters für begründet erklärt, wird durch Los ein Richter des anderen Senats als Vertreter bestimmt. Die Vorsitzenden der Senate können nicht als Vertreter bestimmt werden. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung.

Karlsruhe, den 4. Juli 2003