Unzulässige Verfassungsbeschwerde eines international Schutzberechtigten gegen Ablehnung seines Asylantrags und Androhung der Abschiebung nach Griechenland

Dokumenttyp: Pressemitteilung , Nr. 35/2025 , Datum:

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Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts die Verfassungsbeschwerde eines afghanischen Staatsangehörigen nicht zur Entscheidung angenommen. Mit dieser wendet sich der Beschwerdeführer, der in Griechenland als international Schutzberechtigter anerkannt wurde, letztlich gegen die Ablehnung seines Asylantrags durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und die Androhung der Abschiebung nach Griechenland. Dies ohne Erfolg, die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.

Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist ein im Jahr 1995 im Iran geborener afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste im Februar 2024 nach Griechenland ein und erhielt dort eine Anerkennung als international Schutzberechtigter. Im Mai 2024 reiste er weiter in die Bundesrepublik Deutschland und stellte einen Asylantrag. Diesen lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als unzulässig ab und drohte die Abschiebung nach Griechenland an. Einen Eilantrag, den der Beschwerdeführer mit der Klageerhebung gegen diesen Bescheid einlegte, lehnte das Verwaltungsgericht ab. Es führte aus, dass dem Beschwerdeführer nach den aktuellen Erkenntnissen weder allgemein noch aus in seiner Person liegenden Gründen im Falle einer Rückkehr nach Griechenland die ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung drohe. Wer wie der Beschwerdeführer im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sei, werde laut einer aktuellen Studie nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit obdachlos. Es sei zudem davon auszugehen, dass zurückkehrende anerkannt Schutzberechtigte zur Sicherung ihres Lebensunterhalts jedenfalls zeitweise auf zumutbare Weise durch eigene Erwerbstätigkeit in der sogenannten „Schattenwirtschaft“ beitragen könnten. Diese mache in Griechenland einen erheblichen Teil der Gesamtwirtschaft aus und sei nicht mit einer relevanten Verfolgungsgefahr verbunden.

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des Gebots effektiven Rechtschutzes aus Art. 19 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz. So stünden unter anderem offene unionsrechtliche Fragen in Rede, weil unklar sei, ob im Rahmen von Art. 4 EU-Grundrechte-Charta (GRCh) auf Schwarzarbeit verwiesen werden dürfe.

Wesentliche Erwägungen der Kammer:

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Sie zeigt vor allem einen Verstoß gegen die verfassungsrechtlichen Maßgaben des Gebots effektiven Rechtsschutzes nicht schlüssig auf.

1. Soweit der Beschwerdeführer eine Entscheidung zu seinen Lasten im Eilverfahren für unzulässig hält, weil die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen seien, lässt er insbesondere außer Acht, dass das Verwaltungsgericht eine Vollprüfung der Frage vorgenommen hat, ob ihn im Falle einer Rückkehr nach Griechenland Lebensumstände erwarten würden, die das Gewicht eines Verstoßes gegen Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) erreichen.

Das Gericht hat sich auf den Vorhalt des Beschwerdeführers hin auch damit befasst, ob sich eine entscheidungserhebliche Frage des Unionsrechts stellt, und dies im angegriffenen Beschluss knapp verneint. Dass diese Einschätzung unzutreffend wäre, zeigt die Verfassungsbeschwerde nicht auf. Denn ihre Annahme, wonach in der nationalen und europäischen Rechtsprechung ungeklärt sei, inwieweit Betroffene im Geltungsbereich des Art. 3 EMRK auf Schwarzarbeit verwiesen werden können, lässt außer Acht, dass zu dieser Frage (auch jüngste) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts existiert. Dieses hat zuletzt anlässlich einer sogenannten „Tatsachenrevision“ zur Lage international Schutzberechtigter in Italien ausgeführt, dass zu den zur Erwerbssicherung eines Schutzberechtigten zumutbaren Arbeiten auch Tätigkeiten im Bereich der sogenannten „Schatten- oder Nischenwirtschaft“ zählen, solange sich der Betreffende damit nicht der ernstlichen Gefahr der Strafverfolgung aussetzt. Die Annahme des Beschwerdeführers, Begriff und Zumutbarkeit einer illegalen Beschäftigung seien in der Fachgerichtsbarkeit ungeklärt, trifft danach nicht zu. Dass die Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichts evident unions- oder verfassungswidrig wäre, ist daher nicht dargetan.

2. Auch Zweifel an der Tragfähigkeit der Sachgrundlage, auf der insbesondere die Ausführungen des Gerichts zu Wohnungssituation, Erwerbsmöglichkeiten und Sozialleistungen beruhen, lässt die Verfassungsbeschwerde nicht hervortreten.

Soweit die Verfassungsbeschwerde ihre Ausführungen zu einem Verstoß gegen Art. 3 EMRK beziehungsweise Art. 4 GRCh wegen drohender Obdachlosigkeit darauf fokussiert, dass dem Beschwerdeführer wegen bürokratischer Hindernisse und fehlender Unterstützungsprogramme der legale Wohnungsmarkt faktisch verschlossen sei, verhält sie sich überdies wiederum nicht zu der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses hält im Lichte von Art. 4 GRCh auch ein Unterkommen in Behelfsunterkünften für zumutbar.