Bundesverfassungsgericht

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Selbstablehnung des Richters Di Fabio begründet

Pressemitteilung Nr. 15/2004 vom 17. Februar 2004

Beschluss vom 19. Januar 2004
2 BvF 1/98

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat in dem Normenkontrollverfahren zur Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 24. April 1998 die Selbstablehnung des Richters Di Fabio für begründet erklärt.

1. Das zur Prüfung gestellte Gesetz besteht aus fünf Artikeln. Art. 1 umfasst das Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz - EnWG). Artikel 3 enthält in Nummer 2 Änderungen des Stromeinspeisungsgesetzes. Richter Di Fabio hat sich mit Schreiben vom 1. Oktober 2003 für befangen erklärt. Er verweist darauf, dass er in einem 1998 anhängig gewordenen Verfassungsbeschwerde- Verfahren, das sich unmittelbar gegen die Änderung des Stromeinspeisungsgesetzes durch Bestimmungen des Art. 3 des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 24. April 1998 gerichtet habe, für die dortige Beschwerdeführerin als Prozessbevollmächtigter aufgetreten sei. Zu einer Sachentscheidung hat das Verfassungsbeschwerde-Verfahren nicht geführt.

2. In den Gründen der Entscheidung heißt es:

a. Richter Di Fabio ist nicht kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossen. Dies wäre nach dem Bundesverfassungsgerichtsgesetz nur der Fall, wenn er in derselben Sache bereits von Amts oder Berufs wegen tätig gewesen wäre. Dieses Tatbestandsmerkmal meint das verfassungsgerichtliche Verfahren selbst sowie ein diesem unmittelbar vorangegangenes und ihm sachlich zugeordnetes Verfahren. Die Tätigkeit als Prozessbevollmächtigter in einem sonstigen Verfahren genügt hierfür auch dann nicht, wenn dessen Gegenstand mit demjenigen des zur Entscheidung anstehenden Verfahrens teilweise übereinstimmt.

b. Die Selbstablehnung ist begründet.

Bei der Frage der Besorgnis der Befangenheit geht es darum, bereits den bösen Schein einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit zu vermeiden. Die Sorge, dass der Richter die streitigen Rechtsfragen nicht mehr offen und unbefangen beurteilen werde, ist verständlich, wenn ein Richter Äußerungen zu verfassungsrechtlichen Fragen als Bevollmächtigter eines an einem früheren Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht Beteiligten abgegeben hat und der in dem früheren Verfahren verfolgte Rechtsstandpunkt auch im anhängigen Verfahren von wesentlicher Bedeutung ist. So liegt der Fall hier. Das mit dem Normenkontrollantrag von den Antragstellern angegriffene Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 24. April 1998 und das frühere Verfassungsbeschwerde-Verfahren, in dem sich Richter Di Fabio als Bevollmächtigter geäußert hatte, betreffen teilweise denselben Gegenstand. Bei unbefangener Betrachtungsweise könnte dies Zweifel daran begründen, dass Richter Di Fabio die im Normenkontroll-Verfahren anstehenden streitigen Rechtsfragen nicht mehr offen und unbefangen beurteilen werde. Ein erheblicher zeitlicher Abstand zur früheren Prozessvertretung oder eine Veränderung der Rechtslage oder anderer Beurteilungsgrundlagen, die zu einer anderen Einschätzung führen könnten, liegen nicht vor.

Den Fortgang des Verfahrens regelt § 19 Abs. 4 Bundesverfassungsgerichtsgesetz. Danach gilt: Hat das Bundesverfassungsgericht die Ablehnung oder Selbstablehnung eines Richter für begründet erklärt, wird durch Los ein Richter des anderen Senats als Vertreter bestimmt. Die Vorsitzenden der Senate können nicht als Vertreter bestimmt werden.

Am 10. Februar 2004 wurde durch Los Richter des Bundesverfassungsgerichts Hoffmann-Riem als Vertreter bestimmt.

Karlsruhe, den 17. Februar 2004