Bundesverfassungsgericht

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Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen Ablehnung einer gerichtlichen Sachentscheidung über Haftraumbedingungen

Pressemitteilung Nr. 124/2005 vom 14. Dezember 2005

Beschluss vom 23. November 2005
2 BvR 1514/03

Die Verfassungsbeschwerde eines Strafgefangenen, der vergeblich eine gerichtliche Entscheidung darüber erstrebt hatte, ob es zulässig war, dass er während seiner Haftzeit zusammen mit einer weiteren Person in einem Haftraum von weniger als 8 Quadratmetern mit nur durch einen Vorhang abgetrennten Sanitätsbereich untergebracht war, hatte Erfolg. Das Oberlandesgericht hatte seine Beschwerde gegen die Haftraumbedingungen als unzulässig verworfen, da der Beschwerdeführer während der Dauer des Rechtsstreits aus der Haft ins Ausland abgeschoben worden war und ein Interesse an nachträglicher Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Unterbringung nicht bestehe. Es bestehe weder Wiederholungsgefahr noch sei ein Rehabilitationsinteresse erkennbar. Die 2. Kammer des Zweiten Senats stellte fest, dass der Beschluss des Oberlandesgerichts den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf wirksamen Rechtsschutz verletzt.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes ist es zwar prinzipiell vereinbar, die Rechtsschutzgewährung von einem fortbestehenden Rechtsschutzinteresse abhängig zu machen. Daher ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Fachgerichte bei Erledigung des Verfahrensgegenstandes einen Fortfall des Rechtsschutzinteresses annehmen. Trotz Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzziels kann ein Bedürfnis nach gerichtlicher Entscheidung aber fortbestehen, wenn das Interesse des Betroffenen an der Feststellung der Rechtslage in besonderer Weise schutzwürdig ist. In Verfahren, die die Haftraumunterbringung eines Gefangenen betreffen, entfällt das Rechtsschutzinteresse nicht mit der Beendigung der beanstandeten Unterbringung, wenn eine Verletzung der Menschenwürde durch die Art und Weise der Unterbringung in Frage steht. Dies war hier der Fall. Von weiteren Voraussetzungen war das Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers daher nicht abhängig.