Bundesverfassungsgericht

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Mündliche Verhandlung in Sachen „Flughafenverbot Fraport“

Pressemitteilung Nr. 97/2010 vom 19. Oktober 2010

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt am

23. November 2010, 10:00 Uhr,
im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts,
Schloßbezirk 3, 76131 Karlsruhe

über eine Verfassungsbeschwerde gegen zivilgerichtliche Entscheidungen, die ein von der Fraport Aktiengesellschaft ausgesprochenes Verbot bestätigen, den Flughafen Frankfurt für Demonstrationen und Meinungskundgaben zu nutzen.

Der Flughafen Frankfurt wird von der Fraport Aktiengesellschaft betrieben, in deren Eigentum auch das Flughafengelände steht. Die Anteile der Fraport AG werden mehrheitlich von der öffentlichen Hand gehalten. Der Flughafen weist - außer der für die Abwicklung des Flugverkehrs bestimmten Infrastruktur - zahlreiche Einrichtungen zu Zwecken des Konsums und der Freizeitgestaltung auf, die auch von anderen Personen als von Fluggästen genutzt werden können, darunter insbesondere Gastronomiebetriebe und Ladengeschäfte verschiedener Kategorien. Die Nutzung des Flughafengeländes durch Fluggäste und andere Kunden hat die Fraport AG in der von dem Land Hessen genehmigten Flughafenbenutzungsordnung (FBO) geregelt. Danach bedarf u. a. das Verteilen von Flugblättern und sonstigen Druckschriften der Einwilligung des Flughafenunternehmers. Zuwiderhandlungen gegen die Flughafenbenutzungsordnung oder gegen auf ihrer Grundlage ergangene Weisungen des Flughafenunternehmers können gemäß Ziffer 9 FBO durch einen Verweis vom Flughafengelände geahndet und zur Anzeige gebracht werden.

Die Beschwerdeführerin ist Mitglied einer "Initiative gegen Abschiebungen", die sich gegen die Abschiebung von Ausländern unter Mitwirkung privater Fluggesellschaften wendet. Gemeinsam mit fünf weiteren Mitgliedern der Initiative verteilte sie am 11. März 2003 in der Abflughalle des Frankfurter Flughafens am Abfertigungsschalter des Fluges nach Athen Flugblätter, die den Namen der mit diesem Flug abzuschiebenden Person nannten und Angaben zu deren Schicksal enthielten.

Mit Schreiben vom 12. März 2003 erteilte die Fraport AG der Beschwerdeführerin daraufhin ein "Flughafenverbot" mit dem Hinweis, dass gegen sie Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs erstattet werde, sobald sie erneut "unberechtigt" auf dem Flughafen angetroffen werde. Am 17. Juni 2004 demonstrierte die Beschwerdeführerin zusammen mit zehn weiteren Aktivisten erneut an einem Abfertigungsschalter des Flughafens und verteilte hierbei Flugblätter.

Die von der Beschwerdeführerin vor den Zivilgerichten gegen die Fraport AG erhobene Klage auf Feststellung, dass das erteilte Demonstrations- und Meinungskundgabeverbot für den Bereich des Flughafens Frankfurt rechtswidrig sei, blieb in allen Instanzen ohne Erfolg. Die Fraport AG habe als Eigentümerin des Flughafengeländes und Inhaberin des Hausrechts die Befugnis, den Zutritt nur zu bestimmten Zwecken zu erlauben und die Einhaltung dieser Zwecke mittels eines Flughafenverbots auszusprechen. Die Beschwerdeführerin habe sich nicht innerhalb der freigegebenen Nutzungszecke bewegt. Das Flughafenverbot verletzte sie auch dann nicht in ihren Grundrechten auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit, wenn eine unmittelbare Grundrechts bindung der Fraport AG unterstellt werde. Das Hausrecht ermögliche dem Flughafenbetreiber den Betrieb zu organisieren. Hiermit verbundene Grundrechtseinschränkungen seien grundsätzlich hinzunehmen.

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot sowie eine Verletzung ihrer Grundrechte auf Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit und allgemeine Handlungsfreiheit, die durch die angegriffenen zivilgerichtlichen Entscheidungen in unverhältnismäßiger Weise beschränkt würden. Da die Anteile an der Fraport AG mehrheitlich von der öffentlichen Hand gehalten würden und der von ihr betriebene Flughafen Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge sei, sei sie unmittelbar an die Grundrechte gebunden. Auch einer nur mittelbaren Grundrechtsbindung trügen die Entscheidungen der Zivilgerichte nicht hinreichend Rechnung. Sie verböten ihr, der Beschwerdeführerin, die freie Entscheidung über Ort und Form ihrer Meinungskundgabe, indem sie die Ausübung dieses Rechts von der vorherigen Zustimmung der Beklagten abhängig machten. Dieser Eingriff in ihre Meinungsfreiheit sei nicht gerechtfertigt. Weder sei eine Störung des Flughafenbetriebs beabsichtigt gewesen noch hätten die Gerichte eine Gefahr für den Flughafenbetrieb konkret festgestellt. Auch überschreite das Verteilen von Flugblättern nicht den Rahmen des von der Fraport AG eröffneten Allgemeinverkehrs. Daneben sei ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verletzt, da die angegriffenen Entscheidungen seine Ausübung auf dem Flughafengelände von der vorherigen Einwilligung der Beklagte abhängig machten, was Spontanversammlungen gänzlich unmöglich mache. Stellten private Eigentümer eine Fläche regelmäßig der Öffentlichkeit als Flanier- und Konsummeile zur Verfügung, seien sie zur Überlassung dieser Fläche zu Versammlungszwecken verpflichtet. Des Weiteren verstoße das gerichtlich bestätigte Flughafenverbot gegen das Diskriminierungsverbot. Ein rechtfertigender Grund für die Schlechterstellung politischer Aktivisten im Vergleich zu sonstigen Besuchern des Flughafens sei nicht ersichtlich. Schließlich sei sie, die Beschwerdeführerin, auch in ihrer verfassungsrechtlich gewährleisteten allgemeinen Handlungsfreiheit verletzt, da sie sich auch dann, wenn sie aus einem anderen Grund das Flughafengelände betrete, etwa um einen Fluggast abzuholen, dem Verdacht aussetze, einen Hausfriedensbruch zu begehen.

Die Verhandlungsgliederung finden Sie im Anhang an diese Pressemitteilung.

Hinweis

Interessierte Bürgerinnen und Bürger, die an der mündlichen Verhandlung teilnehmen wollen, wenden sich bitte schriftlich oder telefonisch an

Herrn Oberamtsrat Stadtler
Postfach 1771, 76006 Karlsruhe
Telefon: 0721/9101-400
Fax: 0721 9101-461

Bei der Anmeldung sind Name, Vorname, Geburtsdatum und eine Telefon- oder Faxnummer anzugeben.

Aufgrund des einfach gelagerten Sachverhalts ist die mündliche Verhandlung für eine Teilnahme interessierter Bürgerinnen und Bürger besonders geeignet.

Verhandlungsgliederung

0. Formalien und Sachbericht
I. Einleitende Stellungnahmen
    - Beschwerdeführerin
- Fraport AG
- Hessische Staatskanzlei
II. Fakten und Material
    Ausgestaltung des Flughafens Frankfurt und Sicherheitsrelevanz
der verschiedenen Funktionsflächen; bisherige Erfahrungen mit
Versammlungen und Meinungskundgaben auf dem Flughafengelände
        - Fraport AG
- Landespolizei
- Bundespolizei
- Beschwerdeführerin
- Amnesty International
- Deutscher Gewerkschaftsbund
III. Rechtliche Bewertung
    1. Grundrechtsbindung der Fraport AG und Folgen einer möglichen
unmittelbaren Grundrechtsbindung für deren Grundrechtsberechtigung
        - Beschwerdeführerin
- Fraport AG
- Hessische Staatskanzlei
- Bundesverband Öffentlicher Dienstleistungen
    2. Maßstab der Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) und der
Meinungsfreiheit (Art. 5 GG)
        - Fraport AG
- Hessische Staatskanzlei
- Beschwerdeführerin
- Amnesty International
- Deutscher Gewerkschaftsbund

Akkreditierungshinweise für die mündliche Verhandlung des Ersten Senats am 23. November 2010

Akkreditierung

Alle Medienvertreter haben sich schriftlich bis spätestens 16. November 2010, 12.00 Uhr, unter Bekanntgabe der E-mail-Adresse zu akkreditieren (Fax Nr. 0721 9101-461). Die Anträge werden in der Reihenfolge des Eingangs berücksichtigt. Akkreditierungen, die nach Ablauf der Frist bzw. per E-mail eingehen, werden nicht berücksichtigt. Nach Ablauf der Akkreditierungsfrist wird eine Bestätigung per E-mail versandt.

Allgemeines

Für Medienvertreter stehen auf der Presseempore insgesamt 43 Sitzplätze zur Verfügung. Davon sind 11 Plätze für die Mitglieder der Justizpressekonferenz reserviert. Soweit Medienvertreter auf der Presseempore keinen Platz haben, müssen sie sich nach der Feststellung der Anwesenheit der Beteiligten in den dafür vorgesehenen Presseraum im 1. OG begeben. Der weitere Aufenthalt vor dem Sitzungssaal ist nicht gestattet.

Im Presseraum stehen weitere 50 Sitzplätze zur Verfügung - davon sind 30 Plätze mit einem 230 V-Anschluss für Laptops ausgestattet. Außerdem steht ein Analog-Modem (mit TAE-Stecker) zur Verfügung. Es findet eine Tonübertragung aus dem Sitzungssaal statt.

Das Telefonieren im Sitzungssaal ist nicht gestattet. Mobiltelefone sind auszuschalten. Laptops dürfen im Sitzungssaal ebenfalls nicht benutzt werden. Medienvertretern, Verfahrensbeteiligten sowie deren Bevollmächtigten kann die Nutzung von Laptops im Offline-Betrieb gestattet werden, soweit sichergestellt ist, dass mit den Geräten weder Ton- und Bildaufnahmen sowie Datenübermittlungen durchgeführt werden.

Foto- und Fernsehaufnahmen

1. Foto-, Film-, und Tonaufnahmen sind zulässig bis zum Abschluss der Feststellung der Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten durch den Vorsitzenden des Senats. Danach haben Fotografen und Kamerateams die Ebene des Sitzungssaals (auch äußeren Flurraum und Pressetribüne) zu verlassen. Zum Aufenthalt steht der Presseempfangsraum (1. OG) zur Verfügung.

Für Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal werden zwei Fernsehteams (ein öffentlich-rechtlicher und ein privat-rechtlicher Sender mit jeweils maximal drei Kameras) sowie sechs Fotografen (vier Agenturfotografen und zwei freie Fotografen) zugelassen (Pool-Bildung).

Die Platzvergabe für die Poolführerschaft erfolgt nach der Reihenfolge des Fax-Eingangs. Die Bestimmung der "Pool-Mitglieder" bleibt den Fernsehsendern bzw. den Agenturen und Fotografen selbst überlassen.

Die "Pool-Mitglieder" verpflichten sich auf entsprechende Aufforderung hin, gefertigte Film und Fotoaufnahmen anderen Rundfunk- und TV-Anstalten sowie Fotoagenturen zur Verfügung zu stellen.

2. Bei Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal darf durch Fotografen, Kameraleute und sonstige Medienvertreter das freie Blickfeld des Senats nach allen Seiten nicht verstellt werden. Der Aufenthalt hinter der Richterbank ist nicht gestattet. Entsprechenden Anweisungen der Sitzungsamtsmeister sind Folge zu leisten. Foto- und Filmaufnahmen sind ausschließlich mit geräuschlosen Apparaten ohne Blitzlicht gestattet.

3. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung sowie in der Mittagspause sind Interviews sowie Fernseh- und Fotoaufnahmen mit Verfahrensbeteiligten oder sonstigen Personen im Sitzungssaal lediglich für den Zeitraum von 20 Minuten zugelassen. Für weitere Aufnahmen stehen der Presseempfangsraum (1. OG) oder das Foyer (EG) zur Verfügung.

Fahrzeuge der Radio- und Fernsehteams sowie Techniker

Für SNG-, Schnitt- und Übertragungsfahrzeuge steht nur eine begrenzte Anzahl von Standplätzen zur Verfügung.

Falls Standplätze benötigt werden, ist deren Anzahl bereits bei der Akkreditierung mit anzugeben. Die Standplätze werden nach Eingang des Antrags vergeben.

Für die Zuweisung der Standplätze werden folgende Angaben benötigt:

Kennzeichen, Fahrzeug-Typ, Fabrikat, Abmessungen (LxBxH in m), Gewicht und evtl. Bedarf an Strom, der über das Bundesverfassungsgericht bezogen werden soll. Ebenso sind Namen, Geburtsdatum und Personalausweisnummer der entsprechenden Techniker mitzuteilen.

Namen und Fahrzeugdaten der Teams sind bis spätestens 12.00 Uhr am Vortag der mündlichen Verhandlung per Fax zu übersenden (Fax Nr. 0721/9101-461). Nach Fristablauf oder per E-mail eingegangene Daten werden nicht berücksichtigt.

==> Die entsprechenden Formulare zur Akkreditierung der Radio- und Fernsehteams sowie der Fahrzeuge finden sie als pdf-Datei auf der Homepage des Bundesverfassungsgerichts unter www.bundesverfassungsgericht.de.

Anfahrt und Aufbau sind am Vortag der mündlichen Verhandlung von 9:00 bis 18:00 Uhr sowie am Tag der mündlichen Verhandlung zwischen 7:00 und 9:00 Uhr möglich.

Aufbau von Studios

Der Aufbau von Studios ist in Absprache mit der Pressestelle ausschließlich im Presseempfangsraum (1. OG) sowie im Foyer (EG) möglich.

Diese Hinweise finden ihre Grundlage in § 17a BVerfGG in Verbindung mit den ergänzenden Regelungen des Ersten und Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts.