Bundesverfassungsgericht

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Bundesverfassungsrichterin Dr. Sibylle Kessal-Wulf scheidet aus dem Amt

Pressemitteilung Nr. 122/2023 vom 21. Dezember 2023


Am heutigen Tage hat Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier Frau Richterin des Bundesverfassungsgerichts Dr. Sibylle Kessal-Wulf ihre Entlassungsurkunde ausgehändigt. Sie scheidet nach Ablauf ihrer 12-jährigen Amtszeit aus dem Dienst. Wegen ihrer Verdienste um die Bundesrepublik Deutschland verlieh ihr der Bundespräsident bei diesem Anlass das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Frau Dr. Sibylle Kessal-Wulf wurde im Jahr 1958 in Stadthagen/Schaumburg-Lippe in Niedersachsen geboren. Sie studierte ab 1977 Rechtswissenschaft an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und absolvierte im Jahr 1982 die Erste juristische Staatsprüfung in Schleswig. 1985 legte sie die Große juristische Staatsprüfung in Hamburg ab und trat noch im selben Jahr als Richterin in den Justizdienst des Landes Schleswig-Holstein ein. Dort war sie zunächst an den Landgerichten Kiel und Flensburg sowie am Amtsgericht Flensburg tätig. 1991 wurde Dr. Sibylle Kessal-Wulf an das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht in Schleswig abgeordnet und dort im Jahre 1992 zur Richterin am Oberlandesgericht ernannt. 1995 promovierte sie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Das Thema ihrer von Prof. Dr. Dieter Reuter betreuten Doktorarbeit lautete: „Die Innenverbände am Beispiel Publikumsgesellschaft, Franchising, Mitarbeiterbeteiligung und Betriebsverband“. Für die Dissertation erhielt sie den Fakultätspreis und den Preis des Kieler Doctores Iuris e.V. Im Jahr 2001 wurde Frau Dr. Sibylle Kessal-Wulf zur Richterin am Bundesgerichtshof ernannt und gehörte dort dem IV. Zivilsenat an. Im Februar 2011 folgte die Ernennung zur Vorsitzenden Richterin am Bundesgerichtshof.

Am 25. November 2011 wurde Frau Dr. Sibylle Kessal-Wulf durch den Bundesrat zum Mitglied des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts gewählt und am 19. Dezember 2011 vom Bundespräsidenten zur Richterin des Bundesverfassungsgerichts ernannt. Ihr Dezernat umfasste insbesondere das Straf- und Strafverfahrensrecht, das Finanzverfassungs- und Haushaltsrecht, das allgemeine Zivilrecht sowie das Recht des Versicherungswesens.

Frau Dr. Sibylle Kessal-Wulf hat als Berichterstatterin zahlreiche bedeutsame Senatsverfahren vorbereitet. Hierzu zählen unter anderem die Entscheidungen zur Rechtsstellung der Mitglieder und Aufgabe der Bundesversammlung (BVerfGE 136, 277), zum Libyen-Einsatz der Bundeswehr (BVerfGE 140, 160), zu einer Strafvorschrift im Rindfleischetikettierungsgesetz (BVerfGE 143, 38), zur Kernbrennstoffsteuer (BVerfGE 145, 171), zum Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung (Suizidhilfe) (BVerfGE 153, 182), zu einer Blankettstrafvorschrift im Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (BVerfGE 153, 310), zur strafrechtlichen Vermögensabschöpfung bei bereits vor Inkrafttreten des Reformgesetzes verjährten Erwerbstaten (BVerfGE 156, 354), zum Straftatbestand „Verbotene Kraftfahrzeugrennen (§ 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB)“ (BVerfGE 160, 284), zur Verzinsung zu Unrecht entrichteter Kernbrennstoffsteuer (BVerfGE 162, 325), zum Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2021 (BVerfGE 164, 1), zu vereinigungsbedingten ökologischen Altlasten (2 BvG 1/19, 2 BvG 1/21) sowie zum Kommunalinvestitionsförderungsgesetz (2 BvF 1/18).

Zudem war sie Berichterstatterin in zahlreichen Kammerverfahren, etwa zur Wahlfeststellung zwischen (gewerbsmäßig begangenem) Diebstahl und gewerbsmäßiger Hehlerei (2 BvR 167/18), zum NSU-Prozess (2 BvR 2222/21), zum sogenannten Ku‘damm-Raser-Fall (2 BvR 1404/20), zum strafbewehrten Cannabisverbot (2 BvL 9/23 u.a.) und zur überlangen Dauer eines Haftprüfungsverfahrens (2 BvR 825/23).

Herr Dr. Holger Wöckel, geboren 1976 im heutigen Chemnitz, tritt als Nachfolger von Dr. Sibylle Kessal-Wulf in den Zweiten Senat ein. Er war zuletzt Richter am Bundesverwaltungsgericht und dessen Präsidialrichter. Herr Dr. Holger Wöckel wurde am 15. Dezember 2023 vom Bundesrat zum Richter des Bundesverfassungsgerichts gewählt und hat heute vom Bundespräsidenten seine Ernennungsurkunde erhalten.