Bundesverfassungsgericht

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Zur Besoldung des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts

Pressemitteilung Nr. 93/2003 vom 11. November 2003

Beschluss vom 10. Oktober 2003
2 BvL 7/02

Die Vorlage zu der Frage, ob Anlage III (Bundesbesoldungsordnung R) des Bundesbesoldungsgesetzes in der vom 1. Januar 1996 bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung betreffend die Besoldung des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar war, ist unzulässig. Dies entschied die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts.

Zum Sachverhalt:

Nach der zwischen 1. Januar 1996 und 31. Dezember 2001 geltenden Besoldungsordnung waren die Ämter der Präsidenten der zweitinstanzlichen Gerichte außer dem Amt des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts an Gerichten mit bis zu 25 Richterplanstellen im Bezirk in Besoldungsgruppe R 5, an Gerichten mit 26 bis 100 Richterplanstellen im Bezirk in Besoldungsgruppe R 6 und an Gerichten mit 101 und mehr Richterplanstellen im Bezirk in Besoldungsgruppe R 8 aufgeführt. Für den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts war zwar eine entsprechende Einstufung in die Besoldungsgruppe R 5 bzw. R 6, nicht aber in die Besoldungsgruppe R 8 vorgesehen. Diese Rechtslage wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2002 geändert. Seither ist der Präsident des Landesarbeitsgerichts an einem Gericht mit 101 und mehr Richterplanstellen im Bezirk in die Besoldungsgruppe R 8 eingestuft worden.

Der Kläger des Ausgangsverfahrens war vom Februar 1996 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2001 Präsident des Landesarbeitsgerichts und mit seiner Ernennung in die Stelle des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts - Besoldungsgruppe R 6 - eingewiesen worden. Er strebte die Einstufung in die Besoldungsgruppe R 8 an, weil dem Bezirk des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg seit mehreren Jahren mehr als 101 Richterplanstellen zugeordnet seien. Das Finanzministerium Baden-Württemberg vertrat die Auffassung, die Ämter der Präsidenten der zweitinstanzlichen Gerichte müssten einheitlich eingestuft werden. Jedoch müsse der Gesetzgeber zuvor die Bundesbesoldungsordnung R ändern. Dazu kam es jedoch nicht mehr vor Eintritt des Klägers in den Ruhestand.

Mit seiner vor dem Verwaltungsgericht (VG) Stuttgart erhobenen Klage begehrte er die Einweisung in die Besoldungsgruppe R 8 zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens seiner Ernennung zum Präsidenten des Landesarbeitsgerichts und die entsprechende Besoldung ab diesem Zeitpunkt. Die Besoldung des Präsidenten eines Landesarbeitsgerichts mit 101 und mehr Richterplanstellen im Bezirk habe jedenfalls gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen. Das VG hat das Verfahren ausgesetzt. Es hat dem Bundesverfassungsgericht Anlage III (Bundesbesoldungsordnung R) des Bundesbesoldungsgesetzes in der oben genannten Fassung betreffend die Besoldung des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts an einem Gericht mit 101 und mehr Richterplanstellen im Bezirk zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit vorgelegt. Das VG ist von der Verfassungswidrigkeit der diesbezüglichen Regelung der Besoldungsordnung überzeugt.

In den Gründen der Entscheidung heißt es:

Die Vorlage ist unzulässig. Sie begründet nicht ausreichend, inwiefern es zur Entscheidung des beim VG anhängigen Rechtsstreits auf die Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Rechtsvorschrift ankommt. So werden bereits die Konsequenzen aus der Ungültigkeit oder Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm für den Rechtsstreit nicht dargelegt. Übersehen wird, dass allein eine Nichtig- oder Unvereinbarkeitserklärung der in Rede stehenden Regelung der Besoldungsordnung durch das Bundesverfassungsgericht noch nicht die erforderliche Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf höhere Besoldung schaffen würde. Erforderlich wäre vielmehr eine entsprechende Neuregelung des Gesetzgebers mit Wirkung für die Vergangenheit.

Vor allem aber hat das VG sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die vom Kläger mit dem Hauptantrag verfolgte rückwirkende Einweisung in die Besoldungsgruppe R 8 zum 1. Februar 1996 und Bezahlung von Bezügen nach R 8 ab 1. Februar 1996 rechtlich überhaupt möglich wäre. Dies erscheint aus folgenden Gründen als höchst zweifelhaft: Ist dieselbe Amtsbezeichnung in mehreren Besoldungsgruppen aufgeführt, handelt es sich auch um mehrere Ämter im statusrechtlichen Sinne. Die Einweisungsverfügung kann in diesen Fällen nicht nur haushaltsrechtliche, sondern eine den Status des Beamten oder Richters berührende, rechtsbegründende Bedeutung haben. Deshalb kann ihr der Charakter eines Verwaltungsakts zukommen und nicht nur - wie das VG annimmt - einer internen haushaltsrechtlichen Maßnahme ohne Außenwirkung. Damit wäre die Klage zum einen nur als Verpflichtungsklage zulässig gewesen.

Zum anderen wäre der allgemeine beamtenrechtliche Grundsatz des Verbots rückwirkender Statusbegründungen oder -änderungen zu beachten. Dieser gilt nicht nur für Ernennungen, sondern auch für den die Ernennung durch Konkretisierung der Besoldungsgruppe ergänzenden Verwaltungsakt oder für ernennungsähnliche Verwaltungsakte. Dies heißt für den vorliegenden Fall, dass der Kläger für die Vergangenheit ein anderes Amt im statusrechtlichen Sinne erstrebt, nämlich das eines Landesarbeitsgerichtspräsidenten in der Besoldungsgruppe R 8. Dies ist beamtenrechtlich nicht möglich. Damit ist der Hauptantrag im Ausgangsverfahren auf eine rechtlich nicht mögliche Leistung gerichtet. Mit diesem Problem hat sich das VG nicht auseinandergesetzt. Solche Erwägungen an Stelle des Fachgerichts anzustellen, ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts.

Karlsruhe, den 11. November 2003